Derzeit häufen sich die „Chaostage“ bei der S-Bahn Stuttgart. Foto: dpa/Marijan Murat

Seit Anfang März häufen sich Tage, an denen die S-Bahnen in Stuttgart sehr oft verspätet fahren. Was steckt dahinter – und wie ist die Lage am Donnerstagnachmittag?

Sei Anfang März machen den Fahrgästen der S-Bahn Stuttgart wieder auffällig vielen Verspätungen zu schaffen. Das zeigt eine Analyse von Echtzeit-Verkehrsdaten, die unsere Redaktion laufend auswertet. Seit vergangener Woche waren bereits an sechs Tagen so viele Bahnen verspätet, dass sie die Schwelle zum „Chaostag“ überschritten haben. So werten wir Tage, an denen mindestens jede fünfte Bahn um mehr als sechs Minuten verspätet ist.

 

Vor allem in der vergangenen Woche (3. bis 9. März) fielen viele Störungen auf. Notarzteinsätze, Weichenstörungen und Signaldefekte führten laut Meldungen der S-Bahn Stuttgart dazu, dass S-Bahnen immer wieder stark verspätet waren oder ganz ausfielen. Letztendlich wurden vier von fünf Werktagen zu „Chaostagen“. Am Freitag waren die Bahnen sogar zu fast 40 Prozent mehr als sechs Minuten zu spät – also an mehr als jedem dritten Halt.

In dieser Woche schon wieder viele „Chaostage“

Auch in dieser Woche fielen bereits mehrere Tage in die „Chaostag“-Kategorie, der Montag schrammte nur knapp an der Grenze vorbei. Unsere Tabelle zeigt die vergangenen Monate. Jede Kachel steht für einen Tag – je dunkler, desto niedriger der Pünktlichkeitswert:

Bei so vielen Vorfällen stellt sich die Frage: Ist das Zufall? Schließlich finden zurzeit auch nachts Bauarbeiten zwischen den Haltestellen Hauptbahnhof und Schwabstraße – der sogenannten Stammstrecke – statt.

Einen Zusammenhang zwischen der Baustelle und den vielen Störungen bestätigt die Deutsche Bahn auf Anfrage nicht. „Ein Bagger, der bei Bauarbeiten die Oberleitung beschädigt; ein Luftballon, der einen Kurzschluss in der Oberleitung auslöst; die ärztliche Versorgung eines Fahrgastes durch Rettungskräfte“, schreibt ein Sprecher der Bahn auf Anfrage. „Das alles waren in den letzten Tagen betriebliche Beeinträchtigungen allein auf der Stammstrecke.“ Dazu seien noch polizeiliche Ermittlungen, eine kurzfristige Reparatur an der Strecke und ein Personenunfall gekommen. Warum es die Reparatur brauchte, erklärte die Bahn nicht.

Weil die Züge vor allem auf der Stammstrecke sehr eng getaktet sind, sind rasch auch Bahnen im gesamten S-Bahn-Netz verspätet. Teils fallen Züge aus, um die Bahnen wieder in den Takt zu bringen. Umdisponierte Züge und Personal spüren laut einem Bahnsprecher dann auch die Fahrgäste.

Sanierte und digitalisierte Infrastruktur soll für Besserung sorgen

Zu solchen spontanen Vorfällen komme hinzu, „dass die Infrastruktur der Deutschen Bahn zu alt, zu voll und zu störanfällig ist“. Neben der dicht befahrenen Stammstrecke teilen sich die S-Bahnen häufig ihre Gleise mit Fern-, Regional- und Güterzügen. „Das bedeutet, dass die Verkehre überall sehr eng getaktet und die Strecken sehr stark befahren sind“, so der Bahnsprecher.

Abhilfe sollen Sanierungen und die Umstellung auf digitale Signaltechnik schaffen, die laut der Bahn für mehr Puffer auf den S-Bahn-Strecken sorgen sollen und ein Grund für die aktuell häufigen Baustellen sind. Zudem setzt die Bahn darauf, dass das digitale System weniger störungsanfällig arbeiten soll.

So ist die Lage am Donnerstag

Auch der Donnerstag ist zum Feierabend hin auf dem besten Weg, zum „Chaostag“ zu werden, wie die Echtzeitdaten zeigen. Nach einem defekten Signal auf der Stammstrecke am Vormittag schafften es die Bahnen zum Großteil nicht mehr, sich in den regulären Fahrplan einzutakten. Stand 16.30 Uhr ist mehr als jede dritte Bahn um mehr als sechs Minuten verspätet. Unsere Tabelle zeigt die aktuellen Verspätungen und Ausfälle auf allen Linien:

Ein schlechter Tag für Pendler also – an dem durch den Warnstreik bei Stadtbahn und Bussen in Stuttgart viele erst recht auf die S-Bahn angewiesen sind.