Große Karriere: Im März ist Werner Spec noch Zukunftsvisionsminister, zum Jahresende gilt er als Merkels Nachfolger. Foto: dpa, factum

Warum es einen Stadtbahntunnel bis Markgröningen gibt, der Ludwigsburger OB nach Berlin wechselt, die Feinstaub-Mooswand hustet und Jürgen Kessing bei Olympia antritt – all das in der satirischen Jahresvorschau.

Kreis Ludwigsburg - Was war das für ein Jahr. Machtkampf um die Stadtbahn und das Staatsarchiv, Pförtnerampel in Remseck, Bandenkrieger in Ludwigsburg, der Bietigheimer OB wird Leichtathletik-Präsident. Sie denken, das war schon turbulent? Dann warten Sie mal ab, bis Sie diesen Text zu Ende gelesen haben.

18. Januar Die Tunneldebatte eskaliert. Der Ludwigsburger OB Werner Spec lässt sich an der Schlangen-Kunstskulptur auf der B 27 anketten, weil Rainer Haas unverzagt für die Stadtbahn sein schönes Ludwigsburg untertunneln möchte. Mit dem Akkordeon begleitet er sich selbst und singt „We shall overcome“. Die Moos-Testwand gegen Feinstaub an der Friedenskirche vibriert vor Erregung mit.

5. Februar Der Vaihinger Schultes Gerd Maisch kündigt an, selbst ins Schloss Kaltenstein einzuziehen, weil der Hotel-Investor abspringt. Der Gemeinderat ist irritiert, weil sich der OB als „Majestät“ anreden lässt und ein kronenartiges Gebilde auf dem Kopf trägt – Maisch klärt aber auf: „Ich war in meiner Jugend mal Schäferlaufkönig in Markgröningen. Das ist der Rest meiner Krone.“ Sein Markgröninger Kollege Rudolf Kürner seufzt: „Dann wissen wir jetzt endlich auch, wo die ist.“

28. Februar Der Landrat stellt seinen „Hyper-Masterplan Stadtbahn“ vor und will ein komplettes Bahnnetz unterirdisch von Markgröningen bis Remseck legen lassen. „Das ist dann wirklich Niederflur“, sagt er bei einer Massenkundgebung am Neckarstrand in Neckarrems. Im Volksmund spricht man von „Ludwigsburg 21“.

7. März Die Regierungsbildung in Berlin verzögert sich weiter. „Nein, ich esse die Regierungssuppe nicht“, twittert Christian Lindner aus den dritten Jamaika-Verhandlungen. Werner Spec bringt sich als Weißer Ritter ins Spiel – er übernimmt das Zukunftsvisionsministerium, und der Liberalenchef darf sich regelmäßig auf Schloss Ludwigsburg in den vielen Spiegeln anschauen. Das überzeugt – Jamaika steht endlich. Spec spricht von einer „Smart Coalition“ und trinkt zur Vereidigung in Berlin einen guten Tropfen des herzoglichen Weinguts von Schloss Monrepos.

18. März Die Testwand aus Feinstaub-Moos an der B 27 bei Eglosheim hat Husten. Die Grünen-Fraktionschefin Elfriede Steinwand tränkt es mit Bronchikum-Hustensaft, so dass es sich wieder erholt.

12. April Der neue DLV-Präsident Jürgen Kessing ist mit dem Kader für Olympia 2020 unzufrieden. „Damit könnten wir nicht mal bei den Bundesjugendspielen antreten“, murrt er. Kurzerhand steigt der einstige Zehnkämpfer wieder ins Training ein und nominiert sich selbst. Er zieht jeden Morgen in der Enz seine Bahnen und macht Klimmzüge am Eisenbahnviadukt.

4. Mai Die Stadt Ludwigsburg feiert ihren 300. Geburtstag. Schon wieder. Zuvor wurden schon 300 Jahre Schloss, 300 Jahre Wochenmarkt und gefühlt 300 Jahre Amtszeit von Werner Spec gefeiert. Der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried schlägt vor, 2019 dann 300 Jahre Toilettendeckel auf Schloss Ludwigsburg zu feiern. Die Feinstaub-Mooswand formt enthusiastisch schon mal eine 3-0-0.

13. Juni Die Debatte über den Arsenalplatz in Ludwigsburg ist festgefahren. Der Baubürgermeister Michael Ilk plant eine spektakuläre Aktion: Keine Schwebebahn, sondern ein Schwebeparkplatz. Die Autos werden in die Luft gehoben, so ist das Parkplatzproblem ohne Tiefgarage gelöst und der Arsenalplatz autofrei – zumindest bis auf zehn Meter Höhe. Der Freie-Wähler-Rat Andreas Rothacker gibt aus diesem Anlass ein „Höhenbier“ heraus.

1. Juli Rainer Haas sieht sein Landratsamt plötzlich von osmanischen Bandenkriegern umzingelt. Sie werfen ihm Terrorpropaganda und Beleidigung von Recep Werner . . . äh, Tayyip Erdogan vor. „Er hat doch nicht . . .“, entfährt es dem Kreischef. Über den Haas-Tunnel flieht er zum Ludwigsburger Bahnhof, wo die kurdischen Bahoz-Krieger ihr Hauptquartier haben und ihm Geleitschutz anbieten. Der Landrat rettet sich in einen Feinstaub-Moosteppich, muss danach aber drei Tage husten. Sein Pressesprecher Andreas Fritz darf ihm Bronchikum verabreichen.

28. Juli Die Pförtnerampel in Remseck führt zu einem Rekord-Rückstau bis nach Ulm auf der A 8, der sogar in der „Tagesschau“ kommt. Der OB Dirk Schönberger ist völlig aus dem Häuschen: „Jetzt kennt ganz Deutschland die Neue Mitte.“ Und frei nach dem Berliner Nachkriegs-OB ruft er in die Kamera: „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt.“ In der „heute-show“ bekommt das 35-Millionen-Projekt Neue Mitte einen Spitznamen: Oliver Welke spricht von der Remsphilharmonie, Schönberger hofft auf Anna Netrebko zur Einweihung.

20. August In Ditzingen gibt es eine spektakuläre Neuansiedlung zu verkünden: US-Präsident Donald Trump will in der Stadt von Thales und Trumpf den einst in Stuttgart gescheiterten Trump-Tower ansiedeln. Der wäre sogar von der Gerlinger Schillerhöhe zu sehen. Der OB Michael Makurath hofft, so endlich die zweite Autobahnausfahrt Ditzingen zu bekommen. Sein Gerlinger Amtskollege Georg Brenner ist sauer: „Sollen die doch eine Schwebe-Autobahnausfahrt zu ihrem Turm bauen.“ Er erwägt eine Ankettung an Schloss Solitude, im Gerlinger Rathaus wird „We shall overcome“ geprobt.

14. September Die Jamaikakoalition ist zerplatzt, weil es Christian Lindner im Residenzschloss Ludwigsburg zu kalt wird. Werner Spec hat aber in seiner Zeit als Minister das Wort „Feinstaub“ verboten. Triumphal kehrt er in einem Porsche Cayenne mit 400 PS in die Barockstadt zurück und zertrampelt unter Beifall des Volkes die Moss-Feinstaub-Testwand.

22. Oktober Das Kulturzentrum K in Kornwestheim wird Schauplatz der Nun-aber-wirklich-Abschiedstournee der Rolling Stones. Die OB Ursula Keck trällert noch am Tag danach beim Shopping auf dem Salamanderareal „We can get no – satisfaction“. Dabei war alles ein Missverständnis: Mick Jagger hat sie mit Uschi Obermaier verwechselt und Kornwestheim mit Köln. Verständnislos schaut er auf das Logistikzentrum: „This is the Dome?“

9. November Angela Merkel hat jetzt wirklich genug nach dem Scheitern von Jamaika. Werner Spec gründet nach dem Vorbild von Emmanuel Macron eine neue Partei, er nennt sie nahezu wortgleich zu Macrons „En Marche“ einfach „Im Marstall“. Spec führt eine Volksbewegung gegen Feinstaub an. Publikumswirksam lässt er die ohnehin unter schweren Asthma leidenden Mooswände am Stuttgarter Neckartor anzünden. Spec sucht bei Ikea in Ludwigsburg schon die Möbel fürs Kanzleramt aus.

19. November Die Ludwigsburger SPD erklärt ihre Auflösung aus Angst vor einer erneuten „großen“ Koalition. Die Fraktionschefin Margit Liepins weigert sich aber, der Einheitsfront von Spec’ neuer Partei „Im Marstall“ beizutreten. Begründung: „Ich kaufe lieber in der Wilhelmgalerie ein.“

3. Dezember Im heiligen Korntal hat man festgestellt, dass Gottes Ankunft doch nicht unmittelbar bevorsteht. Im ersten Schrecken denken manche darüber nach, das Frauenwahlrecht einzuführen, wilde Ehen zu legalisieren oder gar mit Münchingen gemeinsam das Weihnachtsfest zu feiern. Doch die Brüdergemeinde hat errechnet, dass spätestens 2019 mit Gottes Erscheinen zu rechnen ist – erleichtert werden die Bürgersteige wieder hoch geklappt.

24. Dezember Werner Spec und Rainer Haas schließen Frieden. Der kommende Bundeskanzler, dem in Umfragen 60 Prozent vorausgesagt werden, verspricht seinem Erzrivalen einen totalen Schienen-Schnellbus-Schwebe-Seilbahn-Stadtbahnausbau und will Ludwigsburg zum europäischen Verkehrskreuz erheben, weil der Bahnhof in Stuttgart nie fertig wird. Im Gegenzug darf Haas in Personalunion OB von Ludwigsburg werden. Beschwingt laufen sie Arm in Arm über die Bärenwiese und singen „Let’s spend the night together“. Mick Jagger hört das nicht, aber die letzten Feinstaub-Moos-Tentakel hauchen endgültig den Rest ihres Leben aus.