Will Liebe verbreiten: Stefanie Heinzmann Foto: Benedikt Schnermann

Die letzten Jahre hat Stefanie Heinzmann in einer Sinnkrise gesteckt. Jetzt ist die Schweizer Sängerin zurück: Ihr neues Album strotzt vor Kraft und Optimismus.

Stuttgart - Das Gesamtpaket Stefanie Heinzmann erstrahlt elf Jahre nach dem Castingshow-Durchbruch der damals volljährigen Schweizerin in hellem Licht. Die dominierenden Farben auf dem Cover ihres fünften Albums, „All we need is Love“, sind Gelb und Orange, Heinzmanns Haar ist jetzt blond. Passend dazu setzt die Sängerin auf zuversichtliche Lieder, in denen es um Neuanfänge und, logisch bei dem Titel, um die Liebe geht.

Frau Heinzmann, Sie sind am 10. März 30 geworden. Haben Sie ordentlich gefeiert?

Nein, ich bin nicht so die Partymaus. Meine Geburtstage habe ich noch nie so gefeiert, seit ich kein Kind mehr bin. Ich hatte frei, war daheim im Wallis und habe mich mit lieben Menschen auf den Berg gesetzt.

Ist die 30 ein Einschnitt?

Nein, gar nicht. Das Älterwerden macht mir total Spaß. Ich finde, alles wird leichter, je weniger jung man ist. Ehrlich: Ich freue mich auf das Alter.

Sie tragen die Haare ja neuerdings schon in einer Art Grauton. Zur Vorbereitung?

Die Farbe habe ich schon seit zwei Jahren. Schon lustig, wie heftig die Leute auf die Haare reagieren. Ich weiß selbst nicht: Sind sie weiß, sind sie blond? Sind sie gräulich? Einer meiner besten Freunde ist Friseur, er wollte das unbedingt an mir ausprobieren. Ich fand das erst blöd, aber inzwischen mag ich die Farbe wirklich gern.

Heimat ist ein großes Thema auf „All we need is Love“, Ihrem ersten Album seit vier Jahren. Wie hat sich das ergeben?

Das Zuhause und meine Familie waren mir immer schon sehr wichtig. Ich lebe immer noch im Wallis, wo ich geboren wurde, ich will hier auch nicht weg. Ich wohne im Haus meiner Oma, die schon lange tot ist, und genieße es, hier meine Ruhe zu haben.

Was machen Sie, wenn Sie Ihre Ruhe haben?

Gerne gar nichts. Oder ich denke nach.

Worüber?

Zum Beispiel über mein Leben. Seit ich mit 18 die Castingshow mit Stefan Raab gewonnen hatte, war ich rastlos unterwegs. Mit Anfang 20 kannst du ewig durchhalten. Aber mit 27, 28 merkte ich, wie wahnsinnig müde ich plötzlich bin. Ich habe vieles hinterfragt und begriffen, dass ich mir zu wenig Zeit genommen hatte für mein Privatleben. Ich habe meine Freunde so oft vernachlässigt und versetzt, kam oft nur zum Schlafen und Kofferpacken nach Hause.

Woran haben Sie gemerkt, dass Sie nicht mehr können?

Ich wurde grantig ohne Grund, richtig dünnhäutig. Ich habe mich selbst fast nicht mehr wiedererkannt. Also habe ich mir eine lange Auszeit genommen und mir Gedanken darüber gemacht, was wäre, wenn ich aufhöre zu singen.

Was hätten Sie stattdessen machen wollen?

Schreinerin oder Hebamme. Ich liebe Holz und arbeite gern mit den Händen. Und Hebamme finde ich einfach einen unheimlich vielseitigen, verantwortungsvollen und wunderschönen Beruf.

Kann man die letzten zwei, drei Jahre als Sinnkrise bezeichnen?

Ich glaube schon, dass das eine Sinnkrise war. Mit 18 bin ich in diesen Job praktisch reingefallen. Ich habe nie hinterfragt, ob ich eigentlich in der Öffentlichkeit stehen will. Ich bin gar nicht so gestrickt, dass ich viel Aufmerksamkeit brauche.

Sie wirken durch Ihre Stimme automatisch wie eine extrovertierte Rampensau . . .

Ja, das ist lustig. Und ein großes Missverständnis. Mir macht es megaviel Spaß, auf der Bühne laut zu sein, zu schreien, zu tanzen, aber meine eigentlichen Hobbys sind Wandern und Lesen. Ich bin so ein ruhiger Mensch, das glaubt mir nur keiner (lacht).

Wie haben Sie Ihr Leben nach der Selbstfindungspause neu sortiert?

Nach den ersten Proben mit meiner Band wurde mir klar, dass ich Musik doch sehr liebe und dankbar sein kann für dieses Riesenprivileg. Also wusste ich: Ich mache weiter. Allerdings setze ich die Prioritäten anders, ich nehme mir viel mehr Zeit für meine Familie, Freunde, meinen Freund.

Das Album steckt voller Optimismus. Ist die gute Laune eine bewusste Botschaft?

Der rote Faden ist so ein bisschen, dass ich mich neu ins Leben verliebe. Ich sage: „Macht die Augen auf und nehmt bewusst wahr, wie wunderschön die Welt um euch herum ist.“ Wir leben in einer Gesellschaft voller Unsicherheiten und Ängste. Ich habe mir vorgenommen, ganz viel Liebe auf diese Welt zu bringen und jedem Menschen zu sagen, dass er großartig ist, so wie er ist.