Bezirkschefin Kienzle wünscht sich mehr nette Toiletten wie in Karlsruhe. Doch auch andere Optionen sollen geprüft werden, um die Urinverschmutzung einzudämmen: so ist für die Fritz-Elsas-Straße an versenkbare Pop-up-Urinale gedacht . Foto: dpa/Toilitec

Die Stadt will im Bezirk Stuttgart-Mitte Urinale aufstellen, die im Boden verschwinden können. Der Bezirksbeirat will mit billigeren Varianten aus Plastik testen, ob solche Geräte angenommen werden.

S-Mitte - Ein Vorbild in Sachen öffentlicher Toiletten ist für Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle Lübeck. Sie habe vor einiger Zeit die schleswig-holsteinische Großstadt besucht, erzählte sie bei der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats Mitte. „Dort kann man in jedem Lokal aufs Klo gehen. Das stört niemand“, sagte Kienzle. Der Bezirk Mitte erscheint Kienzles Schilderungen zufolge noch einigen Nachholbedarf zu haben in Sachen Versorgung mit öffentlichen oder sogenannten „netten“, für Passanten zugängliche Toiletten in Lokalen oder Geschäften. Die Stadt müsse deutlich mehr tun, sagte sie zu Bezirksbeiräten.

Die Verwaltung hat etwas Neues im Köcher im Kampf gegen das als „Wildpinkeln“ bezeichnete öffentliche Urinieren. Doch die Umsetzung scheint mit Fragezeichen versehen. Das Stadtplanungsamt erklärt, es wolle im Zuge der Umgestaltung der Hospitalstraße ein Pop-up-Urinal an der Fritz-Elsas-Straße vorschlagen. Im Moment handele es sich um eine Überlegung, erklärt eine Mitarbeiterin. Bei einem Pop-up-Urinal handelt es sich um eine Säule, die tagsüber im Boden verschwinden kann. Nachts wird sie ausgefahren, damit Passanten sie verwenden können. Die Kosten für ein solches Urinal betragen laut Stadt circa 60 000 Euro.

Bezirksbeirat startet Pilotversuch

Um einen abschließbaren Raum handelt es sich allerdings nicht. Wer die Säule benutzt, uriniert immer noch öffentlich, wenn auch legal. Der Bezirksbeirat will nun Anfang kommenden Jahres einen eigenen Pilotversuch starten. Ziel ist es, herauszufinden, ob weitere Pop-up-Urinale eine Möglichkeit sind, die Urinverschmutzung in der Innenstadt zu reduzieren. Dabei sollen fünf portable Kunststoffpissoirs als Dummys für die Pop-up-Urinale an verschiedenen Orten in der Innenstadt für einen Testlauf von drei Wochen aufgestellt werden. Der Runde Tisch der Gastronomen im Bezirk soll über die genauen Standorte befinden. Die Miete für ein solches Pissoir betrage 20 Euro in der Woche, meint Cornelius Hummel, stellvertretender Bezirksbeirat der FDP. Seine Fraktion hat den Pilotversuch initiiert. „Wir wollen herausfinden, ob die Menschen Pop-up-Urinale annehmen. Denn sie pinkeln ja immer noch unter freiem Himmel und in der Öffentlichkeit“, meint Hummel.

Die FDP im Bezirk Mitte hatte vor Monaten, ein Pissoir an der Lautenschlagerstraße gefordert. Urin habe eine Rolltreppe am Zeppelinbau beschädigt, beklagten die Liberalen damals. Als die Stadt auf Nachfrage dann von einer möglichen Aufstellung eines Pop-up-Urinals an der Fritz-Elsas-Straße gesprochen habe, regte die FDP einen Feldversuch des Bezirksbeirats Mitte mit gemieteten Plastikpissoirs an.

Grüne äußern Bedenken

Die Bezirksbeiräte sprachen sich dafür aus. Sie äußerten aber auch Bedenken. Christa Bauer von den Grünen monierte etwa, dass nur Männer die Urinale verwenden könnten. Diese dürften allerdings auch für den größten Teil der Verschmutzung durch Urinieren verantwortlich sein, erwiderten andere Bezirksbeiräte.

Bezirkschefin Kienzle war optisch von den Modellen nicht überzeugt. „Schön sind die Dinger nicht“, meinte sie. Ein Lübecker Modell mit mehr „netten Toiletten“ wäre wohl ihr und auch vielen Bezirksbeiräten lieber als portable Pissoirs.

Bezirksbeiräte wollen nette Toiletten

Einen ersten Versuch gibt es dazu seit dem 1. November in Stuttgart in den vier Außenbezirken Möhringen, Vaihingen, Stammheim und Untertürkheim. Einige Bezirksbeiräte sprachen sich dafür aus, dass die Stadt nun unter anderem mit der Königsbaupassage Gespräche führen soll über eine Öffnung von Kundentoiletten für die Allgemeinheit.

Club- und Kneipengängern, die vielleicht das eine oder andere Bier auf der Blase drückt, bleibt die Aussicht, an ausgewählten Stellen 2019 zumindest für einige Wochen legal und kostenfrei an de Kunststoffpissoirs Erleichterung zu finden.