Die Elbphilharmonie in Hamburg kostete am Ende knapp 900 Millionen Euro. Ursprünglich geplant waren 240 Millionen Euro. Foto: imago images/Chris Emil Janßen

Kann die Sanierung eines alten Theaters wirklich so teuer sein und so lang dauern? Berlin, Köln, Frankfurt und Karlsruhe haben da schon ihre Erfahrungen gemacht. Und auch die Elbphilharmonie kam bekanntlich anders als geplant. Fünf Beispiele aus fünf Städten

Stuttgart - Stuttgart ist kein Sonderfall: In vielen deutschen Städten müssen Theaterbauten, die zum Teil gerade mal 50 Jahre alt sind, grundlegend saniert werden. Und fast überall erweisen sich sparsame Kalkulationen als verträumt, wird es viel teurer und langwieriger als geplant. Hier ein kleiner Überblick über die Kultur-Großbaustellen der Republik:

Berlin: Staatsoper Unter den Linden

Das Prachttheater in der Hauptstadt zeigt sich zwar ganz im Stil des 18. Jahrhunderts, ist aber in Wirklichkeit ein Wiederaufbau aus den 1950er Jahren der DDR. Die Sanierung und Erweiterung der Staatsoper – die Bundeskanzlerin ist hier häufig zu Gast – wurde viele Jahre lang vorbereitet und sollte drei Jahre umfassen. Doch dann das Problem: Sobald der Stuttgarter Architekt H. G. Merz mit den Arbeiten beginnen konnte, traten im Gebäude selbst und im Untergrund bisher verborgene Schäden und Bauhindernisse zutage, die alle Zeitpläne über den Haufen warfen. Aus drei Jahren wurden schließlich sieben Jahre, aus den veranschlagten 242 Millionen Baukosten 439,5 Millionen. Und die Gesamtrechnung ist immer noch nicht erstellt; auch in der dritten Saison nach Neueröffnung 2017 hapert es an Details der Technik und der Ausstattung.

Frankfurt am Main: Städtische Bühnen – Oper und Schauspiel

Seit Beginn der 1950er Jahren residieren das Frankfurter Schauspiel und die international angesehene Oper in guter Nachbarschaft in einem Nachkriegsbau. Seit der Jahrtausendwende ist bekannt, dass der Gesamtbau saniert werden muss; seit 2015 wird darüber auch diskutiert und gerechnet. 2017 sprach eine Machbarkeitsstudie der Stadt von Gesamtkosten zwischen 800 und 900 Millionen Euro. Daraufhin entstand die Idee, die Gebäude am Willy-Brandt-Platz lieber abzureißen, das Grundstück zu verkaufen und mit dem Erlös einen modernen Neubau im Frankfurter Osten zu finanzieren. Inzwischen mehren sich aber die Bedenken, den zentralen Standort im Herzen der Stadt einfach aufzugeben. Prompt gibt es nun auch Berechnungen, die den Sanierungsaufwand geringer einschätzen – auf „nur“ noch 700 Millionen Euro.

Hamburg: Elbphilharmonie in der Hafencity

Das Konzerthaus direkt an der Hamburger Elbe ist das Symbol schlechthin für komplizierte Kulturbauprojekte. Als der damalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) 2001 erstmals die Idee eines Kulturzentrums in der neu entstehenden Hafencity vorstellte, rechnete er mit Kosten von 50 Millionen Euro. Das Architektenbüro Herzog & de Meuron gewann mit einem spektakulären Entwurf den Wettbewerb; 2006 war Baubeginn. Aus vier Jahren Bauzeit wurden schließlich zehn, aus geplanten 240 Millionen Euro knapp 900 Millionen. Von alledem spricht aber heute kaum noch jemand in Hamburg. Die Elbphilharmonie ist zum neuen Wahrzeichen der Stadt geworden und längst weltweit bekannt. Über 900 000 Besucher gehen pro Saison in die Konzerte, über 4,5 Millionen genießen zumindest die tolle Aussicht auf der Plaza.

Köln: Oper und Schauspielhaus

Auch in Köln bereits kurz nach der Jahrtausendwende ein Nachkriegsbau zur Sanierung an, und auch in Köln stellte sich erst nach Baubeginn heraus, wie marode die Substanz des Komplexes in Wirklichkeit ist. Im Sommer 2012 war Baubeginn, nach drei Jahren sollte alles fertig sein. Inzwischen kann das Theater frühestens im Herbst 2023 wieder bespielt werden, und die anfangs veranschlagten Kosten von 253 Millionen Euro haben sich mehr als verdoppelt auf aktuell 571 Millionen. Ein Ende ist aber noch nicht in Sicht, denn ein besonderes und kostspieliges Problem für die Planer und Baufirmen besteht darin, moderne und gesetzlich vorgeschriebene Technik mit den Voraussetzungen des denkmalgeschützten Baus in Einklang zu bringen. Die Oper wandert derweil von einem Interim ins nächste, was weitere Millionen Euro kostet.

Karlsruhe: Badisches Staatstheater

Das alte Hoftheater der badischen Großherzöge wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, der Neubau erst 1975 eröffnet. Auch hier machten sich relativ schnell Bau- und Ausstattungsmängel bemerkbar; eine nötige Sanierung beschäftigte die Karlsruher Kommunalpolitik spätestens seit der Jahrtausendwende. 2014 wurde die Generalsanierung beschlossen; aus einem Wettbewerb ging das Wiener Architektenbüro Delugan Meissl als Sieger hervor. Für Kosten von rund 300 Millionen Euro, die sich Stadt und Land teilen, soll in den kommenden zehn Jahren Schritt für Schritt der Bau nicht nur aufgerüstet, sondern um neue Funktionen erweitert werden – mit zusätzlichen Kulturangeboten, Gewerbe und Gastronomie, die das Theatergebäude auch tagsüber zu einem Anziehungspunkt für alle Bürger machen. Die Sanierung beginnt in diesen Tagen.