Ausverkauft war’s am Sonntagabend bei Santiano auf dem Schlossplatz. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Auf die Bestuhlung hätte der SWR verzichten können: Vom ersten Lied an stehen bei Santiano fast alle. Die Seemannsrocker zeigen beim Sommerfestival auf dem Schlossplatz klare Kante - gegen Terror, Trump und die AfD.

Stuttgart - Zack ahoi! Vor dem Konzert der Wikinger-Rockband Santiano erklärt SWR 4- Moderator Michael Branik am Sonntagabend die Jubiläumssäule des Schlossplatzes zum Leuchtturm. Gelächter brandet auf, als eine Stadttaube im Tiefflug über die Köpfe des Publikums schwebt. „Das ist eine Eckensee-Möwe“, ruft einer.

Mit dem Zweimaster ist Deutschlands beliebteste Folk-Pop-Band nicht herangesegelt, bringt aber dennoch viel maritimes Flair mit. Das Nebelhorn ertönt, Möwengekreische ist aus den Boxen zu hören. Und los geht’s! Die dreifachen Echogewinner aus dem hohen Norden schmettern mit ihren tiefen, rauen Stimmen ihre eingängigen Refrains. „Wir sind frei, frei wie der Wind“, heißt eines der Lieder, die auf dem Schlossplatz fast alle im Stehen mitsingen. So wahr es in Stuttgart seit wenigen Tagen eine Sansibar ohne Meer gibt, so schön können die Endvierziger bis Endsechziger aus Flensburg im ausverkauften Ehrenhof des Neuen Schlosses für etwa 5000 Zuhörer die Illusion eines stürmischen Wellenganges herbeizaubern. Auffallend viele junge Fans sind zum SWR-4-Konzert gekommen.

Beschwört wird der Zusammenhalt auf See

Die Männer von Santiano besingen die Sehnsucht nach der Ferne, berichten von Entbehrungen auf dem Schiff, die sich lohnten,weil „die Freiheit der Lohn“ ist. Beschwört wird der Zusammenhalt auf See („Gott muss ein Seemann sein - keiner geht verloren“) und die eigene Stärke („Kein Fluss soll uns knechten und wenn sie uns ächten, die See ist uns Zuflucht mit all ihrer Macht.“). Landratten kennen so etwas allenfalls aus Erzählungen und Träumen - und wissen doch, dass die Realität nicht immer der Romantik folgen kann. Auf den Flüchtlingsbooten im Mittelmeer weht ein anderer Wind.

„Trump ist ein Vollpfosten“

Santiano-Sänger Björn Both nutzt den Abend für politische Botschaften. Islamistische Terrorristen bezeichnet er unter lautem Beifall als „Vollpfosten“. Genau dieses Prädikat vergibt der 52-Jährige auch an US-Präsident Trump. Both ruft dazu auf, sich gegen die AfD zu wehren und den Europa-Gedanken zu unterstützen. Im Glanz von Tausenden von leuchtenden Handys endet der Abend der Nordlichter bei den Festlandschwaben. Man habe sie gefragt, sagt einer der Musiker fast zum Schluss, was sie denn so toll am Süden fänden? Seine Antwort: „Ohne Süden würde es keinen Norden geben.“ Nicht mal die Eckensee-Möwen beschweren sich.