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Die Familie Dachtler vom gleichnamigen Getränkeladen lässt eine alte Firmentradition wieder aufleben.

Weilimdorf - Fasziniert stecken die Kinder des Katholischen Kindergartens Salvator ihre Köpfe zusammen und schauen sich die Äpfel an, deren Saft sie gleich probieren dürfen. „Werden die Würmer auch mitgepresst?“, fragt ein Junge skeptisch. Benjamin Dachtler lacht und bejaht die Frage. Sein Ururgroßvater hat die gleichnamige Mosterei 1912 gegründet. Fritz Dachtler, Benjamins Großvater, baute die Firma aus und erwarb 1972 die laut eigener Aussage „modernste Mostereianlage Europas“. „Sie hat in 24 Stunden 25 000 Liter verarbeitet“, erinnert sich Fritz Dachtler. Mit dem Umzug der Firma an die Bergheimer Straße musste die riesige und auch laute Mostereianlage jedoch aufgegeben werden. Rund 20 Jahre später lassen Sohn und Enkel die Tradition wieder aufleben. Seit vergangenem Jahr können Hobbygärtner wieder ihre Äpfel zum Pressen vorbeibringen, seit diesem Jahr sogar mit einer neu angeschafften, verglichen mit frühen Tagen allerdings wesentlich kleineren Presse.

Eine Gruppe des Salvatorkindergartens hat vergangene Woche beim Saftpressen zugeschaut. Beim Probieren war die Angst vor Würmern schnell vergessen und der Ruf nach „Mehr!" wurde schnell laut. „Wir haben bei uns am Kindergarten einen Apfelbaum, der dieses Jahr zum ersten Mal viele Äpfel getragen hat“, sagt die Erzieherin Maria Peters. „Deshalb machen wir mit den Kindern ein Projekt zum Thema Apfel.“ Dazu gehöre das Beobachten des Bäumchens von der Blüte über das Wachsen der Früchte bis hin zur Ernte. Demnächst werden die Kinder gemeinsam Apfelmus zubereiten. „Es geht uns darum, dass die Kinder viel von der Natur erfahren“, erklärt die Erzieherin Lisa Stutzer die Projektidee.

Die Natur wertschätzen

Auch der Familie Dachtler ist ein achtsamer und nachhaltiger Umgang mit der Natur wichtig. „Wir möchten den Kindern vermitteln, dass Streuobstwiesen wichtig sind“, sagt Ulrike Dachtler. Rund um Stuttgart würden diese ganz einfach dazugehören. „Wenn man die Streuobstwiesen aber nicht pflegt und die Bäume nicht schneidet, gehen sie kaputt. Dann kauft man den Saft irgendwann nur noch aus dem Ausland – das wollen wir nicht“, betont Ulrike Dachtler. Mit dem Kauf der Apfelpresse möchte die Familie Dachtler Gartenbesitzer dazu animieren, ihre Bäume zu pflegen und sich die Mühe zu machen, das Obst aufzulesen. Wer sie zum Pressen an die Bergheimer Straße vorbeibringt, kann eine knappe Stunde später den Saft der eigenen Äpfel mit nach Hause nehmen. Vakuumiert verpackt in einer sogenannten „Bag in Box“ hält er sich etwa ein Jahr lang.

„Wir erhitzen den Saft etwa 30 Sekunden bis eine Minute lang auf 81 Grad Celsius. Bei dieser Temperatur bleiben wertvolle Vitamine erhalten, aber 99 Prozent aller Keime und Bakterien werden abgetötet“, erklärt Benjamin Dachtler. Das exakte Einhalten der Höchsttemperatur sei wichtig, da ab 83 Grad die Vitamine kaputt gehen würden. Jede Sorte sei unterschiedlich: Manche Äpfel würden besonders viel Saft abgeben, andere seien dafür besonders süß. Allerdings sei die Apfelernte dieses Jahr nicht besonders üppig, bedauert Benjamin Dachtler. Bislang seien zwischen drei und vier Tonnen an Äpfeln zum Pressen abgegeben worden.