Markus Fischer baut in Rommelshausen schon in dritter Generation Rosenkohl an. Die Röschen werden maschinell vom Strunk getrennt. Der Rest ist Handarbeit. Foto:  

Im Januar hat Rosenkohl Saison. Rommelshausen im Remstal gehört deutschlandweit zu den fünf größten Anbaugebieten des Wintergemüses. Woran liegt das?

Kernen - Markusus hat wohl demnächst ausgedient. Zwar hat die Rosenkohlsorte, die auf Markus Fischers Feldern rund um Kernen im Remstal wächst, gut getragen in diesem Jahr. Die 40, 50 Röschen, die sich spiralförmig um den etwa 70, 80 Zentimeter langen Strunk herumwinden, sind schön voll und groß. Manche haben die Größe von Aprikosen. Doch manche der äußeren Blätter sind ein bisschen angeknabbert und haben kleine schwarze Flecken: „Da war ein neuer Schädling dran“, sagt Markus Fischer, „eine Fliege.“ Martinus scheint für diesen ungebetenen Gast anfälliger zu sein als andere Rosenkohl-Sorten, die Gemüse Fischer anbaut. Wenn demnächst die Aussaat beginnt, kommt Markusus bei Fischers wohl nicht mehr aufs Feld. Vielleicht kommt dann Cyrus: Diese Sorte mag die Fliege nicht so.

Markus Fischer pflanzt 30 Kulturen an. Der Rosenkohl ist eine davon, aber nicht die unwichtigste. Acht bis zehn Prozent seines Umsatzes erwirtschafte er mit dem Verkauf der Kohlsprossen. Auf drei der 20 Hektar, die der 44-Jährige bewirtschaftet, steht Rosenkohl. Und der steht dort lange. Schließlich ist die Ernte der späten Sorten noch nicht abgeschlossen, wenn die Aussaat für die nächste Saison schon wieder begonnen hat. Ende Februar, schätzt Fischer, werde er den letzten Rosenkohl geerntet haben.

Rommelshausen ist das größte Rosenkohl-Gebiet im Land

Kernen im Rems-Murr-Kreis liegt direkt vor den Toren Stuttgarts. In den beiden Ortsteilen Rommelshausen und Stetten leben gut 15 000 Menschen. Mehr als die Hälfte der Gemeindefläche wird landwirtschaftlich genutzt: Die Keuper- und Lössböden sind gutes Land. Auf insgesamt 15 Hektar wächst in Rommelshausen Rosenkohl, das entspricht etwa 15 Fußballfeldern. Damit gehört der Ort deutschlandweit zu den fünf größten Anbaugebieten des Wintergemüses, das von Oktober bis Februar geerntet wird. In Baden-Württemberg sind die Remstäler spitze, was die Anbaufläche angeht: Nicht ganz ein Drittel der kompletten Rosenkohl-Ernte im Land kommt aus Rommelshausen.

Woran das liegt? Markus Fischer zuckt mit den Schultern. „Der Boden und das Klima hier passen gut zum Rosenkohl“, sagt er – jedenfalls noch. Der Kreuzblütler mag schwere, humose Böden und konstante Temperaturen. Dass die Temperaturen wie in den vergangenen Jahren schon im Frühsommer fast die 40-Grad-Marke erreichten und die anhaltende Trockenheit machten aber auch dem Rosenkohl zu schaffen.

„Dabei macht es ihm als Tiefwurzler eigentlich nichts, wenn es mal drei, vier Wochen lang nicht regnet“, sagt Fischer. Aber in der Hauptwachstumsphase im August und September, wenn sich die Röschen bilden, braucht die Pflanze Wasser. Und wenn es konstant zu wenig geregnet hat, helfen auch die tiefen Wurzeln nichts: Dann ist der Boden auch in tieferen Schichten zu trocken. „Wasser ist mittlerweile ein großes Thema“, sagt der Gartenbauingenieur. „Ohne Bewässerung geht mittlerweile gar nichts mehr.“

Von einer Wetterabhängigkeit haben aber Neuzüchtungen die Gemüseanbauer befreit. „Früher benötigte der Rosenkohl zwingend mindestens einen Frost, damit er milder wurde“, erzählt der 44-Jährige. Das sei zumindest bei den frühen Sorten nicht mehr zwingend notwendig.

Markus Fischer leitet den Betrieb seit 17 Jahren. Die Familie bewirtschaftet den Hof in der Beinsteiner Straße in Rommelshausen in der dritten Generation. Rosenkohl gehörte dabei immer dazu. Schon der Großvater mütterlicherseits habe den Kreuzblütler angebaut, erzählt er. Damals war das Gemüse aber nur ein kleiner Teil der Landwirtschaft, die auch Vieh, Getreide, Obst und Wein umfasste. Im Laufe der Zeit habe man sich immer mehr spezialisiert. „Erst kam das Vieh weg“, dann verschwand der Rest.

Der Rosenkohl blieb. Dabei stand es schon einmal Spitz auf Knopf mit dem Rosenkohl der Fischers. Das Gemüse war aus der Mode geraten. Vor einigen Jahren sei der Preis so eingebrochen, dass er überlegt habe, aus dem Rosenkohl-Anbau auszusteigen. Aber zurzeit erfahren die kleinen, grünen Röschen aus Rommelshausen eine Renaissance. Die Verbraucher hätten regionale Produkte entdeckt, sagt Fischer. Davon profitiert auch die Vitaminbombe Rosenkohl, die nicht nur das Immunsystem stärkt, sondern auch gut ist für die Nerven.

Mit der Machete wird der Stängel abgehauen

„Hier läuft die Arbeit nicht vom Band, hier schafft man noch mit Herz und Hand“, steht auf einem Holzschild in der Lagerhalle Fischers. Davor steht die Maschine, die mit mehreren kleinen Messern die Röschen vom Strunk trennt. Die Ernte ist aber Handarbeit. Markus Fischer holt eine Machete aus dem Schlepper: Damit schneide man erst die oberen Blätter, dann den ganzen Rosenkohl-Stängel ab. Während der Wachstumsphase muss der Acker mit der Hacke regelmäßig vom Unkraut befreit werden. An jeder Pflanze werden zudem die Köpfchen ausgebrochen, damit die Röschen sich gut entwickeln können.

Pro Hektar erntet Fischers Betrieb, der in Spitzenzeiten bis zu zehn Mitarbeiter beschäftigt, etwa 16 Tonnen Rosenkohl. Das meiste davon, etwa 80 Prozent, verkauft er in Stuttgart auf dem Großmarkt. Sechsmal die Woche rollt der Lastwagen nachts um 2 Uhr vom Hof in Rommelshausen und fährt nach Stuttgart-Wangen. Den Rest verkauft er auf dem Stuttgarter Wochenmarkt, wo Fischers dreimal die Woche ihren Stand aufbauen. Auch einen Hofladen gibt es seit dem vergangenen Herbst, der von März an wieder freitagnachmittags die Türe öffnet.

Der Sterne-Koch Malathounis tüftelt an Rezepten

Auch die Gemeinde Kernen hat den Rosenkohl für sich entdeckt. Im vergangenen November hat sie dem örtlichen Exportschlager erstmals eine Party ausgerichtet, das Rokoko-Fest. Rund um das Rathaus wurden Rosenkohl-Quiche, Rosenkohl-Suppe und Rosenkohl-Eintopf aufgetischt. Markus Fischer und seine Kollegen servierten dazu Informationen über das gesunde Gemüse.

Der Stettener Sterne-Koch Joannis Malathounis, den das Magazin „Feinschmecker“ als „besten griechischen Koch Deutschlands“ bezeichnet, hat die Rezepte gemacht. Am Stand der Gemeinde auf der Tourismus-Messe CMT „wurde uns die Quiche aus den Händen gerissen“, sagt der Bürgermeister Stefan Altenberger.

Joannis Malathounis tüftelt derweil weiter am Thema Rosenkohl. „Wir wollen ein bisschen mit dem Gemüse spielen“, erklärt der Bürgermeister, „vielleicht kriegen wir ja etwas Süßes hin: eine Marmelade zum Beispiel.“ Bei der nächsten Touristikmesse auf den Fildern will die Gemeinde Kernen, die sich im kommenden Jahr an der Remstal-Gartenschau beteiligt, ein eigenes Rezeptbuch präsentieren – und eine Rosenkohl-Königin küren.