Bezirkskantor Hansjörg Fröschle – hier im Inneren der Orgel – ist dankbar, dass durch Fundraising so viel auf die Beine gestellt werden konnte. Foto: privat/

Es schepperte, es klapperte, manchmal fielen einfach Töne aus: Eine neuzeitliche Orgel, in ein barockes Gehäuse eingebaut, machte in Vaihingen an der Enz viel Kummer. Durch eine große bürgerschaftliche Gemeinschaftsaktion konnte sie jetzt saniert werden.

Hansjörg Fröschle ist happy. Die Zeiten, in denen der Vaihinger Kirchenmusikdirektor mit Pattex-Kleber im Inneren der Orgel herumkroch und Erste Hilfe an abgebrochenen Halterungen leisten musste, sind vorbei. Nach zwei Jahren Bauzeit ist bei der Sanierung des Instruments in der evangelischen Stadt- und Dekanatskirche ein wichtiger Schritt erreicht: Die Orgel kann wieder erklingen. „Ich bin total glücklich, es macht total Freude, sie zu spielen“, sagt Fröschle. Zu verdanken sei das einer großen bürgerschaftlichen Gemeinschaftsleistung, freut er sich. Die rund 550 000 Euro teure Sanierung wurde ohne Kirchensteuermittel gestemmt.

Die barocke Orgel aus dem Jahr 1712, die mehrfach umgebaut und umgesetzt, 1967 dann im Zuge der Renovierung der Kirche schließlich von der Firma Walcker im alten Gehäuse neu gebaut wurde, verkraftete die vielen Eingriffe schlecht. Gerade die in die barocke Hülle eingebaute späte Walcker-Orgel sei, so erklärt der Fachmann Fröschle, seinerzeit nicht wie gewohnt nach alter Orgelbautradition, sondern in serieller und industrieller Fertigung hergestellt worden.

Klappergeräusche, hängenbleibende Töne, zerbröselndes Material

Zum Einsatz kamen Materialien wie Kunststoffe, gummierte Textilien, Aluminium und Sperrholz – aus heutiger Sicht für eine langlebige Nutzung und Klimabeständigkeit des Instruments völlig ungeeignet. Klapper- und Reibegeräusche, hängenbleibende Töne, zerbröselndes Material: Mit Problemen wie diesen hatte der Organist zu kämpfen. Kleinere Teile waren seit längerem nur noch provisorisch repariert worden, weil es sich nicht mehr gelohnt hatte, noch viel Geld hineinzustecken.

Dass Orgelbaumeister Tilman Trefz aus Kernen-Rommelshausen jetzt historische Pfeifen aus Barock und Romantik mit neugebauten Registern zu einer Einheit verschmolzen hat, die außer dem nur noch optischen jetzt auch wieder einen akustischen Genuss bietet, machten viele Menschen, Institutionen und Unternehmen in acht Geldsammel-Jahren möglich: fast 500 Pfeifenpaten, mehr als 300 Spenderinnen und Spender, rund 30 Ab- und Aufbauhelfer oder Ehrenamtliche im Orgelbauförderkreis oder anderen Gremien. Benefizaktionen und -Konzerte gab es in den Jahren des Geldbeschaffens ins Hülle und Fülle. Die Paten und Spender konnten sich kürzlich bei einem Exklusiv-Event vom Ergebnis der Orgelbauer-Kunst einen Eindruck verschaffen. Für die Öffentlichkeit lässt Hansjörg Fröschle das Instrument über Pfingsten erklingen: beim Festgottesdienst am Pfingstsonntag, 28. Mai, um 10 Uhr, beim Maientagsgottesdienst am Pfingstmontag 29. Mai, um 9 Uhr, und am Maientagskonzert am gleichen Tag um 20 Uhr.

Am Samstag 17. Juni, gibt es von 15 Uhr ein Orgel-Richtfest mit Führungen, um 16 Uhr eine für Kinder. Um 19 Uhr fällt dann der Startschuss des Fundraisings für die letzte Baustufe. Denn ganz abgeschlossen ist die Rundumerneuerung noch nicht. Eine Vaihinger Firma hat die komplette Baustufe zwei – die tiefsten Töne – gesponsert, deshalb müssen nun noch rund 150 000 Euro für die dritte Baustufe zusammengebracht werden. „Jetzt sammeln wir für ein romantisches Schwellwerk“, sagt Fröschle. Dieses ermöglicht dann eine flexible Lautstärkeregelung. Außerdem soll es die Orgel um besonders aparte und geheimnisvolle Romantik-Klänge ergänzen.