Die „Eclipse“ gehört dem Oligarchen Roman Abramowitsch. Das Schiff befindet sich gerade auf der Flucht vor dem Zugriff der EU- und US-Behörden. Foto: /Frank Behling

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine beantwortet der Westen mit Sanktionen. Diese treffen auch Putins Freunde, die Oligarchen. Einige Jachten wurden schon beschlagnahmt. Reiche Russen versuchen nun, ihre Luxusschiffe in sichere Gewässer zu bringen.

Kristallklares Wasser, schneeweiße Strände, sich im sanften Wind wiegende Palmen – auf Sint Maarten lässt es sich aushalten. Doch der südliche Teil der Karibikinsel St. Martin gehört zum Königreich der Niederlande. Also gilt EU-Recht, und damit besteht für russische Schiffseigner die Gefahr, dass ihre hier ankernden Luxusjachten beschlagnahmt werden. Viele Oligarchen stehen wegen ihrer Nähe zur russischen Regierung auf den Sanktionslisten der EU und der USA.

Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg werden Kremlchef Wladimir Putin und seine Freunde bestraft, indem ihr Vermögen, ihre Immobilien und andere Luxusgüter gepfändet werden. Bei den Schiffen lohnt sich das besonders. Die Jachten der Oligarchen gehören zum Teuersten, was auf den Weltmeeren herumschippert.

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Ende Februar lässt der mit Öl reich gewordene Milliardär Roman Abramowitsch die „Eclipse“ ablegen. In der Karibik ist das geschätzt 400 Millionen Euro teure Schiff nicht mehr sicher, viele Inseln sind europäische Überseegebiete, und anderenorts greifen die US-Zollbehörden durch.

War der Weg durch den Panamakanal nicht bezahlbar?

Der kürzeste Weg aus Philippsburg auf Sint Maarten in einen russischen Hafen führt durch den Panamakanal. Doch die 2010 in Hamburg gebaute Jacht wählt die Route über den Atlantik. Experten vermuten, dass das daran liegt, dass Abramowitschs Konten eingefroren sind. Eine Panamapassage lässt sich nicht mal eben bar bezahlen. Bei einem Schiff dieser Größe und Personenkapazität kostet die Durchfahrt rund 42 700 Euro.

Die „Eclipse“ ist 162,5 Meter lang und verfügt über einen 16 Meter langen Pool, ein Kino, eine Disco, zwei Hubschrauberlandeplätze. Laut Berichten in der nautischen Fachpresse soll das Schiff für „die Aufnahme eines U-Bootes sowie von Raketen-Abwehrsystemen vorbereitet“ sein. Nach deutschem Waffenrecht war es der Werft Blohm + Voss allerdings nicht möglich, dies für eine Privatperson einzubauen. Es heißt, Abramowitsch wollte das irgendwann nachrüsten.

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Der Tank fasst 400 Tonnen Marinediesel. Bei spritsparender Fahrweise kommt man mit einer Füllung recht weit. Aktuell tuckert Abramowitschs Luxusjacht mit 6,5 Knoten (zwölf Kilometer pro Stunde) irgendwo südlich von Sizilien durchs Mittelmeer. Sie hat also rund 8000 Kilometer zurückgelegt. Ziel unbekannt. Möglich, dass das Schiff ins Schwarze Meer möchte. Sichere Häfen für den vielerorts geächteten Oligarchen wären auch noch Ägypten oder Syrien.

Jeder kann die „Eclipse“ verfolgen

Jeder kann den Weg der „Eclipse“ via Internet verfolgen. Laut Richtlinie der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (Imo) muss jedes Schiff über ein automatisches Identifikationssystem (AIS) verfügen. Die AIS-Daten sind bei Marinetraffic oder Vesselfinder abrufbar. Hilfreiche Zusammenfassungen liefert der Twitter-Account @RussiaYachts von Jack Sweeney, einem 19-jährigen Informatikstudenten aus Florida.

Noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs, am 6. Februar, fuhr die „Graceful“ aus dem Hamburger Hafen. Zuvor war die 82 Meter lange Luxusjacht bei der Werft Blohm + Voss in einer überhasteten Aktion ausgedockt worden. Klebebänder und Folienreste hingen noch am Rumpf. Ziel war Kaliningrad, wo die „Graceful“ am 9. Februar eintraf und nahe der Marinewerft Yantar geparkt wurde.

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Deutschland prüft Beschlagnahme

Diesen Liegeplatz bekommt nicht jeder. Doch die „Graceful“ gehört auch nicht irgendwem: Eigner soll der russische Präsident Wladimir Putin höchstpersönlich sein. Das Schiff wurde 2007 bei der U-Boot-Werft Sevmash in Sewerodwinsk am Weißen Meer gebaut. Den Endausbau übernahm von 2010 bis 2012 Blohm + Voss. Die Werft ist eine der ersten Adressen für Oligarchen. In deren Docks im Hamburger Hafen liegen jetzt noch die Luxusjachten „Dilbar“ und „Luna“. Sie werden ebenfalls russischen Superreichen zugeschrieben, die Behörden prüften die Beschlagnahme.

Der Zoll hat schon einige Male zugeschlagen

In Italien, Frankreich und Spanien hat der Zoll hingegen schon zugeschlagen. Unter anderem erwischte es die „Sail Yacht A“ des russischen Kohle-Milliardärs Andrej Melnitschenko. Das 142 Meter lange Luxusschiff ist die größte private Segeljacht der Welt. Es wurde von 2012 bis 2017 in Kiel gebaut. Die Beschlagnahme erfolgte im Werftdock in Triest – genau einen Tag nach Melnitschenkos 50. Geburtstag. Sein zweites Schiff, die 119 Meter lange Motorjacht „A“, hat Melnitschenko am 4. März von Dubai aus Richtung Malediven geschickt, wo inzwischen einige Oligarchen ihre Luxusliner positioniert haben. Im Indischen Ozean sind sie vor den Behörden der EU und der USA noch sicher.

Die deutschen Schiffbauer trifft der Ausfall der Oligarchen hart. Fast alle großen Prestige-Schiffe der russischen Unternehmer wurden in den vergangenen Jahren bei Unternehmen in Bremen, Hamburg, Rendsburg oder Kiel gebaut. Die „Sail Yacht A“ und die „Eclipse“ waren die Höhepunkte. Ihre Werte werden im Markt auf Summen zwischen 400 und 600 Millionen Euro geschätzt. Damit erreichen sie den Preis mittelgroßer Kreuzfahrtschiffe.