Hier setzt Sandro Peters im Finale eine Zwei-Punkte-Wertung zum Kopf gegen den Iren Conor McGlinchey. Foto: Team Deutschland/Maurice Stach

Der Kornwestheimer Kickboxer Sandro Peters gewinnt bei den European Games im polnischen Krakau Gold im Point Fighting in der Klasse bis 84 Kilogramm. Der 21-Jährige genießt seinen Erfolg jetzt beim Urlaub in Daytona/Florida.

Manche fangen mit dem Kampfsport an, weil sie in sich eine Kraft spüren, die sie loswerden wollen. Manche fangen an, weil ihr ganzes Leben ein Kampf ist. Manche fangen an, weil sie berühmt werden wollen. Manchmal, das zeigt die Karriere des Kickboxers Sandro Peters kann man aber ganz einfach nur Spaß an einem besonderen Sport haben und daran, sich in einer Nische zu bewegen, in der man schneller ans Ziel kommt. Und so ist aus dem einst achtjährigen Einsteiger einer der aktuell besten Kickboxer in Europa geworden.

 

Gerade hat der Kornwestheimer einen ganz großen Schritt gemacht auf der Karriereleiter und sich bei den European Games im polnischen Krakau im Point Fighting in der Klasse bis 84 Kilogramm die Goldmedaille gesichert. „Dieser Titel überstrahlt alles, was er bislang gewonnen hat“, sagt sein Trainer Lazaros Emmanouilidis, den alle nur als „Lalli“ kennen.

Hoffnung auf Olympia

Vizeweltmeister und Europameister ist Sandro Peters beim Verband World Association of Kickboxing Organizations (Wako) im Point Fighting schon gewesen und nun die Krönung. Die besten acht Kämpfer der europäischen Bestenliste hatten sich für den Event qualifiziert, der ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris mit 30 Sportarten ausgerichtet wird. Kickboxen war quasi als eine Art Demonstrationswettbewerb dabei und die Wako hofft, dass der Sport 2028 in Los Angeles dann auch olympisch sein wird.

An diesem Dienstag ist der Coach alleine in seiner Trainingshalle im Fight und Fun in der Enzstraße in Kornwestheim, umringt von zahlreichen Standing Bags und Dummies, auf die Sandro Peters normalerweise mit seinen Fäusten und Kicks eindrischt. Auf dem Boden hat Emmanouilidis 20 Urkunden und diverse Gürtel drapiert, die seine Nachwuchskämpfer am Abend beim Training erhalten.

Sandro Peters wird nicht dabei sein. Er ist mit seiner Lebensgefährtin gerade in Daytona Beach in Florida – ausspannen, Luft holfen nach einem anspruchsvollen Wettkampf in Krakau. „Lalli“ ruft ihn kurz an. Peters ist noch nicht lange wach, freut sich aber über den Anruf aus der Heimat. Es fällt ihm nicht schwer, sich noch einmal in den Finalfight gegen seinen irischen Kontrahenten Conor McGlinchey hineinzuversetzen. Sofort hat er wieder die magische Atmosphäre der Halle in den Ohren, die begeisterten Zuschauer vor Augen, unter denen auch deutsche Athleten aus anderen Sportarten waren.

Kurz die Regeln im Point Fighting: Nach jedem Treffer oberhalb der Gürtellinie wird der Kampf kurz unterbrochen, bei Treffern darunter oder Fußfegern geht es direkt weiter. Gewonnen hat der Kämpfer, der in den dreimal zwei Kampfminuten am meisten Punkte sammelt. Im Gegensatz zum Vollkontakt geht es mehr um die Technik, als darum, den Gegner mit voller Kraft zu schlagen.

Drei Gegner hatte Peters auf dem Weg in den Endkampf ausgeschaltet. Jetzt stand nur noch der Ire zwischen ihm und Gold. Bei den Europameisterschaften hatte er ihn bezwungen. „Aber es ist einfach mental und psychisch etwas vollkommen anderes auf dieser Bühne zu performen“, sagt Sandro Peters. Der 21-Jährige war auf den Punkt fit, und was genau so wichtig war: mental stark. „Ich habe immer daran geglaubt, obwohl ich ständig einen Rückstand aufholen musste“, sagt er. Der Kampf zeigte, warum Kickboxen so faszinierend sein kann. In Zehntelsekunden können sich noch ungeahnte Wendungen vollziehen. 30 Sekunden vor Ende lag der Kornwestheimer noch 10:11 zurück, holte sich die Führung und am Ende rettete er ein 16:15 ins Ziel.

„Peters hat eine elegante Fußtechnik“

Was macht das Kickboxen aus? Es gilt Arme und Bein zu koordinieren, eine Balance zu finden aus Schnelligkeit und Technik. „Sandro schafft beides, hat eine elegante Fußtechnik und ist vor allem mental sehr stark und bringt neben Talent vor allem Fließ mit “, sagt Emmanouilidis.

Aber nicht nur der Titel hat sich in Krakau eingeprägt in Sandro Peters Gedächtnis. „Das Feeling bei den European Games war mega. Man hat viele Athletinnen und Athleten getroffen, was auf eine gewisse Art und Weise auch das hohe Niveau verdeutlicht“, sagt er. Es sei für ihn eine große Ehre gewesen, dort starten zu können.

Lazaros Emmanouilidis wird noch eine Weile ohne seinen besten Kämpfer auskommen müssen, denn so schnell wird der European-Games-Sieger nicht wieder in Kornwestheim zurück sein. Am 17. und 18 August findet im Convention Center in Atlantic City ein hochkarätiges Turnier statt. Peters beginnt mit der Vorbereitung in Florida.

Dann geht es zurück nach Hause – im Herbst beginnt Sandro Peters eine kaufmännische Ausbildung. Das lässt sich gut mit den Trainingseinheiten am Abend verbinden. Neben dem Weltmeistertitel träumt er vor allem von einem Start bei Olympia: Letzteres wird von der Entscheidung des IOC abhängen.