Eigentlich wollten die Salafisten in dieser Jugendherberge bei Fulda in Hessen tagen, nun ziehen sie weiter nach Thüringen. Foto: StN

Nach Berichten der Stuttgarter Nachrichten verlegen Salafisten ihr Seminar nach Thüringen.
 

Erfurt - Eigentlich wollte eine Gruppe radikaler Islamisten Mitte Oktober eine Schulung in einer Jugendherberge in Osthessen veranstalten. Nach Berichten unserer Zeitung platzte das Vorhaben - nun treffen sich die Salafisten in einem Islamzentrum in Thüringen, das vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Der Braunschweiger Salafist Mohammed Seyfundin Ciftci will sein Seminar jetzt in Erfurt durchführen. Der vom Verfassungsschutz beobachtete Prediger wirbt auf seiner Website für die neue Veranstaltung vom 14. bis zum 16. Oktober. An der sollen etwa 200 Anhänger dieser sehr konservativen Interpretation des Islam aus Deutschland und Bosnien teilnehmen.

Vertrag mit Ciftci gekündigt

Die deutschen Sicherheitsbehörden warnen vor solchen Seminaren, weil sie nach ihren Erkenntnissen dazu beitragen, Jugendliche zu radikalisieren. So stellen die baden-württembergischen Verfassungsschützer fest: "Dass die salafistischen Schulungen und die dschihadistische Propaganda wirken, zeigten auch 2010 Ausreisen und Ausreiseversuche von Kampfbereiten."

Nach der Berichterstattung vor allem unserer Zeitung hatte das Jugendherbergswerk Hessen vor einer Woche seinen Vertrag mit Ciftci gekündigt. Der hatte die Jugendherberge Oberbernhards bei Fulda für das Islamseminar unter dem Motto "Erziehung und Verhalten im Islam" gebucht. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hatte sich zwar bei Herbergsvater Michael Auth eingehend über das Seminar und seine Organisatoren informiert. Die Staatsschützer hatten Auth aber nicht mitgeteilt, wer das Jugendhotel gebucht hatte. In der ersten Novemberwoche soll dieses Verhalten im hessischen Landtag diskutiert werden.

In Erfurt will Ciftci seinen Salafi-Workshop im Internationalen Islamischen Kulturzentrum (IIKz) veranstalten. Das Zentrum in der Landeshauptstadt ist Verfassungsschützern bestens bekannt. Sie wissen nach eigener Aussage, dass "dem bundesweiten Trend folgend salafistische Bestrebungen auch in Thüringen an Bedeutung gewinnen. Dem IIKz - Erfurter Moschee e.V. kommt dabei wesentliche Bedeutung zu". Eine Analyse, zu der die Erfurter Behörde offenbar nach eingehender Beobachtung der Szene gekommen sind. Nach Recherchen des MDR Thüringen hatten die Nachrichtendienstler Telefone mutmaßlicher Islamisten des IIKz sowie des mit ihm in Verbindung stehenden Zentrums in Nordhausen angezapft. Zudem seien Autos, Wohnungen und Moscheen von den Staatsschützern überwacht worden. Beamte des Landeskriminalamtes stellten fest, dass "Gelder aus dem arabischen Raum zur Unterstützung der islamistischen Missionierung nach Thüringen" flossen.

Kontakt zu Al-Kaida

Auch Ciftci unterhält beste Beziehungen nach Saudi-Arabien, in die Türkei und nach Bosnien. Auf dem Balkan fungiert für den deutschen Prediger vor allem Elvir Colakovic als Ansprechpartner. Er war Mitglied im Verwaltungsrat der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington auf Druck der USA aufgelösten "Aktivna Islamska Omladina" (AIO). Diese Organisation ist 1995 gegründet worden, um in Bosnien einen Staat nach saudi-arabischem Vorbild zu errichten.

Dazu vermittelte die AIO in sogenannten Sommercamps militärische Grundfertigkeiten an Kinder und Jugendliche und indoktrinierte sie mit einer betont gewaltbereiten Auslegung des Salafismus. Nach ihrer Auflösung gründete sich die AIO mit vergleichbaren Strukturen in den Organisationen Aatrij, InterActive und Atis wieder. Staatsschützer stellten solche Gebilde auch in Baden-Württemberg und Niedersachsen fest.

Erst im März vereinbarten Ciftci und Colakovic mit dem Hassprediger Zakir Abdul Naik bei einem Treffen in Istanbul, dass dieser im November und Dezember 2011 in Deutschland und Bosnien predigen solle. Gegen den Inder verhängten die Regierungen in Großbritannien und Kanada ein Einreiseverbot, weil sich Naik beispielsweise dafür ausspricht, Homosexuelle als "von Gott ungewollt zu töten". Gemeinsam mit Colakovic besuchte Ciftci außerdem während seiner Türkeireise am 14. März die Istanbuler Vertretung der "Isami Yardim Vakfi" (IHH). Die Organisation unterhält nach Recherchen des dänischen Terrorexperten Evan Kohlmann "seit mindestens fünfzehn Jahren intensivste Beziehungen zu nahezu allen islamistischen Terrorgruppen - darunter auch zu Al-Kaida".