Foto: Heike Armbruster

Warum ein seltsames kleines Türmchen seine Heimat oberhalb des Marienplatzes gefunden hat.

S-Süd - An der Fahrstrecke der Zacke steht seit 1990 ein hübsches, kleines Türmchen im neugotischen Stil. Es befindet sich auf der Grünanlage über dem Tunnel nahe der Liststraße. Viele Pendler fahren tagtäglich auf ihrem Weg von und zur Arbeit daran vorbei. Spaziergänger passieren es, jedoch viele ohne zu wissen, was es mit dem Türmchen auf sich hat. Dieses hat weder eine Tür noch Fenster, noch befindet sich an der Außenwand ein Hinweis auf seine Daseinsberechtigung.

Eine allzu große hat es auch nicht. Das Türmchen ist ein Überrest. Ein Überrest aus Zeiten, als die SSB ihre Hauptverwaltung noch am Marienplatz hatte. Es ist eine Erinnerung an die alte Wagenhalle des Straßenbahnunternehmens. Seit dem Jahr 1895 stand am Marienplatz, für damalige Verhältnisse bereits ein Verkehrsknotenpunkt, ein großes, schmuckes Gebäude mit eben dieser Wagenhalle.

Darin waren nicht nur der Straßenbahnbetrieb und die Beiwagen untergebracht, sondern auch die Hauptverwaltung der SSB. „Das waren die höchsten, heiligen Hallen der SSB“, weiß Joachim Knupfer, Pressesprecher bei der SSB. Verspielt wie eine kleine Ritterburg müsse man sich das Gebäude vorstellen. „Fast hätte man sich in Ehrfurcht davor verneigen müssen“, meint Knupfer. Heute befindet sich die Tunnelmündung des Heslacher Tunnels an dieser Stelle, weiß er zudem.

„Es war an sich ein sehr schönes Gebäude“

Doch zurück zu dem Türmchen. Sein ursprünglicher Platz war bis zum Jahr 1990 natürlich an der Filderstraße, wo auch einst das SSB-Gebäude stand. Als dieses von der Stadt Stuttgart aufgekauft und abgerissen wurde, ist das Depot-Türmchen sorgfältig abgebaut und wenige Meter entfernt oberhalb des Portals des Heslacher Tunnels wieder aufgebaut worden.

Fast 100 Jahre hatte die SSB ihre Hauptverwaltung in diesen Gebäuden. „Ursprünglich waren diese für die Stuttgarter Pferdebahn konzipiert worden“, erzählt Knupfer. Wenig später wurden sie allerdings für den Nahverkehr umgebaut. Bis 1962 seien sie in Betrieb gewesen. „Dann gab es größere, modernere Wagen, die auch nicht mehr in den Tunnel gepasst hätten“, meint Knupfer. „Es war an sich ein sehr schönes Gebäude“, bedauert er. Doch die SSB habe keine Verwendung mehr dafür gehabt, die Hauptverwaltung wurde nach Möhringen verlegt. Vor 22 Jahren wurden die Gebäude dem Erdboden gleich gemacht, nur das Türmchen bekam eine neue Heimat. Der damalige Architekt wollte es erhalten. 17 Tonnen schwer ist das Türmchen, das auf der Grünanlage an der List-straße seinen neuen Platz gefunden hat. Und noch mehr: Das schwere Stück hat dort sogar einen Sockel bekommen.