Sahra Wagenknecht bezichtigte Karl Lauterbach der Lüge bei der Talkshow von Markus Lanz. Foto: imago/Future Image/imago stock&people

Die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) bezichtigt im ZDF Karl Lauterbach der Lüge und fordert „ein Angebot“ an Moskau für Verhandlungen. Und Markus Lanz schafft es tatsächlich, sie mal zum Lachen zu bringen.

Stimmt ja gar nicht, dass Sahra Wagenknecht (BSW) nicht lachen kann, wie es manche Reportagen über sie kolportieren. Markus Lanz hat es in seiner Sendung geschafft. Aber erst klopfte er bei der BSW-Chefin in seiner Sendung am Donnerstagabend ihr laut eigenen Angaben kärgliches Fußballwissen ab: „Ich freue mich, wenn unsere Elf Tore macht.“

Und Wagenknecht kam dann rasch auf den Spieler Joshua Kimmich von Bayern München zu sprechen, den Impfgegner in Corona-Zeiten, über den sie einen beeindruckende Film gesehen habe. Der damals in der Pandemie ausgesprochene Impfdruck spalte immer noch die Gesellschaft, so Wagenknecht, und man müsse die Verantwortlichkeiten von damals endlich mal aufarbeiten.

Beispielsweise, dass der SPD-Politiker und Mediziner Karl Lauterbach damals in einer Sendung von Anne Will gelogen habe mit der Aussage, dass der Impfschutz „keine relevanten Nebenwirkungen“ habe. Diese Nebenwirkungen seien „völlig heruntergespielt“ worden, und wer auf sie hingewiesen habe, sei der Paranoia bezichtigt worden. Auch auf Nachfragen von Lanz blieb Wagenknecht bei ihrer Version, dass Lauterbach gelogen habe.

Lob für „tolle Unternehmer“

Lockerer wurde es dann bei der zweiten Warm-Up-Runde zum Thema Geselligkeit und der Behauptung, dass Sahra Wagenknecht eigentlich „nicht der Lagerfeuertyp“ sei und zu viele Menschen in einem Raum nicht gut vertrage. Da musste Sahra Wagenknecht dann doch heftig schmunzeln, die Linkspartei sei nicht so der Ort der geselligen Zusammenkünfte gewesen, sagte sie.

Aber es stimme schon: Sie sei als Einzelkind aufgewachsen „und ich bin nicht der geborene Truppenführer“. Die Arbeit im Team des BSW mit „tollen Leuten“ wie den Unternehmern Ralph Suikat und Shervin Hagshen, die sie kennengelernt habe, mache ihr aber Spaß. Dass ihre neue Partei sich als „Eliteclub“ gebärde und einen „Gesinnungstest“ bei Parteimitgliedschaftsanträgen durchführe, wie Lanz monierte, ließ Wagenknecht so nicht stehen.

Man habe jetzt bald 700 Mitglieder, auf Empfehlungen könne man Mitglied werden, man habe von der AfD gelernt, deren Gründerväter sich später von der Partei distanzieren mussten, weil sich die Partei inhaltlich völlig anders entwickelt habe. Deshalb lege man Wert darauf, dass Neumitglieder Inhalte und Profil des BSW mittragen.

Angebot an Putin gefordert

Natürlich darf in einer Sendung mit Wagenknecht der Russland-Ukraine-Krieg nicht fehlen, und zu, wiederholten Male forderte die Eingeladene bei Lanz Waffenstillstandsverhandlungen mit Russland, nachdem auch Präsident Wladimir Putin einen Vorschlag dazu gemacht habe. Die sowohl von Markus Lanz als auch von der Journalistin Kristina Dunz vorgetragenen Argumente – man könne mit einem Kriegsverbrecher und Aggressor nicht verhandeln, die Ukraine werde bei Putins genannten Bedingungen für ein Schweigen der Waffen „untergehen“ – ließ Sahra Wagenknecht nicht gelten.

Auch wenn Putin schon Ansprüche formuliert habe auf Gebiete, die er noch gar nicht erobert habe. „Das sagt Putin. Aber wir müssen als Westen doch gemeinsam mit der Ukraine ein Angebot formulieren, damit die Waffen schweigen.“ Ohne ein eigenes Angebot – vorgetragen oder vermittelt auch mit Hilfe von China oder Brasilien - könne man auch „nichts austesten“.

Ein Inhalt könne beispielsweise sein, dass im Donbass oder auf der Krim unter UN-Aufsicht eine Volksbefragung durchgeführt werde, zu welchem Land man gehören wolle. Das tägliche Sterben von jungen Männern an der Front aber müsse ein Ende haben und derzeit sei das Risiko einer Niederlage der Ukraine groß: „Dann haben wir hier vielleicht zehn oder zwölf Millionen Flüchtlinge vor unserer Haustür.“

Ein Soziologe stimmt zu

Ein klein wenig Solidarität erhielt Wagenknecht immerhin vom Soziologen Raj Kollmorgen (Hochschule Zittau/Görlitz), der sich für einen „vorbedingungslosen Waffenstillstand“ aussprach, aber der müsse vom Aggressor und dem Angegriffenen selbst ausgehandelt werden.

Kollmorgen machte darüber hinaus interessante Anmerkungen zur angeblichen Russland-Sympathie in Ostdeutschland, die er dementierte. Vorhanden aber sei im Osten eine höhere Verletzbarkeit gegenüber Krisen – etwa die von Wagenknecht zuvor angeführte Energieverknappung nach dem russischen Gaslieferstopp – und es gebe gerade bei älteren Ostdeutschen das bevorzugte Modell einer Äquivalenz der Wertschätzung gegenüber dem Osten und dem Westen. Das rühre vielleicht noch von uralten Brieffreundschaften mit Russen her oder dem Gefühl, dass „die USA uns auf der Nase rumtanzen“.

BSW-Frau als Ministerpräsidentin?

Um die Befindlichkeit des Ostens ging es auch wegen der dort anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Sahra Wagenknecht schloss zunächst auf Nachfrage von Markus Lanz aus, dass das BSW jetzt schon eine Kanzlerkandidatendiskussion führen sollte. „Wir hatten bei der Europawahl 6,2 Prozent. Da müssen wir mal auf dem Teppich bleiben.“ Erst bei zweistelligen Werten könne man über die K-Frage nachdenken. Immerhin könnte sich Wagenknecht die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf (BSW) als Ministerpräsidentin in Thüringen vorstellen, wo die AfD bei 29 Prozent, die CDU bei 22 Prozent, das BSW bei 20 Prozent und die Linke bei 14 Prozent liegt.

Ein Bündnis mit der CDU sei möglich, die müsse sich dann allerdings „bewegen“, etwa bei den Themen Bildung, Migration und Steuerfreiheit bei Renten bis 2.000 Euro – ein bundesweites Thema, dass über den Bundesrat durchgesetzt werden müsse. Eine Regierungsallianz mit der AfD schließt Sahra Wagenknecht aus: „Mit Höcke kann man nicht koalieren.“ Denn der sei ein Mann, der Hitler „nicht als das absolut Böse ansieht“. Eine entsprechende Bemerkung hatte der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke 2012 in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ gemacht.

Ausschließen will Wagenknecht aber nicht, dass das BSW auch Anträgen der AfD zustimmt. Entscheidend seien die Inhalte, und wenn die AfD als einzige Partei behaupte, der Himmel sei blau, stimme man dem zu. Im übrigen seien die Schnittmengen gering, gerade in der Sozialpolitik sei die AfD näher an FDP und CDU und habe Anträge des BSW auf besseren Mieterschutz oder einen höheren Mindestlohn abgelehnt.