Das Waldhaus auf dem Haseberg gehört nun den Handwerkern. Foto: ubo

Neun Jahre lang stand das frühere Ausfluglokal auf dem Hasenberg leer. Jetzt hat der neue Besitzer mit der Sanierung begonnen. Eine neue Gaststätte soll entstehen.

Stuttgart - Nach neun Jahren Leerstand wird das Waldhaus auf dem Hasenberg wachgeküsst! Das traditionelle Ausflugslokal mit traumhafter Aussicht, in dem König Wilhelm II. Schwarzwurst und sein Viertele bestellte, schien als Ruine dem Verfall ausgeliefert, als der Wirt Günter Lemme dort 2008 ausgezogen ist. Der neue Besitzer, ein Stuttgarter Unternehmer in der Spielautomatenbranche, hat nun aber mit dem Umbau und der Sanierung begonnen. Erneut soll dort eine Gaststätte entstehen – nichts anderes wird vom Baurecht erlaubt. Allenfalls eine Wohnung für den Wirt darf’s geben.

Auch Willy Brandt war schon hier

48 Jahre lang war der in Salzwedel in der Altmark geborene Günter Lemme nach seiner Ausbildung an der Magdeburger Hotelfachschule Gastgeber in dem Höhenrestaurant, das sich fast trotzig allen modischen Erneuerungen verweigerte. Wer die Traditionsstätte betrat, landete flugs in den 1960ern. Dies gefiel prominenten Stuttgart-Besuchern wie Alfred Biolek, Heidi Kabel und Willy Brandt. Der Künstler Otto Herbert Hajek, der auf der Hasenbergsteige sein Atelierhaus hatte, war Stammgast und brachte einmal den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker mit. Oft kam Fritz Leonhardt, der Erbauer des Fernsehturms, und setzte sich stumm auf die Terrasse. An keinem Punkt der Stadt, sagte er, gefalle ihm sein Turm so gut wie hier.

Wirt Lemme, auch bekannt als Maler und Dichter, ist heute noch täglich auf dem Hasenberg. Direkt neben dem einstigen Ausflugslokal befindet sich sein Atelierhäuschen. Der neue Besitzer des Waldhauses ist ein guter Bekannter von ihm. Schon als Kind sei dieser mit dem Opa regelmäßig Gast bei ihm gewesen. Lemme ist begeistert von den neuen Plänen für seinen langjährigen Arbeitsplatz. Der Eigentümer, der bei der Zwangsversteigerung im Dezember 2014 den Zuschlag für 850 000 Euro erhalten hatte (laut Gutachter betrug der Verkehrswert der Immobilie samt zweier Grundstücke nur 558 000 Euro), hat den früheren Wirt zu einer Baustellenbesichtigung engeladen. „Es wird noch lange dauern, bis alles fertig ist“, sagt Lemme. „Aber es wird sehr schön!“

Gaststätte seit dem Jahr 1900

Im Jahr 1900 hatte der Apotheker Robert Xander, einst schon Betreiber des nahen Jägerhauses, das 1879 als Privathaus gebaute Anwesen als Gaststätte eröffnet. In den 1930ern ging der Besitz an Gotthilf Raisch über, der in den 1960er Jahren den Stab an Verwandte, die Familie Müller, weitergab. Als Margarete Müller hochbetagt 2008 starb, nahm das Unheil seinen Lauf.

Die Erbengemeinschaft kündigte dem damals 74-jährigen Lemme, der gern mit seinem Sohn weitergemacht hätte. Der exponierte Ort geriet zum Spekulationsobjekt. Doch die Stadt stellte klar: Hier muss wieder eine Gaststätte her, das ist nicht der Platz für Luxuswohnungen!

Der Hasenberg mit seinem traumhaften Ausblick hat den Pächter Lemme zum Maler und Poeten gemacht. „Oft verloren in Gedanken, sitz ich überm Häusermeer, seh den wilden Wein dort ranken, unten rauscht der Verkehr“, so beginnt eines seiner Gedichte. Und in einem anderen heißt es: „Hasenberg, du kleiner Hügel inmitten einer großen Stadt, schenkst den Blicken sanfte Flügel.“ Jetzt scheint es doch noch ein Happy End in der Waldhaus-Geschichte zu geben.