Das Paar reiste über die Türkei in den Norden Syriens Foto: EPA

Eine 22-jährige Konvertitin aus Tübingen ist ihrem Ehemann im Oktober in die Türkei gefolgt. Sie glaubte fest an einen erholsamen Urlaub vor der Geburt des gemeinsamen Kindes. Sie landete mitten im syrischen Kriegsgebiet – festgehalten von ihrem Mann, einem Schweizer Dschihadisten.

Stuttgart/Zürich - Ein aus dem Schweizer Kanton Thurgau stammender Dschihadist hält seit vergangenem Oktober seine 22 Jahre alte Frau, eine Tübingerin, gegen ihren Willen in Syrien fest. Das sind die Ergebnisse des Rechercheverbunds der Stuttgarter Nachrichten und des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF). Sowohl die Schweizer Bundesanwaltschaft als auch das Innenministerium Baden Württembergs bestätigen die Recherchen der beiden Medienhäuser.

Hier geht's zum Special Salafismus und Dschihadismus

Nach denen war der 20-jährige Schweizer mit türkischen Wurzeln im Herbst 2014 nach Syrien gereist, um sich dort dem el-Kaida-Ableger „Jabhat al-Nusra“ anzuschließen. Seine damals schwangere Ehefrau aus Tübingen folgte ihrem Mann freiwillig in die Türkei im festen Glauben, dort Urlaub mit dem Salafisten zu verbringen. Gemeinsam reiste das Paar über die türkische Stadt Kilis in den Norden Syriens unweit der umkämpften Metropole Aleppo. Unklar ist, ob der Schweizer die Tübingerin dazu überredete oder ob er sie nach Syrien verschleppte.

Fest steht jedoch, dass die Konvertitin seit Mitte Oktober 2014 von ihrem Mann an der Rückreise nach Deutschland gehindert und im Kampfgebiet Nordsyriens festgehalten wird. Das geht aus zahlreichen Audio-Aufnahmen und Telefonmitschnitten hervor, die den beiden Medien vorliegen. Zudem wird die junge Frau offenbar sowohl von ihrem Mann wie auch von Glaubensschwestern misshandelt. Vor wenigen Tagen brachte sie die gemeinsame Tochter zur Welt.

Aktuell befindet sich das Paar und das Baby nahe der hart umkämpften syrischen Stadt Idlib. Dort brachen vor fünf Tagen heftige Kämpfe zwischen dschihadistischen Terrorgruppen und Truppen des syrischen Diktators Baschar al-Assad um zwei Dörfer nördlich der Stadt aus.

Sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland ermitteln Staatsanwälte wegen Terrorismusverdachts gegen den Schweizer. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall bezeichnete den Fall der Tübingerin im Gespräch mit dem SRF und unserer Zeitung als „sehr dramatisch“. Es werde alles dafür getan, die gesunde Rückkehr der jungen Frau zu ermöglichen.