An den Fertigbetonteilen der Stadtbibliothek Stuttgart gibt es schadhafte Stellen. Foto: Leif Piechowski

Rund zweieinhalb Jahre nach ihrer Eröffnung muss die Fassade der rund 80 Millionen Euro teuren Stadtbibliothek saniert werden. An den mit Glasbausteinen gefüllten Beton-Fertigteilen rinnt rostrotes Regenwasser nach unten.

Stuttgart - Der Weg zum Büchertempel auf dem Stuttgart-21-Gelände hinter dem Hauptbahnhof wird in den nächsten Wochen ein wenig länger. Die würfelförmige Zentralbücherei hatte am Donnerstag ihren Haupteingang im Westen geschlossen und die Gebäudeseite abgesperrt. Ein großer Schwerlastkran hievte Handwerker bis in den neunten Stock. Die Sperrungen werden abwechselnd alle vier Eingänge treffen. Der Grund sind Sanierungsarbeiten an der gesamten Betonfassade.

„Wir müssen die Seiten aus Sicherheitsgründen absperren, es könnte Werkzeug runterfallen“, sagt Bibliotheksleiterin Elke Brünle. Der barrierefreie Zugang sei jederzeit gewährleistet, und auch die 24-Stunden-Rückgabe auf der Westseite der Bibliothek sei uneingeschränkt nutzbar. Die Fassadensanierung habe damit keine Auswirkungen auf die Nutzbarkeit der Bibliothek.

Wer den Blick von der Stadtbahnhaltestelle nahe der Bibliothek an der Fassade aufwärts wandern lässt, erkennt zahlreiche gelbe Kreuze aus Klebeband. Sie markieren schadhafte Stellen. Abplatzer am Beton, Risse oder dunkelrote Punkte, von denen aus sich bereits dünne Rostflecken nach unten ziehen. Dabei ist die Bibliothek erst Ende Oktober 2011 eröffnet worden.

Rostflecken an der Betonoberfläche deuten auf eine zu geringe Betonüberdeckung des drunter liegenden Baustahls hin. Der kann durch Feuchtigkeit rosten, vergrößert dadurch sein Volumen und sprengt den Beton ab. Bei dem Büchertempel roste aber nicht der Baustahl, sagt Markus Hartung, der stellvertretende Leiter der Abteilung Bauunterhaltung im städtischen Hochbauamt. Die Stahlbewehrung könne gar nicht rosten, denn sie sei aus Edelstahl. Ursache der Rostflecken seien wohl Zuschlagsstoffe im Beton. Die Fertigteile stammen von der Firma Max Bögl aus Bayern. Der Hersteller, sagt Hartung, könne sich die Schäden „nicht erklären“. Klar sei aber, dass die Betonsanierung im Rahmen der Gewährleistung stattfinde. „Der Schaden muss komplett behoben werden, der Stadt entstehen keine Kosten“, stellt Hartung klar.

Komplett beheben heißt, dass der schadhafte Beton abgeklopft, rosthaltige Teile entfernt und die Fläche gespachtelt und wieder gestrichen werden muss. „Wir hoffen, dass man danach nichts von der Reparatur sieht“, sagt Hartung. Auf keinen Fall müssten Beton-/Glaselemente ausgetauscht werden. Davon gibt es 79 Stück auf jeder Seite.

In der neuen Bibliothek, entworfen von dem koreanischen Architekten Eun Young Yi, mit dem die Stadt die Zusammenarbeit aufgekündigt hat, gab es bereits diverse Mängel. Die Sichtbetonteile der Fassade mussten, weil der Farbton nicht gleichmäßig war, gestrichen, brüchiger Estrich ausgewechselt werden. Ein aus Spargründen gestrichener Aufzug musste kurz nach der Eröffnung teuer nachgerüstet werden. Zudem ist die neue Mediensortieranlage überfordert.

Zur unendlichen Geschichte mutieren die Flügeltüren, die dem Ansturm der Besucher nicht gewachsen sind und durch automatische Schiebetüren ersetzt werden sollten. Dafür aber gab der Gemeinderat im Doppelhaushalt kein Geld. Vier neue Türanlagen würden 800 000 Euro kosten.