Bauliche Entwicklung am Milchhäusle in der Weimerstraße. Foto: FZ

Das Gebäude an der Fellbacher Weimerstraße wird derzeit im oberen Bereich völlig neu errichtet und zudem um ein Geschoss aufgestockt. Auf der Südseite an der Schmerstraße bleibt die Substanz bis auf den Dachstuhl erhalten.

Fellbach - An einem der bekanntesten historischen Gebäude im Fellbacher Oberdorf wird derzeit so kräftig gewerkelt, dass man als nur gelegentlicher die Weimerstraße durchstreifender Flaneur kaum mitkommt beim Baufortschritt. Vor einigen Tagen war hier nur ein durchsichtiges Gerüst zu sehen, jetzt scheint zumindest rein optisch schon das ganze Haus fertig zu sein.

Als besonders schützenswert wurde das Gebäude allerdings in den vergangenen Jahren nicht eingestuft

Es geht ums Milchhäusle – das seinen Namen natürlich deshalb trägt, weil hier die Bauern einst ihre Milch ablieferten. In diesen Wochen nun wird der gesamte Baukomplex Schmerstraße 10 samt dem im nördlichen Teil etwas niedriger liegenden Milchhäusle saniert. Dort traf sich übrigens über viele Jahre auch die Fellbacher Dorfjugend. Und auch sonst wurden an jener Stelle beim Abliefern der Kannen Klatsch und Tratsch ausgetauscht, Geschäfte eingefädelt und öfter auch Ehen angebahnt.

Als besonders schützenswert wurde das Gebäude allerdings in den vergangenen Jahren nicht eingestuft. Auch der frühere Fellbacher CDU-Fraktionschef Helmut Maile scheiterte mit seiner Idee, dort ein Museum für Druckgeschichte, Handwerk und Kunst einzurichten. Das historische Bauwerk wurde zum Verkauf ausgeschrieben. Im Fellbacher Stadtanzeiger wurden im Januar 2018 die Projektkennzahlen genannt: Grundstücksfläche ungefähr 98 Quadratmeter, Kaufpreis 70 000 Euro. Interessenten durften ihre Gebote dann beim Bauverwaltungsamt der Stadt Fellbach einreichen.

Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und wird in erster Linie für die Wohnraumnutzung umgebaut

Knapp zwei Jahre später ist das alte Milchhäusle Geschichte, die künftigen Dimensionen sind schon deutlich erkennbar. Auf den anfangs auch mal angedeuteten Komplettabriss des einstigen Milchhäusles haben die neuen Besitzer offenkundig verzichtet. Stattdessen bleibt das Erdgeschoss bestehen, während die Stockwerke darüber neu gebaut werden. Ebenfalls sofort bemerkbar ist, dass das Haus ein Geschoss höher wird als bisher.

Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und wird in erster Linie für die Wohnraumnutzung umgebaut. Das ist durchaus im Sinne der Stadtverwaltung. So hat die Baubürgermeisterin Beatrice Soltys ihre Ablehnung der Pläne Helmut Mailes im Februar 2018 ausdrücklich mit dem Hinweis begründet, dass auch die Suche nach Wohnraum – Stichwort Wohnbauoffensive 2020 – gegen eine Nutzung des Milchhäusles als Museum spreche.

Den Bereich auf der anderen, südlichen Seite in Augenschein zu nehmen, ist derzeit übrigens nicht ganz so einfach

Während in den oberen Geschossen Wohnungen entstehen, ist offenkundig im Erdgeschoss des früheren Milchhäusles eine gewerbliche Nutzung möglich. Das würde jedenfalls die Stadt goutieren, lässt sich aus einer Antwort aus dem Rathaus zum Themenkomplex herauslesen. Hier könnte „eventuell eine Weinprobierstube“ ihr Domizil finden, so die Einschätzung der Stadt nach Auskunft der Pressesprecherin Sabine Laartz. Den Bereich auf der anderen, südlichen Seite in Augenschein zu nehmen, ist derzeit übrigens nicht ganz so einfach. Der frühere Durchgang neben dem Milchhäusle – Stäffele hoch in Richtung Schmerstraße – ist mit Absperrgittern verwehrt. Allerdings ist der nötige Umweg schnell geschafft, circa 30 Meter westlich die Weimerstraße entlang und dann die Beckagasse hinauf in Richtung Neue Straße, und schon ist die Schmerstraße erreicht. Auch dort, an der Hausnummer 10, wird renoviert, aber nicht ganz so umfassend wie beim Milchhäusle. Bei diesem Gebäude bleibe die Substanz bis auf den Dachstuhl erhalten, erläutert die Rathaus-Presseabteilung. „Das Dach selber ist in einem schlechten baulichen Zustand und wird deshalb erneuert.“

Tafel am Milchhäusle. Foto: Patricia Sigerist
Dieses Haus befindet sich, was man heute gar nicht mehr vermutet, an einer geschichtsträchtigen Straße. Denn die Schmerstraße „war einst die wirtschaftliche Hauptschlagader Fellbachs“, erläuterte Thomas Seibold (Freie Wähler/Freie Demokraten) in diesem Frühjahr, als im Gemeinderat über das Sanierungsgebiet Vordere Straße diskutiert wurde. Das entsprechende Areal im alten Ortskern der Stadt am Fuße des Kappelbergs umfasst 5,7 Hektar, was in etwa acht Fußballfeldern entspricht. Dazu gehören eben auch die Schmerstraße und die Weimerstraße. Das generelle Ziel der Bauten könne man auch so zusammenfassen, erklärte etwa Sybille Mack (SPD) in Anlehnung an einen bekannten Wettbewerbs-Slogan: „Unser Oberdorf soll schöner werden.“