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Die Bäderbetriebe bekommen die angespannte Haushaltslage deutlich zu spüren. Statt umfassender Sanierungen müssen sie sich auf Flickschusterei beschränken.

Stuttgart - Die Bäderbetriebe bekommen die angespannte Haushaltslage deutlich zu spüren. Statt umfassender Sanierungen müssen sie sich auf Flickschusterei beschränken. Weil für die marode Traglufthalle des Inselbads keine Abhilfe in Sicht ist, fürchten die Wasserballer und Schwimmer des SV Cannstatt um ihre Zukunft.

"Wir haben in den Haushaltsberatungen keines der Projekte auf unserer Prioritätenliste durchgebracht", beklagt die stellvertretende Geschäftsführerin der Bäderbetriebe, Anita Grube.

Größtes Sorgenkind ist das Inselbad in Untertürkheim. Eine neue Traglufthalle für den Winterbetrieb ist seit Jahren überfällig. Um das 50-Meter-Becken ganzjährig nutzen zu können, wurde es 1991 erstmals mit einer selbsttragenden Hülle überspannt. Deren Lebensdauer wurde vom Hersteller auf zehn Jahre beziffert. "Nach nunmehr 18-jähriger Betriebszeit ist ein Ersatz dringend notwendig", betont Grube. "Die Lebensdauer ist eigentlich längst überschritten." Entsprechend werden die Risse und Flickstellen, die Jahr für Jahr ausgebessert werden müssen, immer größer und aufwendiger zu reparieren. Auch aus energetischen Gründen wäre eine Erneuerung dringend erforderlich. Bei der "neuen Generation von Traglufthallen" könnten Energiekosten im Umfang von rund 20 Prozent eingespart werden, heißt es in einer Gemeinderatsvorlage des Wirtschaftsreferats.

Müsste die Traglufthalle geschlossen werden, wäre das für die Bundesliga-Wasserballer des SV Cannstatt gleichbedeutend mit dem Aus. Der deutsche Meister von 2006 absolviert im Inselbad neben dem Training ebenso seine Heimspiele wie Lokalrivale SSV Esslingen. "Ich wüsste nicht, wie wir den Wasserball-Betrieb aufrechterhalten könnten, wenn die Traglufthalle gesperrt würde", gibt Martin Maixner, Vorsitzender des SV Cannstatt, offen zu. "Eine Erneuerung der Hülle wäre aus unserer Sicht dringend notwendig und überfällig, eine Schließung wäre wohl das Aus." Auch die drei Dutzend Kaderschwimmer ziehen viermal pro Woche unter dem Tragluftdach ihre Bahnen. Das nächste bundesligataugliche Becken in der Umgebung gibt es in Sindelfingen. Doch das ist für Maixner keine Alternative. Schon im November musste der SVC mit seinem Otto-Fahr-Gedächtnisschwimmen wegen des großen Starterfelds aus Sicherheitsgründen nach Sindelfingen ausweichen - "und dort ordentlich Miete bezahlen", wie Maixner zähneknirschend sagt.

Der Gemeinderat versagte den Bäderbetrieben in den Haushaltsverhandlungen die 750.000 Euro für eine neue Traglufthalle. Maixner wundert sich darüber kaum. "Außer Fußball hat in Stuttgart kein Sport eine Lobby, das sieht man ja auch an der Leichtathletik." Obwohl gerade Schwimmen und Leichtathletik schon im Kindesalter Bewegungs- und Koordinationsvermögen fördern, würden diese elementaren Grundsportarten "stiefmütterlich behandelt".

Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) brachte im Gegenzug während der Haushaltsberatungen die Idee auf, auf dem Areal des Neckarparks in Bad Cannstatt eine neue Schwimmhalle mit 50-Meter-Becken zu bauen, die auch Wettkampfansprüchen gerecht werden könnte.

Diese neue Anlage, so die Rechnung Fölls, könnte dann sowohl die Traglufthalle im Inselbad wie auch das Cannstatter Hallenbad ersetzen. Letzteres musste im Frühjahr dieses Jahres schon einmal für mehrere Wochen gesperrt werden, weil das Flachdach einzustürzen drohte. Dieses Problem wurde inzwischen zwar behoben, in absehbarer Zeit muss jedoch auch die Außenfassade saniert werden, was beim Bau einer neuen Schwimmhalle überflüssig würde. Dann könnte das Cannstatter Stadtbad abgerissen und das Grundstück an der Hofener Straße verkauft werden.

Grundsätzlich ist Grube der Idee einer Schwimmanlage im Neckarpark nicht abgeneigt, doch die stellvertretende Bäderchefin gibt sich zurückhaltend: "Bisher gibt es noch nichts Konkretes, lediglich die mündlichen Aussagen von Herrn Föll im Gemeinderat."

Bis auf weiteres üben sich die Bäderbetriebe jedoch weiter in Flickschusterei. "Wir werden versuchen, die alte Traglufthülle so lange wie möglich zu nutzen", sagt Grube. "Auch bei allen anderen Bädern versuchen wir, diese im Rahmen der üblichen Bauunterhaltung betriebssicher zu halten."

Auf unbestimmte Zeit aufgeschoben ist die Erneuerung des 50-Meter-Beckens im Freibad Killesberg, die auf 2,8 Millionen Euro kalkuliert ist. Gesichert sei dagegen die Sanierung der Glasfassade und der abgehängten Decke im Mineralbad Leuze, die wegen der "fortgeschrittenen Korrosion der Aufhängungen in einem kritischen Zustand" ist. Die Kosten in Höhe von 2,1 Millionen wollen die Bäderbetriebe aus Eigenmitteln in Form von Resten einer Festgeldanlage finanzieren. Da im Sommer 2010 jedoch schon das Mineralbad Cannstatt für knapp sechs Monate geschlossen wird, um die Glaskuppel und die Decke zu sanieren (Kosten: 3,3 Millionen Euro), sollen die Bauarbeiten im Leuze erst 2011 beginnen.