Sandra Maischberger wäre wohl auch eine gute Staatsanwältin geworden. Foto: WDR/Markus Tedeskino

Mit bohrenden Fragen hat ARD-Moderatorin Sandra Maischberger Kanzleramtschef Helge Braun zu einer Entschuldigung bewegt. Der spricht über seinen „Lernpunkt“ beim Oster-Lockdown und ein Reiseverbot.

Stuttgart - Der Chef des Kanzleramtes, Helge Braun, ist auch Doktor der Medizin und in seiner Doppeleigenschaft als Politiker und Arzt ein gern gesehener Gast in den Corona-Talkrunden. Am Mittwochabend ist er in der ARD-Sendung „Die Woche“ von Sandra Maischberger wegen der verpatzten Ministerpräsidentenkonferenz und dem „Fehler“ des Oster-Lockdowns aber derart in die Mangel genommen worden, dass es den Anschein hatte, er sei ein Angeklagter und die Moderatorin die Staatsanwältin.

Die Nettigkeiten waren bald dahin

Das mediale Kreuzverhör begann mit einer freundlichen Präsentation, wonach Braun der Mann sei, „auf den die Kanzlerin vertraut“. Das war’s dann auch schon mit den Nettigkeiten. Maischberger wollte wissen, wer in der Runde denn die Idee für die Osterruhe gehabt habe, worauf Helge Braun die Situation in der langen Konferenznacht von Montag auf Dienstag schilderte. Es sei Konsens gewesen, dass etwas geschehen müsse, um diese dritte Welle der Pandemie zu brechen. „Etwas, dass über die nächsten Wochen wirkt, aber lange und zermürbende Maßnahmen wollten die Ministerpräsidenten nur schwer tolerieren“, so Braun. Daher habe man gedacht, je kürzer eine Maßnahme sei, desto einschneidender müsse sie sein, um einen Effekt zu erzielen, berichtete Braun, um dann von Maischberger fragend unterbrochen zu werden: „Da haben Sie also spät am Abend diesen Vorschlag aus der Kiste gezogen?“

Der Vorschlag wurde „aus der Hüfte geschossen“, so Maischberger

Der Kanzleramtschef schilderte daraufhin, dass der Einstieg in die Diskussion eigentlich der Frage gegolten habe, wie mit dem internationalen Tourismus umzugehen sei und Braun bestätigte – ohne Namen zu nennen – Hinweise in der Sendung, wonach die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein auch auf eine Öffnung zum Inlandstourismus abgezielt hätten. Deshalb habe man in dieser „ernsten Lage“ des Infektionsgeschehens, wo bereits deutliche Warnungen der Intensivmediziner kämen, ein „Signal“ für den Ernst dieser Lage setzen wollen. „An dieser Diskussion habe ich teilgenommen und schließe mich den Worten der Kanzlerin vom Mittwoch an“, sagte Braun, worauf Maischberger ihm vorhielt, einen Vorschlag „aus der Hüfte geschossen“ zu haben, ohne zu prüfen, ob der überhaupt gehe.

Malu Dreyer hatte Zweifel angemeldet

Etwas kleinlaut räumte Braun, dass man durchaus an Varianten des Infektionsschutzgesetzes gedacht habe und ja auch Veranstaltungen untersagt werden könnten, „um Ruhe in weiten Teilen des Landes“ herzustellen, allerdings habe die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer früh Zweifel angemeldet, ob denn Rechtssicherheit bestehe mit dem Fünf-Tage-Lockdown und wenn das nicht vorher geklärt sei, könne sie dem Vorschlag nicht zustimmen, was sie am Ende aber doch tat. „Das ist kein kleiner Fehler“, fauchte daraufhin Sandra Maischberger, die beschlossene Maßnahme sei rechtlich nicht abgesichert gewesen: „Hat die Kanzlerin Ihnen einen eigentlich einen Anschiss verpasst?“

Rücktritt? Nein, ist nicht angemessen

Helge Braun erwiderte, dass er in der Diskussion um die Oster-Ruhe einen Anteil gehabt habe und er schließe sich der Entschuldigung der Kanzlerin an. „Die Ankündigung der Maßnahme war ein großer Fehler, weil sie dazu geführt hat, dass viele Menschen sich darauf eingestellt haben – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Das darf man nicht gering schätzen und so etwas darf nicht noch mal passieren.“ Auf Maischbergers Frage, ob jemand, der Verantwortung trage, nicht auch Konsequenzen ziehen müsse und ob dies ein Rücktritt sein könne, verwies der Kanzleramtschef auf die dargelegte „Fehlerkultur“ und dass er einen solchen Schritt nicht für angemessen halte. Die Konsequenz, die Braun dann vorschlug, führte allerdings zu einem kurzen, ironischen Lachen der Moderatorin, da er sich lediglich auf den Konferenzmodus bezog: Die Art, wie die Ministerpräsidentenkonferenz durchgeführt werden, gehe „so nicht mehr“, sie müssten anders vorbereitet werden, aber die deutsche Corona-Politik sei auch schwierig, da werde in der Krise „einfaches und schnelles Handeln verlangt“, gleichzeitig aber auch „minutiöse Vorbereitung“.

Bilder aus Mallorca setzten die falschen Signale

Zur Zeit lässt die Bundesregierung prüfen, ob Urlaubsflüge ins Ausland über Ostern verboten werden könnten. Denn die Bilder von deutschen Urlaubern auf Mallorca setzten die falschen Signale, so Helge Braun. Es gehe ja auch um die Gleichbehandlung, wenn hierzulande die Deutschen aufs Reisen verzichten sollen. Auf Maischbergers Frage, ob denn ein Flugverbot noch vor dem Ostersamstag in Kraft treten könne, äußerte sich der Kanzleramtschef vorsichtig: „Das ist mein Lernpunkt des Tages, dass ich so etwas jetzt nicht schon verkünden werde.“ Man werde die Sache sorgfältig prüfen.