Langes Warten auf den Schienenersatzverkehr am Stuttgarter Hauptbahnhof. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Morgen des ersten Tages der Stammstrecken-Sperrung war der Schienenersatzverkehr zeitweise ein Totalausfall, was frustrierte Fahrgäste fast zum Verzweifeln bringt.

Während der Sommerferien müssen S-Bahn-Fahrgäste zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen wieder einmal gute Nerven beweisen. Die sogenannte Stammstrecke ist komplett gesperrt. Im Zehn-Minuten-Takt sollen Ersatzbusse die Fahrgäste laut Fahrplan vom Hauptbahnhof Richtung Vaihingen bringen und so ab dem 27. Juli den öffentlichen Verkehr auf dem gesperrten Streckenabschnitt aufrechterhalten.

Am Samstagmorgen aber ist an der Haltestelle Arnulf-Klett-Platz von Ersatzverkehr keine Spur. Zwei Dutzend Leute warten dort um 7.40 Uhr auf eine Fahrgelegenheit, manche schon eine halbe Stunde. Und Gisela Melber aus Stuttgart sollte „dringend zu meinem Job in Vaihingen. Jetzt stehe ich hier und komme nicht weiter. Es ist zum Heulen.“ Derweil wächst die Menge der Wartenden.

„War doch klar, dass es wieder Chaos gibt!“, kommentiert Patrick aus Schorndorf die Lage, „erlebt man bei der Bahn überhaupt noch etwas Anderes?“ Der Elektriker müsste zu seiner Baustelle an der Schwabstraße, wo die Arbeiter eines Subunternehmens auf ihn warten „und nichts tun können“. Am Montag werde er „das Auto nehmen, denn das hier können wir uns als Firma nicht leisten“. Der Senior aus Fellbach wiederum wollte um 8 Uhr in Vaihingen den Zug Richtung Konstanz nehmen, jetzt zweifelt er „an der Organisationsfähigkeit der Bahn“.

Der erste Bus kommt kurz nach acht

Dass Ganze sei „wieder so eine Lachnummer der Bahn“, findet Ernst, zumal die beiden jungen Mitarbeiter, die die Bahn hier platziert hat, nicht minder ratlos sind. „Keine Ahnung, was los ist“, sagt Mohammed, „irgendwas ist schiefgelaufen“. Auch sein Kollege kann keine Informationen beibringen. Ein Fahrer habe ihm gesagt: „Wir machen Pause.“ Er bestätigt, dass zwischen 7 und 8 Uhr an dieser Haltestelle am Bahnhof kein Bus erschienen sei.

Wer am Samstagmorgen zur Arbeit musste, brauchte Nerven aus Drahtseilen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Kurz nach acht ist es soweit, ein Bus rollt heran und füllt sich rasch. „Nach Vaihingen?“ fragt ein junger Mann an der Mitteltür und freut sich, dass er auch noch sein Fahrrad hineingeschoben bekommt. Die Türen aber bleiben offen, der Motor wird nicht gestartet, die Passagiere warten und warten. Der Fahrer kann kein Deutsch und kommuniziert per Sprach-App, was diese Auskunft zeitigt: „Wir arbeiten an diesem Zeitplan, da die Stammstrecke…“

Regulärer Linienverkehr erst gegen halb neun

Plötzlich gibt es Bewegung. Im Bus Wartende sehen, dass ein gleichfarbiger Bus auf der parallelen Fahrspur am stehenden Gefährt vorbeifährt und an der roten Ampel hält. Heftig abwinkend versucht der Fahrer, die Heranstürmenden abzuwehren, macht dann aber doch die Tür auf. Bis die Ampel auf Grün springt, schaffen es rund 20 Personen in den Bus, der dann wegfährt. Der andere steht immer noch, ist inzwischen leer. Bis auf den Fahrer, der dann unvermittelt losfährt. „Das ist nicht zu fassen“, schreit eine Frau aus Esslingen, die zu ihrer Arbeit kommen sollte, „der Eine fährt vorbei, der Andere leer los!“

Schilder weisen den Weg zum Ersatzverkehr. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Gegen halb neun scheint regulärer Linienverkehr zu entstehen. Mohammed glaubt nun zu wissen, was die Ursache für das Chaos war, ist sich aber nicht ganz sicher: „Am Westbahnhof hat sich ein Busfahrer verfahren, nicht mehr weitergewusst und alles blockiert.“ Inzwischen ist Knut Jütersonke vor Ort, im Bahnhof für „Reise-Info und Fahrgäste-Lenkung“ verantwortlich. Zum Geschehen an der Bushaltestelle hat er keine Info und stellt fest: „Es muss dringend geklärt werden, was die Ursache war.“