Am 10. März wurde die Galvanik der Firma SAM in Böhmenkirch bei einem Brand komplett zerstört. Foto: 7aktuell.de/Christina Zambito/Archiv

Bei dem insolventen Autozulieferer SAM in Böhmenkirch im Kreis Göppingen sollen die Lichter nicht ausgehen. Auf einer Betriebsversammlung gieren die Beschäftigten nach Informationen über die Zukunft des Unternehmens. Hauptkunde Volkswagen zeigt offenbar Interesse.

Böhmenkirch - Eine Insolvenz ist immer ein Schock“, sagt Ingo Schorlemmer und bringt damit die Gemütslage der Arbeitnehmer der Süddeutschen Aluminium Manufaktur (SAM) mit Sitz in Böhmenkirch auf den Punkt. Es sei nun das Ziel des Insolvenzverfahrens, nicht nur den Betrieb, der Aluminium-Zierleisten und Dachrelingsysteme für Autos fertigt, sondern möglichst viele oder sogar alle der rund 1800 Arbeitsplätze zu erhalten, erklärt der Sprecher der beauftragten Anwaltskanzlei Schultze & Braun aus Achern. Großes Interesse am Fortgang der Produktion signalisierte vor allem der Hauptkunde Volkswagen. Das zeigte sich am Donnerstag bei der Betriebsversammlung mit mehreren hundert Beschäftigten, an der neben dem Insolvenzverwalter Holger Leichtle auch ein Vertreter von Volkswagen und eine Vertreterin der Kreissparkasse teilnahmen.

VW hat größtes Interesse, dass es weitergeht

Demnach sagte Leichtle den Beschäftigten zu, ihr Lohn werde in den kommenden drei Monaten als Insolvenzgeld ausbezahlt. „VW zeigte größtes Interesse, dass bei SAM weiter produziert wird“, erklärte Manuel Schäfer, der IG-Metallgewerkschaftssekretär aus Göppingen.

Der Insolvenzverwalter Holger Leichtle ist seit Anfang dieser Woche bei SAM in Böhmenkirch vor Ort. In Gesprächen mit den Beschäftigten, den beiden Geschäftsführern, Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt der Kreissparkasse Göppingen (KSK) als der wichtigsten Geldgeberin wolle er sich einen Überblick über die Lage der in Not geratenen Firma verschaffen, sagte der Kanzleisprecher Ingo Schorlemmer.

Die wirtschaftliche Schieflage des früheren Familienunternehmens, das die Brüder Hans und Ottmar Binder vor rund zwei Jahren an die Münchner Beteiligungsgesellschaft Bregal verkauften, ist offenbar keine ganz neue Entwicklung. Allein im vergangenen Jahr soll SAM Kredite in Höhe von rund 30 Millionen Euro von der Kreissparkasse Göppingen erhalten haben. In diesem März verschärften sich die Probleme des Unternehmens dann noch durch einen Großbrand in der Galvanik, der einen Schaden in Millionenhöhe verursachte und die Produktion erschwerte.

KSK geht häufig Risikopartnerschaften ein

„Wir gehen sehr häufig Risikopartnerschaften ein, das ist gang und gäbe“, charakterisierte der KSK-Sprecher Thomas Wolf die Geschäftspolitik der Bank. Sie sehe sich als wichtigster Partner des hiesigen Mittelstands. Und man wolle einen Beitrag dazu leisten, dass Arbeitsplätze gesichert würden, hieß es dazu im Geschäftsbericht des vergangenen Jahres.

Mit Blick auf die SAM sagte Wolf: „Wir wollen, dass das Unternehmen wieder werthaltiger wird. Es sei im Interesse der Kreissparkasse, dass der Insolvenzverwalter den Betrieb erst einmal bewerte, denn die KSK habe Forderungen an die SAM. Mehr könne er aus Rücksicht auf das Bankgeheimnis zu den bisherigen Geschäftsbeziehungen und deren Fortgang nicht sagen.

Mit dem Versuch, das Unternehmen bald zu verkaufen, glaubt Manuel Schäfer von der IG-Metall, könnten am ehesten die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden. Die Beschäftigen hoffen, dass es bei SAM weiter geht: „Wir sind in einer schwierigen Situation, aber wir sind fähig zu überleben“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Alexander Bechtle.

Der Automobilzulieferer, dem nachgesagt wird, in den unteren Lohnstufen Billiglöhne von 9,65 Euro zu bezahlen, hatte erst 2015 einen Betriebsrat eingerichtet. Im vergangenen Jahr hatten die Mitarbeiter für mehr Geld, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und einheitliche Sonderzahlungen gestreikt und einen Haustarif erkämpft. Die Nachricht von der Insolvenz ist in dem rund 5600 Einwohner zählenden Böhmenkirch mit Bestürzung aufgenommen worden, immerhin zählt der Betrieb zu den größten Arbeitgebern in der Kommune auf der Schwäbischen Alb. Für Unmut hatte bereits im Frühjahr der erwähnte Großbrand gesorgt, bei dem mit Nickel kontaminiertes Löschwasser in einen Abwassergraben gelangt war. Dort sei die Bodenkrume vorsorglich abgetragen worden, erklärte der Leiter des Umweltamtes für den Kreis Göppingen, Jochen Weinbrecht. In einem Regenklärbecken stünden diese Arbeiten noch aus. Entwarnung gab Weinbrecht in Hinsicht auf die Dioxinwerte. Alle Bodenproben, die man, der damaligen Rauchwolke folgend in Richtung Norden genommen habe, seien unauffällig ausgefallen.