Willi Herren (li) und Pierre Vogel Foto: dpa

Schauspieler Willi Herren von der „Lindenstraße“ lässt sich von Pierre Vogel und 300 Salafisten feiern.

Köln - 2007 mimte Schauspieler Willi Herren in der „Lindenstraße“ zum letzten Mal den Serien-Fiesling: Der durchtriebene Olli Klatt verließ den Münchener Straßenzug, um als Sänger am mallorquinischen Ballermann vom Alkohol umnebelte Partygäste zur späten Stunde bei Laune zu halten. Für Darsteller Herren ein Spiegelbild seines Lebens: Der Kölner verdient ebenfalls fortan sein Geld als Stimmungssänger, heimst für seine Liedchen grölenden Applaus ein.

Mindestens genauso laut, aber etwas anders wurde Herren am Samstag in seiner Heimatstadt gefeiert. „Allahu akbar“ schmetterte es ein Dutzend Mal aus knapp 300 Kehlen dem Willi entgegen. Ein „Gott ist groß“ für den schlüpfrigen Ballermann-Barden: Die deutschen Salafisten hatten einen neuen Liebling gefunden.

Nicht von ungefähr: Der umstrittene Salafisten-Prediger Pierre Vogel hatte den Darsteller auf die Miet-Laster-Bühne gelobhudelt: „Das ist der Willi Herren von der ,Lindenstraße‘.“ Balsam für die Seele eines Mannes, der sich im RTL-Dschungelcamp versuchte und ansonsten in den vergangenen Jahren auffiel, weil er mit dem Gesetz in Konflikt geriet. So wurde er 2008 mehrfach zu Bewährungsstrafen verurteilt, unter anderem wegen Fahrens ohne Führerschein, Trunkenheit am Steuer und Nötigung.

Herren findet Vogel „sensationell“

Alles vergeben und verziehen von seinem „Freund Pierre Vogel“, dessen „Videos bei You Tube“ der Willi Herren verfolgt. Der Pierre, begeistert sich die Stimmungskanone von der „Lindenstraße“, „ist ein sensationeller Mensch“. Und deswegen findet er auch den Ersten Islamischen Friedenskongress in Köln „ganz toll“, zu dem Vogel, Hassprediger Ibrahim Abou Nagie und der Mönchengladbacher Salafist Sven Lau eingeladen hatten. Vertreter für einen rückwärtsgewandten Ur-Islam – dessen Ziel es ist, eine Gesellschaft nach Regeln der islamischen Rechtsordnung Scharia zu errichten.

Willi Herren stand „schon die ganze Zeit“ beim Stelldichein der etwa 300 radikalen Muslime, von denen etwa zwei Dutzend aus Mannheim, Stuttgart, Ulm, Heilbronn, Heidelberg und dem Ortenaukreis angereist waren. Unter Willi Herrens neuen Fans auch solche, die Anfang Mai an einer gewalttätigen Demonstration in Bonn teilnahmen, bei der drei Polizisten niedergestochen wurden.

Eine Meinung für einen Tag

Ganz anders in Köln. Da stellte Schlagersternchen Herren fest, dass „das mit Hass hier überhaupt nichts zu tun hat“. Eine Meinung für einen knappen Tag. An dem will sich der 36 Jahre alte Mime über Pierre Vogel schlau gemacht haben, den er seit 15 Jahren kenne – aus einem Leben, vor dessen Zeit in einer „umstrittenen Organisation“.

Am nächsten Tag geht dem Schlagersternchen ein Licht auf

Im sozialen Netzwerk Facebook schrieb Herren in einer inzwischen gelöschten Nachricht, er habe seit Jahren keinen Kontakt zu Vogel gehabt, dessen Entwicklung „den Medien entnommen“. Für die herzliche Umarmung sei er „nicht gebucht“ gewesen, von den Zielen distanziere er sich: Was er „für eine unfassbare Welle lostreten“ würde, sei ihm nicht bewusst gewesen.

Der Groll von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ist Herren trotzdem gewiss. Der Politiker verlangte vom WDR Konsequenzen für den Kölner, der im März ein neues Engagement in der ARD-Kultserie erhielt. „Es darf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht der Eindruck entstehen, dass der Salafismus verharmlost oder gar gesellschaftsfähig gemacht wird“, mahnte Dobrindt. „Der WDR muss sich umgehend und eindeutig von dieser Sympathiebekundung distanzieren.“

Der Jubel der Salafisten bleibt Herren. So applaudieren wir, schmunzelte Kumpel Vogel vor dem Abgang und schrie: „Tekbir!“ Dem Ruf „Gebt mir ein ‚Gott ist groß‘!“ folgten bärtige Männer und verhüllte Frauen wie auf Befehl: „Allahu akbar!“