Auch in der Sandbergstraße stehen die Autos inzwischen dicht an dicht. Foto: Zweygarth

Das Land nutzt immer mehr einstige Wohnungen als Büros. Die Landesbediensteten parken auf der Straße.

S-Ost - Die Gänsheide im Osten bietet fast alles, was sich der anspruchsvolle Stuttgarter mit dem notwendigen Kleingeld wünscht: gehobene Wohnlage, angenehmes Umfeld, im besten Fall eine Aussicht und wenigstens noch Reste von Einkaufsinfrastruktur im Stadtteil. Trotzdem muss sich der Halbhöhenbewohner jetzt mit Problemen beschäftigen, die sonst nur aus dem tiefsten Stuttgarter Westen und Süden zu hören sind – mit Parkplatzproblemen und Schleichwegfahrern.

Verursacher sind zum einen die Einpendler von den Fildern, die gerne den schnellsten und kürzesten Weg in die Innenstadt suchen. Und so mancher fährt eben über die Gänsheide. Zum anderen ist die nicht immer ganz rechtmäßige Entwicklung des Ost-Stadtteils ein Grund für die Parkprobleme. Eigentlich ist die Gänsheide im geltenden Bebauungsplan als „Landhausviertel“ ausgewiesen, überwiegend mit Wohnnutzung. Tatsächlich ist dort oben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schleichend und manchmal auch klammheimlich immer mehr Wohnraum in Büros umgewandelt worden.

Die Tiefgarage ist leer, die Straße zugeparkt

In welchem Umfang das geschehen ist, lässt sich nur vermuten. Deswegen hat der Bezirksbeirat jetzt bei der jüngsten Diskussion über die Gänsheide von der Stadtverwaltung gefordert, eine entsprechende Aufstellung zu erarbeiten. Deutlich wurde bei dieser Diskussion aber auch, dass das Staatsministerium, also die Landesregierung, einer der Verursacher dieser Verkehrsprobleme in Halbhöhenlage ist – und zwar weniger die aktuelle, noch vergleichsweise junge Regierung, als vielmehr die der vergangenen Jahrzehnte.

Rund um die Villa Reitzenstein, dem Regierungssitz in der Richard-Wagner-Straße, sind immer mehr Wohnungen in Büros für Landesbedienstete umgewandelt worden. Beispiele dafür sind die Gebäude in der Sandbergerstraße 2 bis 8, die dem Land gehören und in denen offenbar schon lange mehr gearbeitet als gewohnt wird. Zwei weitere Gebäude unterhalb der Villa Reitzenstein und der benachbarten Clay-Villa werden ebenfalls vom Land genutzt, auch im weiteren Umfeld gibt es offenbar noch das eine oder andere Landesbüro.

Nun gibt es zwar auf dem Areal der Villa Reitzenstein eine ausreichend große Tiefgarage für die Landesbeamten und anderen Angestellten. Die Nutzung kostet allerdings Geld, mehr als 30 Euro pro Monat und Stellplatz sind dafür fällig. Das ist so manchem Büroarbeiter offenbar zu viel. Deswegen ist die Tiefgarage längst nicht voll belegt, auf den umliegenden Straßen ist dafür kein Platz mehr zu finden - auch im Halteverbot nicht. Das haben die Anwohner in der Bezirksbeiratssitzung scharf kritisiert. Die Sandbergerstraße sei zugeparkt, auch die Bewohner der Häuser in der Schönleinstraße beklagen sich über viel zu viele Wildparker.

Vorbild Stuttgart-West

Vor diesem Hintergrund hat der Bezirksbeirat dem Vorhaben, die bisher unrechtmäßige Büronutzung in dem Gebiet durch eine Bebauungsplanänderung zu legalisieren, zwar zugestimmt, aber nur verbunden mit ganz konkreten Forderungen. So sollen nach dem Willen des Bezirksbeirats alle außerhalb des Bebauungsplans Richard-Wagner-Straße/Gröberstraße liegenden, vom Land als Büros genutzten Flächen wieder in Wohnraum umgewandelt werden. Das Staatsministerium wird aufgefordert darauf hinzuwirken, dass seine Mitarbeiter künftig in der Tiefgarage und nicht mehr auf den umliegenden Straßen parken. Auch bei der geplanten neuen viergruppigen Kindertagesstätte in der Sandbergerstraße soll darauf geachtet werden, dass die Eltern ihre Kinder nicht mit dem Auto dorthin bringen. Die Mehrzahl der Betreuungsplätze dort soll Kindern von Landesbediensteten zur Verfügung stehen, mindestens 25 Prozent der Plätze – zumindest in der Anfangszeit auch mehr – sollen frei vergeben werden.

Den Anwohnern dort oben nützen diese Absichten kurzfristig erst einmal wenig, im Gegenteil: Durch den geplanten Abriss und Neubau des Erweiterungsbaus hinter der Villa Reitzenstein, die Sanierung der Villa selbst und das Büroprovisorium in der Clay-Villa, die künftig auch vom Land genutzt wird, kommt durch die Baustellen erst einmal mehr Verkehr und Lärm auf sie zu. Einer der Anwohner hat ganz klare Vorstellungen davon, wie die Situation verbessert werden könnte: durch ein Parkraummanagement nach dem Vorbild in Stuttgart-West auch auf der Gänsheide.