Von Stuttgart nach Syrien in den Dschihad? Die Ankläger sehen einen 25-Jährigen als überführt an Foto: dpa

Die Bundesanwaltschaft hat im Stuttgarter Terrorprozess vor dem Oberlandesgericht fünf Jahre Gefängnis für den Libanesen Ismail I. gefordert. Der 25-Jährige aus Stuttgart sei der Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung schuldig.

Stuttgart - Bundesanwalt Malte Merz erklärte: „Es ging ihm nie um humanitäre Hilfe. Er hatte von Anfang an den festen Willen, in den Dschihad zu ziehen“, so der Bundesanwalt am Mittwoch.

Ismail I. hatte bereits am Anfang des Prozesses vor dem 6. Strafsenat gestanden, von Anfang September 2013 an sechs Wochen lang in einem Trainingscamp der islamistischen Kampfgruppe Jamwa in Syrien gewesen zu sein. Die Jamwa-Gruppe hat sich später der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen. Der Stuttgarter sagt aber, er habe humanitäre Hilfe leisten wollen und sei quasi aus Versehen in das Ausbildungscamp geraten. Dort habe er als Koch gearbeitet und sich später selbst verletzt, um nach Hause zurückkehren zu können.

Die Bundesanwaltschaft nimmt ihm das nicht ab. Ismail I. habe sich bereits ab 2010 in einer Stuttgarter Moschee immer weiter radikalisiert. Nach einer Pilgerfahrt nach Mekka, wo er den berühmt-berüchtigten Salafistenprediger Sven Lau kennengelernt hatte, habe er die notwendigen Kontakte geknüpft. „Ich habe einen Masterplan. Du kennst mich: Alles oder nichts“, schrieb er in dieser Zeit an einen seiner Brüder.

Vor allem der SMS- und der Whatsapp-Verkehr bestärkt die Ankläger in ihrer Überzeugung, Ismail I. sei ein in der Wolle gefärbter Islamist. Beispiel: „Es ist eine Pflicht. Ich bekämpfe die Schiiten und schände ihre Schwestern.“ Es existiert ein Foto, auf dem der 25-Jährige in dem Ausbildungslager nahe der syrischen Stadt Atma mit einer Kalaschnikow posiert. Die Ankläger sehen es auch als bewiesen an, dass Ismail I. entgegen seiner Aussage an einem Kampfeinsatz bei Aleppo beteiligt war.

Am 21. Oktober 2013 kehrte der 25-Jährige nach Stuttgart zurück – auf Befehl seines Emirs Abdullah Shishani, sagen die Ankläger. Und zwar mit dem Auftrag, Militärkleidung, Medikamente und Nachtsichtgeräte zu beschaffen, um das Material dann nach Syrien zu seiner Kampftruppe zu bringen. Das hat Ismael I. auch versucht. „Er ist in Syrien nicht zur Vernunft gekommen – ganz im Gegenteil“, so Bundesanwalt Malte Merz.

Der redegewandte Ismail I. beschaffte die Ausrüstung und verabredete sich mit seinem mutmaßlichen Gesinnungsgenossen Mohammad A. aus Mönchengladbach.

Den 38-jährigen Familienvater hatte er auf der Pilgerfahrt kennengelernt und ihn für den Dschihad begeistert, so die Ankläger. Mohammad A. wollte am 13. November 2013 mit Ismail I. von Stuttgart aus mit den beschafften Ausrüstungsgegenständen nach Syrien fahren. An der Raststätte Gruibingen wurden die zwei Männer festgenommen.

Mohammad A. wird wie dem 34-jährigen Bruder des Ismail I. die Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen. Der Bruder hatte Ismail I. Geld überwiesen, das für die Kampftruppe bestimmt gewesen sei. Für ihn beantragen die Ankläger drei Jahre Gefängnis. Mohammad A. soll mit dreieinhalb Jahren bestraft werden. Auch der Bruder des Hauptangeklagten sei ein „Überzeugungstäter“, so Bundesanwalt Bodo Vogler. Er hatte Ismail I. beispielsweise die Frage per Handy geschickt: „Jagt und tötet ihr die Schiiten ordentlich?“

Verteidiger Stefan Holoch bestreitet einen religiösen Fundamentalismus bei Ismail I. „Alkohol, Partys, Drogen – diese Lebensführung passt nicht zu dem typischen Salafisten“, so Holoch. Am kommenden Freitag wird der Prozess mit weiteren Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.