Die Blockrandbebauung der Vordergebäude ist gewünscht. In den Hinterhöfen soll nach Möglichkeit mehr grün entstehen und sensibel agiert werden. Foto: red

Der Rahmenplan Talgrund sieht vor, Flächen im Stadtbezirk zu entsiegeln und Grünflächen zu maximieren.

S-West - Der rote Faden des Rahmenplans Talgrund Stuttgart-West ist eigentlich ein grüner. Denn die Intention des Regelwerks, das derzeit die Verwaltung erarbeitet, ist die Maximierung von Grünflächen und Freiräumen. Sprich, der Westen soll grüner werden oder zumindest langfristig keine Grünflächen einbüßen. Dabei soll das Wohnpotenzial ausgenutzt und trotzdem die von der Politik und Verwaltung favorisierte Innen- vor Außenentwicklung berücksichtigt werden. Keine einfache Aufgabe für einen so dicht besiedelten Bezirk, wie es der Westen ist.

Die Quadratur des Kreises, nannte der Grünen-Stadtrat Peter Pätzold das Vorhaben, Baupotenzial zu nutzen und gleichzeitig Freiräume zu schaffen. Und auch Stadträtin Roswitha Blind (SPD) sprach von „Zielen, die sich widersprechen“. Und dennoch, so der einhellige Tenor in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik (Uta), in dem diese Woche der bisherige Entwurf des Rahmenplans vorgestellt worden ist, sei dieses Regelwerk wichtig und der richtige Weg. (Im Bezirksbeirat am 16. Juli, 18.30 Uhr, Bürgerzentrum, Bebelstraße 22, wird es noch eine Präsentation geben).

Eine Orientierungshilfe ohne Rechtsverbindlichkeit

Der Rahmenplan Talgrund Stuttgart-West soll analog zum bereits existierenden Rahmenplan Halbhöhenlage eine Orientierungshilfe mit Richtlinien sein, wo und in welchem Maß gebaut werden darf. Er hat keine Rechtsverbindlichkeit, was bedeutet, dass beispielsweise Bauanträge nicht mit Verweis auf den Rahmenplan abgelehnt werden können. Überhaupt gebe es, darauf verwies Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) in der Sitzung, „viele Einzelfälle, die im Einzelnen betrachtet werden“ müssen. Aber der Rahmenplan drückt, sobald er vom Gemeinderat beschlossen ist, den politischen Willen der Stadt aus.

Dass für diesen Rahmenplan der Westen ausgesucht worden ist, ist kein Zufall. Der Stadtbezirk ist eng bebaut, knapp 50 000 Menschen leben dort. Ein Großteil des Bezirks liegt im Stadtkessel. Einige Gebiete, darunter der süd-östliche Teil der Rotebühlstraße und der Bereich um die Rotebühl-/Schwabstraße sind bis zu 100 Prozent versiegelt, in der Folge kommt es im Sommer zu einer starken Aufheizung. Belüftet wird der Stadtbezirk über die Kaltluftströme, die von der Karlshöhe über die Reinsburgstraße einerseits, und vom Botnanger Sattel über die Bebel- und Rosenbergstraße andererseits in den Westen wehen. Diese Luftschneisen von Bebauung frei zuhalten, ist auch ein Ziel des Rahmenplans Talgrund.

Grünflächen helfen bei der Kühlung des Bezirks

Neben der Kaltluftströme schützen vor der übermäßigen Aufheizung des Bezirks die öffentlichen Flächen wie Parks und Grünanlagen, aber auch Schulhöfe, die häufig einen hohen Baumbestand aufweisen, und die im Westen so typischen Hinterhöfe. „Unser Ziel ist es, bei Bauanträgen künftig auf das Grünvolumen in den Hinterhöfen zu achten“, sagte Ingrid Schwörer vom Stadtplanungsamt, die den Entwurf des Rahmenplans im Uta vorgestellt hat.

Für fast den gesamten Talgrund des Westens gilt die Baustaffel 2, der seit 1935 geltenden Ortsbausatzung. Diese erlaubt auf einem Grundstück eine Bebauung von 50 Prozent, bei Vordergebäuden 40 Prozent. „Künftig soll nicht mehr als 40 Prozent genehmigt werden“, sagte Schwörer. Das Ziel wäre, die Hinterhöfe zu entsiegeln, zu begrünen und die Autos nach Möglichkeit in Tiefgaragen unterzubringen. „Die Blockrandbebauung der Vordergebäude soll beibehalten werden“, so Schwörer. Im Blockinnenbereich hat die Verwaltung hohe Erwartungen bei neuen Bauvorhaben. Und wenn dafür ein Regelwerk nicht ausreiche, könne im Einzelfall auch ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden, damit die Erwartungen erfüllt werden.

Anreize für Bauherren und Eigentümer schaffen

Allerdings wünscht sich die Verwaltung auch, dass es Anreize gibt für Bauherren oder auch Eigentümer, die in ihrem Bestand etwas zu Gunsten der Begrünung verändern wollen. „Zum Thema Entsiegelung von Höfen müsste ein Programm geschaffen werden“, so Schwörer. Und auch bei Dachbegrünungen wäre ein Zuschuss wünschenswert. Diesen hatte es früher mal gegeben. Momentan erhalten Interessierte lediglich eine Beratung seitens der Stadt.

Ein Beispiel für eine gelungene Entsiegelung des Innenhofs ist das Rossbollengässle, das auch die beiden Stadträte Peter Pätzold und Alexander Kotz (CDU) erwähnten. Dort wurde ein Haus abgerissen, ein Spielplatz und viel Rasenfläche begrünen den Hof, unter dem eine Tiefgarage gebaut wurde. Nicht gelungen ist es an der Lindenspürstraße, wo ein grüner Innenhof bebaut wurde. Ein aktuelles Bauprojekt, die Umnutzung des ehemaligen Oberschulamts an der Breitscheidstraße in Wohnraum, das auch einen Innenhof betrifft, stoße laut Baubürgermeister Hahn bei den Anwohnern auf „große Akzeptanz“. Dort wird der Hof momentan als Parkplatz genutzt – wie an vielen anderen Orten auch.

Parken ist das Thema, das die Westler bewegt

„Neben dem Grün sind doch Stellplätze das Thema, das die Bewohner des Westens umtreibt“ sagte Kotz. Er vermisse diese Thematik im Rahmenplan. „Das sollte der zweite rote Faden sein.“ Auch Roswitha Blind hält dies für ein wichtiges Thema und schlug vor, im Westen ein Pilotprojekt für Carsharing zu starten. „Das wäre die eleganteste Variante, Parkraum zu schaffen“, sagte sie. Und auch FDP-Stadtrat Günther Stübel kritisierte, dass bei der Vorstellung des Entwurfs das Thema Parken mit keinem Wort erwähnt wurde. „Darüber muss man sich Gedanken machen“, sagte er, „denn es liefert ein hohes Diskussionspotenzial bei den Westlern“, so Stübel.

Das aber, so Hahn, sei ein Thema, dass „wir gesondert abhandeln müssen“. Im Rahmenplan gehe es nur um die bauliche Dichte und Begrünung und Parken müssten nicht unbedingt ein Widerspruch sein. „Man kann auch Entsiegeln und trotzdem Parken“, so Hahn. CDU-Stadtrat Kotz überzeugte dies nicht. „Es geht bei diesem Thema um Wohnqualität eines Gebiets. Und da gehört das Parken dazu.“