Nordkoreanische Soldaten bei einem Propaganda-Auftritt. Foto: AP

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist angespannt: Das Regime in Nordkorea spricht von einem „Quasi-Kriegszustand“ und droht mit einer Militäraktion ab Samstagmorgen.

Seoul - Die Versetzung der nordkoreanischen Grenztruppen in höchste Gefechtsbereitschaft schürt auf der Halbinsel Sorgen vor einer Zuspitzung des Konflikts mit Südkorea. „Alle Frontlinien-Einheiten der Volksarmee sind in einen Kriegszustand eingetreten, um Überraschungseinsätze zu starten“, berichten die Staatsmedien. Die Vorbereitungen für Angriffe auf südkoreanische Stellungen seien abgeschlossen.

Der Drohung Nordkoreas war am Donnerstag ein Schusswechsel zwischen Artillerieeinheiten beider Länder an der Grenze vorausgegangen. Seoul gibt dem kommunistischen Regime von Machthaber Kim Jong Un in Pjöngjang die Schuld dafür. Dieses weist dies zurück. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief beide Länder zu „größtmöglicher Zurückhaltung“ auf.

Nordkorea fühlt sich vom Süden provoziert

Der nordkoreanische Botschafter in Russland, Kim Hyun Joon, wies die Vorwürfe zurück, das Militär des Landes habe das Feuer auf südkoreanisches Gebiet eröffnet. Pjöngjang sei nicht an einer Eskalation der Lage interessiert, betonte Kim nach einer Meldung der Agentur Interfax in Moskau. Er fügte an: „Durch die militärischen und politischen Provokationen der USA und Südkoreas steht die koreanische Halbinsel am Rande eines Krieges.“

Nordkorea fühlt sich durch Propagandasendungen, die nach elf Jahren Unterbrechung wieder im Grenzgebiet von Südkorea per Lautsprecher gen Norden verbreitet werden, provoziert. Pjöngjang hatte Südkorea ultimativ aufgefordert, binnen 48 Stunden alle Lautsprecheranlagen entlang der entmilitarisierten Zone (DMZ) abzubauen. Das Ultimatum läuft den Staatsmedien zufolge an diesem Samstag ab. Die Propagandasendungen enthalten unter anderem Radioprogramme über das Leben in Südkorea.

Auch durch ein südkoreanisch-amerikanisches Militärmanöver fühlt sich Nordkorea herausgefordert. Wie ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums mitteilte, wurde die Übung, die am Mittwoch kurzzeitig ausgesetzt worden war, am Freitag wieder aufgenommen. Die Unterbrechung habe dazu dienen sollen, sich mit Südkorea abzustimmen. Nordkorea bezeichnete die Übungen als Vorbereitung einer US-Invasion des Nordens. Die USA beharrten mit Südkorea auf dem angeblich defensiven Charakter der Übungen.

Aus Nordkorea hieß es am Freitag weiter, die Truppen warteten auf den Angriffsbefehl. Die „Mittel der psychologischen Kriegsführung“ auf südkoreanischer Seite seien in Reichweite von Raketenwerfern sowie der taktischen und strategischen Raketenkräfte.

Südkorea warnt den Norden vor Provokationen

Südkoreas Verteidigungsminister Han Min Koo warnte Nordkorea vor neuen Provokationen. Die Streitkräfte würden dafür sorgen, dass Nordkorea „einen bitteren Preis dafür zahlen wird“.

Eine Sprecherin des UN-Generalsekretärs, der aus Südkorea stammt, sagte in New York, Ban verfolge die Situation sehr aufmerksam und sei sehr besorgt über die jüngsten Entwicklungen. „Beide Seiten müssen von allen Maßnahmen absehen, die die Spannungen erhöhen könnten.“ Er rief die Länder zu Gesprächen auf, um die Spannungen abzubauen. Japan rief Nordkorea zur Zurückhaltung auf.

Nordkorea hat bereits mehrmals den Kriegszustand ausgerufen, zuletzt vor zwei Jahren. Eine Eskalation blieb damals aus. Die Koreaner befürchten, dass ein Konflikt an der Grenze schnell außer Kontrolle geraten könnte.

Südkorea hatte nach eigenen Angaben am Donnerstag als Reaktion auf den Beschuss mit einer Rakete und anderen Artilleriegeschossen durch Nordkorea mehr als zwei Dutzend Granaten auf die nördliche Seite der Grenze abgefeuert. Nordkorea könnte mit der Rakete auf die Lautsprecher gezielt haben, hieß es. Verletzt wurde niemand. Nordkorea bestritt, eine Rakete gestartet zu haben.

Die Spannungen zwischen beiden Staaten hatten sich deutlich erhöht, nachdem zwei südkoreanische Soldaten bei der Explosion von mutmaßlich nordkoreanischen Landminen verletzt worden waren. Südkorea wirft der nordkoreanischen Volksarmee vor, vor kurzem Antipersonenminen auf südlicher Seite der entmilitarisierten Zone vergraben zu haben. Nordkorea bestreitet das. Als Reaktion auf den Vorfall in diesem Monat hatte Südkorea nach elf Jahren wieder seine Beschallungsaktion an der Grenze aufgenommen.