Wolfgang Rihms Oper „Die Eroberung von Mexiko“ in Salzburg Foto: dpa

Unter der Leitung Sven-Erik Bechtolfs gelang den Salzburger Festspielen 2015 nur ein ziemlich mittelprächtiger Jahrgang: ein Abschlussbericht zum Festival.

Seltsame Dinge ereigneten sich in diesem Sommer an der Salzach. Vielleicht am merkwürdigsten: Man bekam häufig noch schöne Sitzplätze – in diversen Aufführungen wie auch in den einschlägigen Szenelokalen. Selbst für den eigentlich unkaputtbaren „Jedermann“ war die Nachfrage nicht so groß wie sonst, zeitweise gab es sogar ermäßigte Tickets.

Für kurze, aber heftige Aufregung sorgte der Besuch des FPÖ-Clubchefs Strache, der bei einer „Jedermann“-Vorstellung von den Klängen der „Internationalen“ begrüßt wurde – offenbar ohne dass er oder sonst jemand es bemerkte. Tags darauf reagierten die Festspiele ungewohnt heftig: So etwas sei völlig unangemessen. Vor allem Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf, der mit der Salzburger Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler in diesem und im kommenden Jahr die Festspiele verwaltet, zeigte sich überaus dünnhäutig. Als ein deutscher Großkritiker vor Beginn der Festspiele Gift und Galle über das maue Programm ausschüttete, reagierte die Festspielleitung (mutmaßlich Bechtolf) pikiert und sehr persönlich.

Interviews entzog sich Bechtolf weitgehend, witterte überall gezielte Miesmacherei. Dabei zeigte sich sein ureigenstes Metier, das Schauspiel, in ziemlich erbärmlichem Zustand: Goethes „Clavigo“ als Gender-Trash-Theater, eine „Salzburger Dreigroschenoper“ namens „Mackie Messer“ (Co-Regie Bechtolf) als aufgeblasenes Musical sowie eine seichte „Komödie der Irrungen“ von Shakespeare – das war’s. Keine Uraufführung, keine Lesungen, keine kleineren Projekte.

Nur "Die Eroberung von Mexiko" gelingt

Im Opernbereich gelang nur die Eröffnungspremiere, Wolfgang Rihms Musiktheater „Die Eroberung von Mexiko“. Der alte Regie-Haudegen Peter Konwitschny erdete das verkopfte Stück, zeigte ein krasses, sehr konkretes Beziehungsdrama und bot in der Felsenreitschule überwältigendes Totaltheater, das ohne Ingo Metzmacher am Pult des ORF-Symphonieorchesters sicher nicht diese Wirkung erzielt hätte.

Sehr enttäuschend geriet Beethovens „Fidelio“. Claus Guth strich die Dialoge, fügte elektronische Klänge nebst einer Gebärdendolmetscherin hinzu und recycelte ansonsten abgestandene Regie-Ideen. Brillant war Franz Welser-Möst mit den Wiener Philharmonikern, der auch die Wiederaufnahme von Harry Kupfers fulminantem „Rosenkavalier“ zur Sternstunde machte. Sven-Eric Bechtolf selbst brachte schließlich seine Mozart/Da-Ponte-Trilogie zum Abschluss und inszenierte einen „Figaro“, wie er im Buche steht: im Ambiente der britischen Kultserie „Downton Abbey“, ohne größere Deutungen, aber sehr solide und flüssig gearbeitet. Hier waren die musikalischen Leistungen das Problem: Die Sänger blieben eher blass, und das Dirigat des künftigen Chefs der Stuttgarter Philharmoniker, Dan Ettinger, war schwach.

Wirkliches Profil zeigte einzig Konzertchef Florian Wiegand, der sich manchmal bei den Aufführungsorten (Kammermusik in der Kollegienkirche) vergriff, aber ein gut durchdachtes Programm mit Kassenschlagern (Domingo-Gala) und exquisiten Ereignissen (wie die umfangreiche Pierre-Boulez-Hommage) gestaltete.

2016 wird es in Salzburg als Novitäten vermutlich Richard Strauss’ selten gespielte „Liebe der Danae“, Charles Gounods landauf, landab gegebenen „Faust“ sowie die Uraufführung einer Oper von Thomas Adès geben, dazu den gesamten Mozart/Da-Ponte-Zyklus. Und man wird Sven-Eric Bechtolf als Schauspieler in einem Thomas Bernhard-Stück begegnen.