Bürgermeister Matthias Hahn hat sich vor Ort ein Bild von der Hohen Halde gemacht. Foto: Sybille Neth

Grüne und SPD laden zum Ortstermin. Es geht um die Sanierung der Mauerweinberge. Ein Förderprogramm von 600 000 bis 800 000 Euro wäre für die Rettung der zahlreichen Steillagen notwendig.

Rohracker - Die verwilderten Mauerweinberge an der Hohen Halde im Stadtteil Rohracker könnten das Pilotprojekt für die künftige Rettung der Steillagen im gesamten Stadtgebiet werden. Das wünschen sich die Gemeinderatsfraktionen von SPD und Grünen, die sich schon lange für deren Erhaltung einsetzen.

600 000 bis 800 000 Euro wären notwendig

Kürzlich haben sie den Umwelt- und Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD) vor Ort von ihrem Anliegen zu überzeugen versucht und hatten zu einem Rundgang an der Hohen Halde eingeladen. „Die Mauerweinberge sind prägend für die Landschaft Stuttgarts, und jetzt sind sie in ihrer Existenz gefährdet“, sagt der Stadtrat Manfred Kanzleiter (SPD). Er ist selbst Einwohner von Rohracker. Doch durch das Engagement der Wengertergenossenschaft, die die Weinberge wieder bewirtschaften will, wenn die Stadt für die Sanierung der Trockenmauern aufkommt sowie der Initiative von SPD und Grünen ist jetzt einiges ins Rollen gekommen.

Ein Förderprogramm von 600 000 bis 800 000 Euro für die Rettung zahlreicher Steillagen in Stuttgart wäre notwendig, kündigt Hahn beim Gespräch in der Kelter an. Der Betrag ist von den zuständigen Fachbehörden der Stadt wie zum Beispiel dem Amt für Umwelt und Stadtplanung ermittelt worden. „Über Ausgleichsmaßnahmen ist das nicht zu bewerkstelligen“, rechnet Hahn vor.

Verständnis für die Forderung der Wengerter

Hahn lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es keinen Alleingang für Rohracker geben wird. „Man muss erkennen, dass es sich dabei um ein Thema für die ganze Stadt handelt. Betroffen sind viele Steillagen und Gärten.“ Überall dort müssten die Hänge solide gestützt werden und in der Folge Trockenmauern saniert oder gebaut werden. Entsprechend lautet auch der Vorschlag der Weingärtnergenossenschaft Rohracker: Die Stadt soll für die Sanierung der Trockenmauern aufkommen, und die Nebenerwerbswinzer werden die Lagen bewirtschaften, auf denen zum Teil seit 800 Jahren Weinbau betrieben wurde.

Hahn hat Verständnis für die Forderung der Wengerter nach einem befahrbaren Weg an der Hohen Halde, damit die Hänge mit dem Kleintraktor bewirtschaftet werden können. Für den Bau des Weges hoch in Richtung Speidelweg bietet sich eine Wasserrinne an, zu der parallel die schmale Fahrbahn verlaufen könnte. „Auch die Naturschützer sagen, dass es falsch wäre, wenn die Hänge weiter verkrauten“, sagt Hahn. Die Wengerter rechnen vor, dass die Stadt jährlich etwa 20 000 Euro an Gärtnerkosten aufbringen müsste, damit genau dies nicht passiert. Die Übernahme der Trockenmauer-Sanierung dagegen wäre eine einmalige Ausgabe. Mittlerweile hat die Stadt etwa die Hälfte der offen gelassenen Weinberge um Rohracker gekauft. An der Hohen Halde gehört ihr heute etwa ein Drittel der Flächen. Einige der offen gelassenen Weinberge sind verpachtet.

Optimismus hinsichtlich Mehrheit für das Förderprogramm

Am Dienstag, 17. September, wird sich vormittags der städtische Ausschuss für Umwelt und Technik mit dem Thema befassen. Nachmittags tagt zum ersten Mal unter dem Vorsitz von Finanzbürgermeister Michael Föll der Runde Tisch. Das ist ein Arbeitskreis, der sich mit der Rettung der Steillagen befassen will. Teilnehmer sind neben den Vertretern der Gemeinderatsfraktionen, der Verwaltung, des Regierungspräsidiums und des Landwirtschaftsministeriums auch Mitglieder der Weinbaugenossenschaften Rohracker und Bad Cannstatt. Demnächst wird sich auch der Gemeinderat mit dem Thema auseinandersetzen. Kanzleiter ist optimistisch, dass das Förderprogramm eine Mehrheit findet und so eine reelle Chance hat, in den Doppelhaushalt 2014/15 aufgenommen zu werden. „Wenn nichts geschieht, ist das in 20 Jahren hier ein Wald“, sagt der Stadtrat Peter Pätzold angesichts von dichtem Gestrüpp und überall wuchernder Goldrute. Die jüngeren Wengerter, die die Hänge Richtung Frauenkopf wieder beleben und bewirtschaften wollen, hätten es verdient, dass sie unterunterstützt werden, findet Pätzold.

„Vor 15 Jahren kam wieder Schwung in die Genossenschaft“, betont Markus Wegst, der als Geograf hauptberuflich im Naturschutz arbeitet und nebenher in Rohracker Weinbau betreibt. Zwei Genossenschaftsmitglieder haben Weinbau studiert und geben heute regelmäßig Kurse für die Interessierten. „Wir haben hier keine Rebflurbereinigung, sondern Perlen“, betont Wegst und weist auf die Qualität der Tropfen hin, die früher von der Hohen Halde kamen. Bis vor drei Jahren wurde der Steilhang am Ortsausgang Richtung Frauenkopf an einigen Stellen noch bewirtschaftet, erzählt der Vorsitzende der Weinbaugenossenschaft Edgar Veith. „Da sind wir mit den 80 Kilo schweren Butten noch die Stufen raufgestiegen.“