Sonja Wieland will der Gesellschaft etwas zurückgeben. Foto: Heinz Heiss

Sonja Wieland bringt Kindern im Stadtteil- und Familienzentrum Stöckach heimische Pflanzen wieder näher.

S-Ost - Manchmal ist Sonja Wieland schockiert. Wenn zum Beispiel auf Zeichnungen von Kindern Erdbeeren auf Bäumen wachsen. „Kinder, die in der Stadt aufwachsen, kennen Obst und Gemüse häufig nur aus der Supermarktauslage“, sagt sie. Zwar ist auch Wieland ein Stadtkind, aufgewachsen mitten in Leipzig, doch war es in ihrer Jugend üblich, selbst im Wald für Nahrung zu sorgen. „Durch die Versorgungslage in der ehemaligen DDR war es für mich gang und gäbe, mit meinem Vater im Wald Pilze zu sammeln“, erzählt Sonja Wieland. Wenn es keine Petersilie gab, dann landete eben Schafsgarbe auf dem Brot. Den Kräutern und Pflanzen, die die Natur bereit hält, gilt auch heute noch ihr Interesse. Ihr Wissen schöpft sie aber nicht nur aus ihrer Kindheit, sondern auch aus historischen Naturkundebüchern und Kochbüchern aus Kriegszeiten, die sie in Secondhandläden aufstöbert.

Seit knapp zehn Jahren wohnt die Vierzigjährige im Stuttgarter Osten, seit fünf Jahren engagiert sie sich im Stadtteil- und Familienzentrum Stöckach sowie im Statteilhaus Mitte. Sie möchte ihr Wissen an Kinder und Erwachsene weitergeben. „Ich finde es wichtig, der Gesellschaft etwas zurück zu geben“, sagt die Hausfrau. Als Vorsitzende des Vereins Nachbarschaftsgarten Stöckach bringt sie Nachbarn zusammen, um auf einem stillgelegten Spielplatz zu gärtnern oder die Ruhe im städtischen Naturkleinod zu geniesen. Mit der Ostheimschule initiiert sie Projekte wie das Grüne Klassenzimmer.

Regelmäßig geht sie außerdem mit Kindern und deren Eltern auf „Blätterjagd“ durch den Park der Villa Berg. Dann geht es darum, Bäume und die dazugehörigen Blätter und Früchte zu bestimmen. „Ich will, dass die Kinder mehr auf ihre Umwelt achten. Und nur auf das, was sie kennen und verstehen, können sie achten“, sagt sie. Die Grundarten wie die Kastanie, mit deren Frucht schon im Kindergarten gebastelt werde, könnten die Kinder häufig sicher bestimmen, doch schon bei einer Eiche werde es schwierig. Bei der Führung erklärt sie den Kindern außerdem, welches Holz früher für die Verarbeitung zu Möbeln verwendet wurde, und dass man mit Kastanien die Wäsche gewaschen oder aus Eicheln Brot gebacken hat. „Der Bestand im Park der Villa Berg ist sehr vielfältig. Dort wachsen Bäume, wie die Roteiche, die heute gar nicht mehr gepflanzt werden“, sagt sie. Außerdem wachsen dort Wildkräuter, zwanzig verschiedene essbare Sorten habe sie schon gefunden. Auch die Heilwirkung von Kräutern erklärt sie den Kindern. „Man muss nicht immer in die Apotheke gehen“, sagt sie. „Ein Spitzwegerichblatt lindert genauso gut den Schmerz eines Mückenstichs oder auch einer Wunde.“