Die Markuskirche muss personell Federn lassen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Zwei Kirchengemeinden müssen fusionieren, weil die evangelische Kirche Personalkosten sparen will.

S-Süd - Degerloch - Noch ein gutes Jahr ist es hin, dann ist die Haigstgemeinde in ihrer heutigen Form Geschichte. Denn am 1. Januar 2019 fusioniert sie mit der Markusgemeinde. Das hat Pfarrerin Anja Wessel am Mittwochabend bei einer Gemeindeversammlung in der Haigstkirche bekannt gegeben. Mit der Fusion reagieren die Verantwortlichen der beiden Gemeinden auf den von der Landessynode beschlossenen „Pfarrplan 2024“. Dieser sieht vor, die Pfarrstellen im Kirchenkreis Stuttgart bis Ende 2024 von 35 auf 29,5 Stellen zu reduzieren. Betroffen ist auch die halbe Pfarrstelle der Haigstgemeinde. Sie fällt zum 31. Dezember 2024 weg.

Doch durch die Fusion mit der Markuskirche hätte die zusammengelegte Gemeinde nach der Umsetzung des Pfarrplans 2024 zwei Pfarrstellen, von denen eine dem Haigst zugewiesen werde, sagte Wessel. „Wir sind mit dieser Entwicklung zufrieden. Das bedeutet, dass es zur derzeitigen Situation kaum eine Verschlechterung gibt.“ Sie stellte klar, dass das Gebäude nicht zur Disposition stehe und als Predigtstätte erhalten bleibe. Zudem sei die Seelsorge gewährleistet. Weil durch die Fusion Verwaltungsaufgaben gebündelt würden, entstehe sogar mehr Freiraum.

Die Pfarrerin sieht andere Herausforderungen

In der Markuskirche gab es bislang eindreiviertel Pfarrstellen, berichtet der Vorsitzende des Kirchengemeinderates Karl Stahr. Die neue, fusionierte Gemeinde stehe mit künftig zwei Pfarrstellen gar nicht so schlecht da. „Das sind nur 25 Prozent weniger als bisher“, so Stahr. Andere trifft es härter: Der Süden mit Heslach und Kaltental muss insgesamt 125 Prozent, also 1,25 Stellen aufgeben. „Das ist der augenblickliche Stand.“ Der Kirchenkreis muss am 3. März 2018 diese Personalfragen erst noch beschließen, und der Oberkirchenrat danach abschließend darüber entscheiden.

Die württembergische Landeskirche insgesamt befindet sich derzeit inmitten einer großen Umstrukturierung. Weil bis 2024 rund 13 Prozent der Pfarrstellen wegfallen, soll es mehr Kooperationen von Gemeinden geben. Der Hintergrund dieser Entwicklung ist die seit Jahren sinkende Anzahl der Kirchenmitglieder, die sich auch finanziell bemerkbar macht. Die evangelische Kirche will deshalb unter anderem an den Personalkosten sparen.

Die Degerlocher Pfarrerin Anja Wessel sieht die eigentliche Herausforderung der Haigstkirche nicht im Pfarrplan selbst, sondern in langfristigen gesellschaftlichen Entwicklungen. „Traditionsabbruch und Entkirchlichung sind im Alltag in der Arbeit mit Jugendlichen mit Händen zu greifen“, sagte sie. Ein Blick in die Runde der etwa 50 Personen, die am Mittwoch in der Kirche erschienen waren, bestätigte Wessels Aussage: Kaum eine Handvoll war jünger als 30 Jahre. Mit der Markusgemeinde bestehe seit geraumer Zeit Kontakt. Prognosen zufolge soll die Haigstgemeinde 2024 etwa 670 Mitglieder haben, die fusionierte Gemeinde mit den 3200 Mitgliedern der Markusgemeinde dann etwas weniger als 4000.

Nun könne die Gemeinde nicht mehr mitreden

Der Erhalt der Kirche als Predigtstätte sowie die Aufrechterhaltung des Gemeindelebens seien Prioritäten, die man durch die Fusion erreichen könne, sagte Olaf Grosch, Vorsitzender des Kirchengemeinderats. „Haigst- und Markusgemeinde haben bereits in den vergangenen zwei Jahren einiges gemeinsam ausgelotet.“ So habe man unter anderem den Konfirmationsunterricht bereits gemeinsam gestaltet. In den kommenden Monaten wolle man über Kernpunkte wie Finanzen, den neuen Namen und die Zukunft der Haigststiftung sprechen.

Deren Vorsitzender Dieter Franke hatte sich zu Wort gemeldet, nachdem die Versammlungsteilnehmer sich zunächst in Kleingruppen über die neue Information ausgetauscht hatten. „Die Diskussion hätte man vor einem Jahr haben müssen, als noch nichts beschlossen war“, kritisierte er. Nun könne man die Information nur noch annehmen, aber nicht mehr mitbestimmen, Fahrplan und Fusion seien bereits beschlossen. Den Neuigkeiten konnte er aber auch Positives abgewinnen: „Es beruhigt mich, dass das Gebäude bestehen bleibt und dass die seelsorgerische Arbeit gesichert ist“, sagte Franke. Er forderte, den Namen „Haigst“ in der künftigen Gemeinde zu erhalten, außerdem sollten mindestens zweimal monatlich und an den Festtagen Gottesdienste stattfinden.

Die Gemeinde der Markuskirche soll am kommenden Sonntag, 10. Dezember, um 11 Uhr im Anschluss an den Gottesdienst über die aktuelle personelle Entwicklung informiert werden.