Die Schlichtungs-Gespräche zu Stuttgart 21. Foto: dapd

Update: Dialog zu S21 mit Schlichter Geißler geht weiter - Gegner hatten zuvor unterbrochen.

Stuttgart - Gegner und Befürworter des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben unter der Leitung des Vermittlers Heiner Geißler ihren Dialog aufgenommen. Die Seite der Projektträger wurde am Freitag im Stuttgarter Rathaus von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) angeführt.

„Ich bin sehr optimistisch, sonst wäre ich nicht hier“, sagte der Regierungschef. „Alle an den Tisch, alles auf den Tisch“, sei das Motto der Gespräche. Unter den sieben Vertretern der Projektgegner war auch Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann.

Zu Beginn des Treffens mussten die gegnerischen Parteien aber noch einen Streitpunkt ausräumen. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 dringt darauf, dass die Vorarbeiten für das Grundwassermanagement am Bahnhof während der Treffen ausgesetzt werden. Das hatten Mappus und die Bahn bisher abgelehnt. Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass es nach diesem Gespräch weitere Treffen geben werde. „Ich bin optimistisch, weil es uns jetzt gelingt, Sachargumente auszutauschen.“

Nach gut zwei Stunden hatte die Gegner von Stuttgart 21 das Vermittlungsgespräch allerdings unterbrochen, um zunächst allein weiter zu beraten. Wie es aus Teilnehmerkreisen hieß, geht es weiter um die Bedingung, die die Gegner für die Fortsetzung der Schlichtung stellen. Das Aktionsbündnis hatte erneut gefordert, dass die Vorarbeiten für das Grundwassermanagement im Schlossgarten während der Gespräche ausgesetzt werden. Am Nachmittag wurden die gemeinsamen Gespräche dann fortgesetzt.

„Wir müssen diesen Knackpunkt jetzt besprechen“

Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis sagte: „Wir erwarten, dass das Land und die Bahn sich einen Schritt auf uns zu bewegen.“ Es dürften keine weiteren Fakten beim Grundwassermanagement geschaffen werden. „Wir müssen diesen Knackpunkt jetzt besprechen.“

Neben Mappus und Gönner nahmen für die Befürworter Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Thomas Bopp (beide CDU) von der Region Stuttgart, Bahnvorstand Volker Kefer, der Amtschef im Umwelt- und Verkehrsministerium, Bernhard Bauer, sowie Florian Bitzer für die Initiative „Pro Stuttgart 21“ teil.

Für die Gegner saßen außer Kretschmann und Rockenbauch der Grünen- Verkehrsexperte Werner Wölfle, BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender, Gangolf Stocker von der Initiative „Leben in Stuttgart - kein Stuttgart 21“, Fritz Mielert von den „Parkschützern“ und der frühere Präsident der Bundesarchitektenkammer, Peter Conradi, mit am Tisch.

"Wir eröffnen damit einen völlig neuen Weg der Bürgerbeteiligung“

Erst am Donnerstagabend hatten sich die Gegner nach stundenlangen Verhandlungen mit Geißler auf den Auftakt der Gespräche geeinigt. In den vergangenen Wochen waren zwei Anläufe für einen Dialog gescheitert. Bei dem Gespräch hinter verschlossenen Türen soll auch das weitere Prozedere geklärt werden. Geißler hofft nicht nur auf einen offenen Meinungsaustausch über die Vor- und Nachteile von Stuttgart 21. „Wir eröffnen damit einen völlig neuen Weg der Bürgerbeteiligung“, hatte der frühere CDU-Generalsekretär erklärt. Die weiteren Gespräche sollten im Fernsehen und Internet übertragen werden können.

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat derweil die Bedeutung von Stuttgart 21 für Europa betont. „Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava ist eine extrem wichtige transeuropäische West-Ost-Achse“, sagte Kallas der „Rheinischen Post“. Die EU-Kommission lege allergrößten Wert darauf, dass sie gebaut werde. Stuttgart 21 bilde dabei „ein Kernstück dieser Magistrale“, betonte der Vizepräsident der Kommission.

Wegen der massiven Proteste gegen Stuttgart 21 und andere Großprojekte fordert die deutsche Wirtschaft, die Einspruchsrechte der Bürger zu begrenzen. „Wir haben im weltweiten Vergleich eine einmalige Beteiligung von Bürgern und Verbänden“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, der „Berliner Zeitung“. „Manchmal müssen wir aber überlegen, ob das nicht zu viel und zu langwierig ist und es am Ende sogar mehr schadet als nützt.“

Das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt Stuttgart 21 sieht den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante ICE-Neubaustrecke nach Ulm vor.