Das Bild eines Wohnsitzlosen, das in der Outsider Galerie zu sehen sein wird. Foto: Reichle

Wohnungslose treten mit Bildern aus dem Schatten und finden zu sich selbst: In der neuen Outsider Galerie zeigen sie ihre Arbeiten, um so mit den Betrachtern in Kontakt zu treten und in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

Stuttgart - Sie sind Outsider, Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie sind Menschen, die auf der Straße leben und von der Gesellschaft nicht oder kaum beachtet werden – wohnungslose Menschen – Menschen im Schatten.

Eine Möglichkeit, etwas aus dem Schatten herauszutreten, bieten die Kreativgruppen der Wohnungsnotfallhilfe des Caritasverbandes für Stuttgart, die vor vielen Jahren in den Einrichtungen des Carlo- Steeb-Hauses, der Frauenpension und der Olga 46 ins Leben gerufen wurden. In diesen Kreativgruppen ist es den Menschen nicht nur möglich, sich künstlerisch zu betätigen. Das Schaffen von Kunstwerken bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, sich auszudrücken und viele unangenehme Dinge zu verarbeiten, die sie in ihrem Leben erfahren mussten. Begleitet werden sie dabei von künstlerisch ausgebildeten Mitarbeitern.

Mit ihnen und ihren Kunstwerken an die Öffentlichkeit zu gehen, war immer schon ein besonderes Anliegen des Caritasverbandes. Was möchte der Künstler damit zum Ausdruck bringen und wer ist der Mensch hinter diesem Kunstwerk? Solche Fragen sind eine Möglichkeit, die Stigmatisierung zu durchbrechen. Brücken zur interessierten Öffentlichkeit wurden bereits durch Ausstellungen im Haus der katholischen Kirche oder im Rathaus geschlagen.

Die Malerei beruhigt

Manfred ist schon acht Jahre in der Kunstgruppe in der Olga 46. „Ich leide unter massiven Angstzuständen und habe ständig Selbstmordgedanken. Daher habe ich auch Herzprobleme und muss starke Medikamente nehmen. Durch das Malen werde ich ruhiger, es entspannt mich, sodass ich meine Ängste für eine gewisse Zeit komplett vergesse.“

Bei den Ausstellungen im Rathaus waren auch Bilder von ihm dabei. „Das waren super Aktionen. Das, was ich gemacht habe, hat die Leute wirklich interessiert. Sie fanden das super. Ich war echt stolz auf mich.“ Nun soll diese Aufmerksamkeit durch die Outsider Galerie noch verstärkt werden. Sie soll Ausstellungsort sein, Plattform des Austausches und gegenseitigen Wertschätzung ermöglichen. „Unsere eigene Galerie, wow, das ist ein Hammer. Endlich können auch Andere unsere Bilder sehen“, sagt Heike, die in der Frauenpension kreativ tätig ist. Fast trotzig fügt sie hinzu: „Ein wenig Angst hab ich schon vor deren Urteil, aber ich weiß, was ich kann. Und umhauen kann mich sowieso nichts mehr“. Hier zeigt sich: Kunst ist mehr, Kunst ist Mittel zur Inklusion und Identitätsstärkung, eine Möglichkeit für die Künstler, ihr Schattendasein zu verlassen und sich selbstbewusst einem breiten Publikum zu stellen – endlich wahrgenommen als Mensch.