Ende Juni schließt die Calwer Passage und wird saniert. Foto: Leif Piechowski

Ende 2014, also zeitgleich mit den Einkaufszentren Milaneo und Gerber, soll die Calwer Passage nach ihrer Schließung im Juli und einer Sanierung neu eröffnen.

Ende 2014, also zeitgleich mit den Einkaufszentren Milaneo und Gerber, soll die Calwer Passage nach ihrer Schließung im Juli und einer Sanierung neu eröffnen.

 

Stuttgart - Nach 18 Jahren ist Schluss. Ende Juni macht Heike Wasserbäch ihren Lederwaren-Laden in der Calwer Passage dicht. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht“, sagt sie. Also räumt sie ihren Laden und ihr Lager mit einer 50-Prozent-Rabatt-Aktion.

Wie Heike Wasserbäch geht es vielen der verbliebenen Mieter in der Passage, in der sieben der insgesamt 16 Läden leer stehen. Die Unsicherheit ist groß. „Im Januar soll es angeblich Gespräche mit der Piëch AG geben“, sagt ein Angestellter des Tee-Ladens. Auch Günter Peschanel vom Pfeifen-Archiv zieht die Schultern nach oben, bläst die Backen auf: „Es gibt bisher nur Gerüchte.“

Eines betrifft den Kaufpreis. Es heißt, dass die Piëch Holding GmbH die Calwer Passage im Mai 2013 von der Württembergischen Lebensversicherung AG für die stolze Summe von 32 Millionen Euro erstanden hat. Nach dem Deal schossen die Spekulationen erst recht ins Kraut: Reißt die Holding Teile des Gebäudekomplexes ab, um ein ganz neues Konzept zu verwirklichen? Entsteht eine Fressmeile?

Denn im Laufe der Jahre hatte die Passage immer mehr abgewirtschaftet. Neue Läden kamen – und gingen so schnell, wie sie kamen. „Die Passage ist zu kleinteilig, hat keinen Anker, keinen Magneten“, sagte etwa Ex-City-Manager Hans H. Pfeifer. Auch der Zugang sei für Passanten nicht mehr klar erkennbar. „Ein Nicht-Stuttgarter findet die Passage doch gar nicht“, sagt Günter Peschanel vom Pfeifen-Archiv: „Der Zugang von der Calwer Straße erinnert doch eher an ein kleines schwarzes Loch als an einen repräsentativen Eingang.“

Die Folge: Immer weniger Kunden frequentierten die Passage, die den Rotebühlplatz und die Calwer Straße miteinander verbindet. Dabei galt sie seit ihrer Eröffnung 1978 als eine der attraktivsten Adressen des Stuttgarter Handels. Als Vorbild für die Architekten diente die mit einer Glaskuppel überdachte Flaniermeile Galleria Vittorio Emanuele in Mailand. So ist es kein Wunder, dass die Passage seit Mai 2013 unter Denkmalschutz steht.

Doch eine Passage als Kulturdenkmal – das ist gleichzeitig Fluch und Segen. Denn damit sind einer großen Neukonzeption Grenzen gesetzt. „Nur über das Gebäude, das an die Theodor-Heuss-Straße angrenzt, kann man baulich frei verfügen“, erklärt Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD), „auch die Organisation der Ladeneinheiten ist dem Besitzer überlassen.“ Im Klartext: Die Stahl- und Glaskonstruktion muss unangetastet bleiben. Der geschützte Teil des Kulturdenkmals befindet sich aber nur auf der Seite zur Theodor-Heuss-Straße hin – und auch nur von den Schaufenstern aus 8,40 Meter in die Läden hinein. Die weiteren sechs Meter könnten also abgerissen oder neu gestaltet werden.

Das eröffnet Möglichkeiten. Und die will die Piëch-Holding nutzen. Sie hat den verbliebenen Mietern auf Ende Juni gekündigt. „Wir suchen aber nach Möglichkeiten, auch sie in das neue Konzept mit einzubeziehen und sind mit den Mietern derzeit im Gespräch“, sagt Frank Beling, Geschäftsführer der Holding. Bedeutet: Bis Ende Januar haben die bisherigen Mieter die Chance, Vorschläge zur Neuausrichtung ihrer Geschäfte zu entwickeln, ab Februar will die Holding dann auch Gespräche mit möglichen Neumietern führen. Ziel der Holding sei es, „einen interessanten Mix aus Standards und individuellen Nischen“ zu schaffen. So wolle man wieder Kunden in die Passage locken und die Einkaufsmeile neu beleben. Bei dieser vermeintlichen Neuausrichtung denkt man vor allem an den inhabergeführten Einzelhandel, der in der Innenstadt zunehmend verdrängt wurde oder auf der Suche nach bezahlbaren Flächen oft chancenlos sei. „Wir wünschen uns hochwertige, individuelle Marken. Vor allem Regionalität und Authentizität sind für uns wesentliche Bestandteile des neuen Konzepts. Eine Vielfältigkeit von nationalen und hauptsächlich lokalen Besonderheiten soll der Passage wieder neue Attraktivität verleihen und die Kunden zum Verweilen einladen. Gastronomie wird in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wesentliche Rolle spielen“, sagt Frank Beling. City-Managerin Bettina Fuchs begrüßt die Pläne, sagt aber: „Die Passage braucht offene und helle Portale, die gleichzeitig eine Anbindung zur Calwer Straße und zum Rotebühlplatz schaffen. Damit könnte man die Passanten-Frequenz erhöhen.“