Marcel Mentes Gaumen ist gnadenlos. Beim Grillwettbewerb war er Chef der Jury, ansonsten ist er Küchenchef. Foto: Bernd Eidenmüller

Die Gewinner eines Grillwettbewerbs bereiten über Holzkohle ein dreigängiges Menü zu.

S-Mitte - Mit Ketchup auf Schweinehals hat dies hier etwa so viel gemein wie ein Bundeswehrzelt mit einem Ferienanwesen auf dem Lande. In den Kriterien Organisation bekommen alle Teilnehmer die volle Punktzahl. Auf einem der Zubereitungstische steht sogar Seifenwasser samt Schwamm und Handtuch. Das Zeitlimit – 60 Minuten Vorbereitung und 60 Minuten Zubereitung – halten sie ebenfalls alle ein. „In einer Stunde sollte man seinen Schweinehals gar gekriegt haben“, witzelt Marcel Mente. Er ist heute Chef der Jury, ansonsten Küchenchef des Nobelrestaurants Zauberlehrling im Bohnenviertel.

In dessen Innenhof wird an diesem Nachmittag, an dem es viel zu heiß ist, um neben glühender Kohle zu stehen, um die Wette gegrillt. Fünf Mann und eine Frau brutzeln um eine Reise nach Kapstadt – am Ende. Dies ist nur eine der Vorrunden, die in zehn Großstädten ausgegrillt werden. Die fünf besten Zweierteams fahren zum Finale nach Österreich. Dort werden sie in einem Iglu die Holzkohle anfachen.

Das klingt arg bemüht nach Event. Das ist es auch, denn den BBQ Cup benannten Wettbewerb veranstaltet eine Marketingagentur für diverse Sponsoren. Ein Grillhersteller gehört dazu, selbstverständlich, ein Weingut in Südafrika, eine Gourmetzeitschrift, aber auch ein Unternehmen, das griechischen Schafskäse in Kunststoff einschweißt. Dies hier ist unübersehbar eine Werbeveranstaltung. Was aber nichts daran ändert, dass die Gerichte keineswegs nach krustigem Fleisch aus der Glut schmecken, eher nach Griller à la Gourmet.

„Wenn man ein tolles Menü machen will, muss man viele beachten“

„Seemann und Landmann“ haben Martin Engler und Rabea Bilz ihre Kreation aus Fisch und Fleisch benannt. Eigentlich bereiten die beiden nicht ein Gericht zu, sondern ein dreigängiges Menü. Um die 30 Zutaten stehen auf dem Rezept und neben dem Grill, darunter Tramezzini – italienisches Weißbrot – und Whisky. Rechts neben den Zutaten ist alles Gerät aufgelistet, das zur Zubereitung nötig ist, vom Messer bis zur Microplane. Engler stülpt sich Grillhandschuhe über, die ihm knapp bis zum Ellbogen reichen, um das Feuer zu schüren. Das Rezept ist nicht aus dem Internet, sondern „selbst ausgedacht“, sagt Bilz. „Ich hab’ ja keine Kinder“. Also Zeit.

Um die Ecke bereiten zwei Studenten ein Grillgericht vor, das selten in WG-Kühlschränken zu finden ist: Hummer, dazu Trüffelkartoffeln, eine rötliche Art. Aus denen werden sie nachher, für den vegetarischen Gang, noch Chips rösten. Grill Nummer eins qualmt, dass Ernährungswissenschaftler den Rinderbraten auf dem Rost mit einem Gefahrenhinweis versehen würden. Vorsicht, essen gefährdet ihre Gesundheit. Allerdings ist der Rauch keine Fehlleistung, verursacht von in die Glut tropfendem Fett. Der Braten wird unter der Grillglocke geräuchert, mit aus Nordamerika importiertem Hickory-Holz. Gleichzeitig geht der Teig für selbst gemachtes Brot, das in drei Tontöpfen backt.

Mentes Gaumen, bei aller Mühe, ist gnadenlos. „Es gibt bessere Stücke vom Rind“, sagt er. Außerdem ist das Fleisch nicht rosig genug, der Räuchergeschmack ihm zu intensiv. Der studentische Hummer lag ebenfalls zu lang auf dem Grill. Da hilft auch keine selbst gemachte Mayonnaise mit Salbei. „Da geht mehr“, sagt der Küchenchef. Die mit Whisky verfeinerten Kumpel Seemann und Landmann siegen. Die mit Lachs gefüllte Sepia über der Glut so zu garen, dass sie nicht zu trocken wird, ist eine Grillkunst in sich. Und die Leber – mit Orange – ist erst nachträglich gesalzen, wie es sein muss. Sonst wird sie zäh. „Da sind wahnsinnig viele Geschmackskomponenten auf dem Teller“, sagt Mente.

Am Sieger ändert auch der vegetarische Durchgang nichts mehr. Engler und Bilz servieren Käsetaler, vegetarische Burger mit Pfirsich-Senf-Soße und ein Käsesoufflé. „Allein das auf dem Grill zuzubereiten – alle Achtung“. Einen Generaltipp für jene, die von der Schrebergarten- in die Gourmet-Grillliga aufsteigen wollen, gibt es nicht. „Mehr mit indirekter Hitze arbeiten vielleicht“, sagt Mente. „Wenn man ein tolles Menü machen will, muss man einfach vieles beachten“. In der Tat.