Auf dem Dachboden des sanierten Alten Rathauses an der Oswaldkirche in Weilimdorf befinden sich auch zwei Arrestzellen. Foto: Marta Popowska

Nach zwei Jahren ist das historische Rathaus in Weilimdorf fertig saniert. Ab wann es genutzt werden kann, muss allerdings noch geklärt werden.

Der Bauzaun ist weg und die alten Fensterläden strahlen in Weinrot an der vanille-farben angestrichenen Fassade. Nachdem das Alte Schulhaus Ende Januar fertig saniert an die Kindertagesgruppe Regenbogen übergeben wurde, soll auch das Alte Rathaus in Weilimdorf bald wieder nutzbar sein. Laut Martin Thronberens, Pressesprecher bei der Stadt Stuttgart, sei die Bauabnahme und Übergabe des Alten Rathauses an das Bauherrenamt am 11. Mai erfolgt. Die Übergabe an das Bezirksamt fand am Dienstag, 7. Juni, statt.

Nutzen werden das Rathaus der Heimatkreis und örtliche Vereine. Laut Bezirksvorsteherin Ulrike Zich muss zunächst noch eine Nutzungsvereinbarung aufgesetzt werden. „Glücklich“ sei nicht das richtige Wort, um zu beschreiben, wie sie sich über die Fertigstellung freue. „Ich bin erleichtert, dass die Sanierung nach der langen Zeit abgeschlossen ist“, sagt Ulrike Zich.

Baukosten von 4,5 Millionen Euro

Aufgrund von Lieferverzögerungen, Materialmangel, Rohstoffknappheit und Logistikproblemen wurde der Abschluss der Arbeiten immer wieder verschoben. Begonnen hatte man mit der Sanierung des Ensembles an der Ditzinger Straße im April 2019. Dass es beim Rathaus nun noch einmal etwas länger gedauert hat als beim Alten Schulhaus, liegt laut der Stadtverwaltung an „corona-bedingten Lieferschwierigkeiten von Bauteilen, vor allem bei den Brandschutzelementen“.

Eingehalten werden dagegen die zuletzt veranschlagten Baukosten für das Ensemble, teilt die Stadt auf Rückfrage mit. Diese hatten sich im vergangenen Jahr gegenüber 2020 um 635 000 Euro auf 4,544 Millionen Euro erhöht.

Das ehemalige Rathaus steht unter Denkmalschutz. Es stammt aus dem Jahr 1605. Im späten 19. Jahrhundert richtete man auf dem Dachboden zwei Arrestzellen ein, zwei mal drei Meter klein, frische Luft kam durch eine vergitterte Dachluke. Ausgestattet waren sie mit einer Holzpritsche und einem Potschamber, einer Art Nachttopf für die Notdurft. Zuletzt renovierte man es 1909. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Rathaus zu klein und man zog an den Löwen-Markt.

Erweiterung für die Gemeinwesenräume

Künftig soll das ehemalige Rathaus vorwiegend als Erweiterung für die Gemeinwesenräume dienen. Im Erdgeschoss gibt es zwei Räume für jeweils bis zu 24 Personen, die barrierefrei zugänglich sind. Ein Stockwerk darüber wurde ein Veranstaltungsraum eingerichtet, der für 60 Personen bestuhlt werden kann und sich dank technischer Ausstattung für Vorträge eignet, erklärt Edeltraud John vom Heimatkreis. Doch der Heimatkreis, der im zweiten Stock Lagerräume haben wird, plant auch Führungen durch die im original erhaltenen Arrestzellen und den Luftschutzkeller. „Aufgrund der Enge wird das nur mit kleinen Gruppen möglich sein“, sagt Edeltraud John. Ansonsten seien diese nicht offen wie ein Museum für die Öffentlichkeit. „Wir freuen uns unglaublich darauf. Den Verein Pro Alt-Weil gibt es schon seit zwölf Jahren nur zu diesem Zweck“, betont John, die nun der Übernahme optimistisch entgegensieht.