Grün und idyllisch – so zeigt sich Mauren bis heute. Foto: Kreiszeitung Böblinger Bote/Thomas Bischof

Der Ursprung Maurens ist angeblich das Resultat eines Nachmittagsschläfchens, das die Frau von Kaiser Otto dem Großen im Jahr 962 auf der Hulb einlegte. So erzählt es eine Sage, die in einem ganz besonderen Geschichtsbuch steht.

Eine der bekanntesten Geschichten, die sich im Buch „Der Häseltrog“ findet, erzählt davon, wie der Markt von Mauren gegründet wurde. Darin erfährt man auch, wie schön und idyllisch die Böblinger Hulb einst ausgesehen haben muss, ehe sich dort in jüngerer Zeit Gewerbe- und Industriebetriebe niederließen.

Im Buch heißt es: „Wo der Wald zurücktritt und sich zur Rechten hin die Äcker derer von Böblingen breiten, man heißt das Gwand dort ‘unter der alten Burg‘, senkt sich die Straße bald in eine flache Mulde, die Hulb genannt. Dort führt ein Weg über ein Bächlein, das von Abend herkommt. Jenseits des Wassers stund eine kleine Feldkapelle, der heiligen Anna geweiht, beschirmt von zwei breiten Linden in vollem Blust, um deren hohe Kronen Bienen und Hummeln spielten und summten.“ So muss es dort ausgesehen haben im Jahr 962. 1062 Jahre später kann man sich das kaum noch vorstellten.

Süße Träume

Otto der Große (912-973) hatte sieben Jahre zuvor auf dem Lechfeld, einer Schotterebene bei Augsburg, die Ungarn besiegt, die in jener Zeit pflegten, ins Land einzufallen und Raubzüge nach Frankreich, Spanien und Norditalien unternahmen. Otto hatte dem ein Ende gemacht, im gleichen Jahr auch noch die Slawen besiegt, für Frieden und Stabilität gesorgt. 961 eroberte er zudem Italien, 962 ließ er sich in Rom von Papst Johannes XII zum Kaiser krönen. Otto der Große muss also bester Stimmung gewesen sein, als er im Sommer 962 nach Deutschland heimkehrte, mit kleinem Gefolge von Konstanz her nach Norden zog und im Schönbuch Pause machte. Der Schönbuch war Königsforst, Graf Anselm von Nagold, Herr in Ammergau und zu Tübingen, sein Verwalter. Anselm nahm den hohen Besuch in Empfang und geleitete ihn durchs Land. Bei Tälinsfurt (heute Kirchentellinsfurt) überquerte man den Neckar, auf des Königs Gutshof in Holzgerlingen machte man Mittagspause.

Das Gefolge zog weiter, viel langsamer, als man es heute tun würde. Als man die noch schöne Hulb erreichte, war die Kaiserin müde geworden und begehrte zu ruhen, im Schatten der dortigen Linden. Sie träumte vom Schönbuch, davon, wie sie auf einem weißen Zelter – einem leichten Reitpferd – durch den Wald trabte. „Allda sah sie zur rechten Seite einen freien Wiesenplan, durch den ein munterer, klarer Bach dahinfloss. Zwischen dem jenseitigen Waldrand und dem Ufer des Bächleins erblickte Frau Adelheid ein buntes und frohes Gewühl, wie von einem Markt oder Fest.“ Sie träumte Fanfarenklänge und bunt geschmückte, bewimpelte Zelte, die, wie von Geisterhand gerührt, zurücktraten, um einen breiten weißen Weg frei zu machen, auf dem ein großer Reiterzug voranschritt. Im Zug glaubte sie, ihre Söhne, Otto, den künftigen König, und Brun, seinen Bruder, zu sehen. Die Kaiserin und Mutter schwebte losgelöst über allem, ließ sich von einem Windhauch auf das Bild zutreiben – und erwachte.

Der Tross zieht weiter

Boten waren eingetroffen, machten Lärm, der Kaiser musste weiterreisen. Allerdings fand er zuvor die Zeit, seiner Gattin zuzuhören, die ihm ihren Traum erzählte. Und Otto der Große ließ sich von diesem Traum inspirieren. Er verlieh Graf Anselm das Recht, auf dem Wiesenstück, das seine Frau im Traum geschaut hatte, einen Markt abzuhalten. Anselm wusste, dass es sich bei diesem Stück nur um jenen Flecken im Schönbuch handeln konnte, der beim Volk „zu Mauren“ genannt wurde. Die gotische Wasserburg, die an diesem Ort entstand, wurde erst viel später, im 14. Jahrhundert, erwähnt. „Es ward also künftig allda ein Markt gehalten alle Jahre drei Tage lang zu des Kaisers Gedächtnis. Graf Anselm erhob einen kräftigen Marktzoll und gedachte dabei dankbar der Milde seines edlen Kaisers und Herrn.“

Auch das klingt ein wenig nach Marketing. Die Natur, vor allem die Höhe von Dagersheim, wird in der Maurener Gründungssage allerdings sehr schön beschrieben: „Zu beiden Seiten stand mannshoch reifendes Korn. Darüber her leuchtende blühende Mohnfelder im Glast des Mittags. Tiefblau stand der Sommerhimmel hinter weißen Wolkenschiffen.“ Ein leichter Wind erhob sich, als der Kaiser vorüber ritt: „Er strich über die Ackerbreiten hin, und es neigten sich die abertausend körnerschweren Ähren und die blütengekrönten Häupter des Mohns vor dem edlen Herrscherpaare.“ Und siehe da, auch das noch: „Eine Lerche stieg jubilierend himmelwärts.“

Das Geschichtsbuch „Der Häseltrog“

Serie
 Unter dem Titel „Der Häseltrog“ gab der Heimatgeschichtsverein für Schönbuch und Gäu im Jahr 1950 seine erste Publikation heraus. Gesammelt und bearbeitet wurden die Sagen von Eberhard Benz, die Illustrationen stammen von Waltraut Jasper. 1993 brachte der Verlag des Böblinger Boten eine Faksimile-Ausgabe heraus, die ebenfalls vergriffen ist. In einer Reihe unregelmäßiger Beiträge wollen wir den Geschichten aus dem Häseltrog nachspüren.

Beginn
„Das ist alles geschehen unter dem Himmel unserer Heimat, der sich über Gäu und Schönbuch wölbt, und unter den Wolken, die sich im Häseltrog spiegeln. Manche solcher Mären haben wir gesammelt und aufgeschrieben. Vernehmet sie nun, Ihr Lieben, zu eurer Ergötzung.“ So leitete Eberhard Benz damals seine Sammlung der Sagen ein.

Brunnen
Der der Publikation den Namen gebende „Häseltrog“ ist ein historischer Brunnen unterhalb der Burg Kalteneck in Holzgerlingen gelegen. Der Name soll von Haselbüschen stammen, die die Quelle, aus der der Sage nach Kinder entsprangen, einst umrahmt haben sollen.