Bertram Maurer vom Verein Garnisonsschützenhaus beschreibt mit Hagen Müller, einem der Friedhofsgärtner, wie der Dornhaldenfriedhof geplant wurde. Foto: Petra Mostbacher-Dix

Auf dem Dornhaldenfriedhof ist bis 1969 scharf geschossen worden – als er noch ein Schießstand war. Bertram Maurer vom Verein Garnisonsschützenhaus hat über das Gelände und durch dessen Geschichte geführt.

S-Süd - Auf dem „Gruß vom Schießplatz Dornhalde bei Stuttgart“ zielen zwei Soldaten aufeinander. „Für Fotos ging das, sonst war es verboten“, betonte Bertram Maurer vom Verein Garnisonsschützenhaus, als er über den Dornhalden-Friedhof führte und die Postkarte, die etwa aus dem Jahr 1910 stammt, zeigte. Denn bis 1969 wurde an dem Ort, wo sich heute Gräber befinden, scharf geschossen – heute noch erkennbar an zwei begrünten Längswällen. „Der Schießplatz wurde 1868 angelegt von der Königlichen Garnison Stuttgart“, so der promovierte Diplommathematiker, der die Geschichte des Orts aufgearbeitet hat. „Um das Jahr 1900 schossen hier 300 bis 400 Soldaten täglich – und zwar in Richtung Wald. Der Schießplatz verfügte über neun Schießbahnen, die jeweils 400 Meter lang waren.“ Das Garnisonsschützenhaus indes – das Backsteingebäude wurde 1893 und 1894 nach den Plänen des Königlichen Garnisonsbauinspektor Schneider erbaut – beherbergte die Kantine, die Offizierszimmer, in einem Anbau waren Scheibenwerkstatt, in Hilfsgebäuden Pferdestall, Waschküche sowie Magazine für Geräte, Zielscheiben und Pulver untergebracht. „Erhalten sind ein Geräteschuppen und ein Gerätemagazin“, so Maurer. Auch eine Maschinengewehrbahn gab es, die aber wohl erst zu Ende des Ersten Weltkriegs eingerichtet worden war.

Hinrichtungen auf der Maschinengewehrbahn

Nach Maurer ist das Gelände auch zur Weimarer Republik entsprechend genutzt worden. Nachweislich wurden unter den Nationalsozialisten auf der Maschinengewehrbahn Todesurteile vollstreckt. „Einer davon war 1942 Gustav Stange, der sich geweigert hatte, seinem Stellungsbefehl nachzukommen, im Jahr 1944 der Chordirektor und Organist Ewald Huth. Er hatte stets vor den Nazis gewarnt.“

Und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde weiter geschossen: Die Polizei übte dort mit ihren Waffen, auch amerikanische Soldaten. „Hinter dem Hügel liegt Stuttgart-Sonnenberg. In den Archiven finden sich Beschwerdebriefe von Wengertern wegen der Kugeln, die ihnen um die Ohren flogen.“ Als dann in Sonnenberg amerikanische Soldaten einquartiert wurden, hätten die Beschwerden aufgehört.

Es wurde eng auf dem Friedhof

Danach übte die Bundeswehr, bis 1970 die Stadt Stuttgart Gebäude und Grundstück vom Bund kaufte. „Da es in dieser Zeit in Stuttgart an Grabstätten mangelte, es auch auf dem Waldfriedhof nebenan, der 1913 eröffnet worden war, eng wurde, kamen die Pläne eines Friedhofs auf. Er sollte der modernste seiner Zeit werden!“ 1974 wurde der erste Teil errichtet, mit allerlei skulpturalen und bestattungsrituellen Beispielen und Vorgaben. Allein ein Grabstein zeugt heute noch davon. „Letztlich waren diese Vorgaben zu gut gemeint, das Konzept funktionierte nicht, es war teuer. Der zweite Teil wurde erst 13 Jahre später eröffnet“, so Maurer. Auf dem Friedhof, einst für 4400 Personen gedacht, sind heute circa 750 Gräber zu finden, hinzu kommen Flächen mit anonym Bestatteten. „Zunehmend lassen sich Menschen feuerbestatten oder in Friedwäldern“, so der zuständige Friedhofsgärtner Hagen Müller.

Zu den Prominenten, die auf dem Dornhaldenfriedhof ihre letzte Ruhe gefunden haben, gehören unter anderem die Schriftstellerin Margarete Hannsmann, der Philosoph und Semiotiker Max Bense sowie seine Frau Elisabeth Walter. Bundesweit bekannt wurde der Dornhaldenfriedhof 1977, weil dort der damalige Oberbürgermeister Manfred Rommel – trotz Protesten – die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe bestatten ließ.