Zum Flughafen soll künftig nicht nur die S-Bahn, sondern auch mehrere Expressbus-Linien fahren Foto: dpa

Die Partner des ÖPNV-Pakts vom Februar wollen bis zum Jahr 2025 rund 20 Prozent mehr Menschen in Bus und Bahn bewegen. Ministerpräsident Kretschmanns Kabinett beschäftigt sich heute mit der Änderung der Gesetze.

Stuttgart - Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erläutert dem Kabinett an diesem Dienstag erstmals das Konzept, mit dem er den Verband Region Stuttgart und den öffentlichen Nahverkehr im Ballungsraum stärken will. Wie aus Regierungskreisen verlautet, soll der Verband sogenannte Expressbuslinien planen und finanzieren dürfen, mit denen mögliche S-Bahn-Fahrgäste auf Querverbindungen schneller zum Ziel gebracht werden können, ohne durch das Nadelöhr S-Bahn-Tunnel in der Innenstadt zu müssen. Die Pünktlichkeit der Stuttgarter S-Bahn hat in den vergangenen Jahren auch wegen steigender Fahrgastzahlen stark nachgelassen.

 

Buslinien sind bisher Sache der Landkreise. Weil der Verband aber beim Bau von S-Bahn-Querverbindungen an finanzielle wie topografische Grenzen stößt, soll er sich mit den Buslinien behelfen, die schneller und günstiger zu verwirklichen sind. So schnell geht es aber auch wieder nicht: Das EU-Recht verlangt, dass die Region das Angebot ausschreibt und dass sie die Ausschreibung ein Jahr vorher ankündigt, damit sich mögliche Anbieter darauf vorbereiten können.

Nach einer Beratungsunterlage des regionalen Verkehrsausschusses sollen als erstes die Verbindungen Leonberg–Flughafen via Gerlingen/Schillerhöhe/Bosch und Uni Vaihingen, Kirchheim unter Teck/Flughafen über Köngen und Denkendorf sowie Waiblingen–Esslingen über Kernen ausgeschrieben werden. Dies soll der Ausschuss am 19. November beschließen. Ende 2016 könnten die ersten Busse fahren.

Das Gesetz über die Planung, Organisation und Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs und das Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart sollen nach Informationen unserer Zeitung auch dergestalt geändert werden, dass der Verband Region Verkehrsträger vernetzen soll, unter anderem durch den Ausbau des Park&Ride-, Bike&Ride- und Parken&Mitfahren-Angebots. Möglich sind auch die Vermittlung von Mitfahrmöglichkeiten, die Vernetzung von Radrouten oder die Beratung für betriebliches Mobilitätsmanagement. Zuletzt soll der Verband für S-Bahn-Linien zuständig sein, die außerhalb der Region Stuttgart enden. Davon gibt es bisher keine, und es ist auch noch keine geplant.

Der Vorschlag von Hermann folgt dem ÖPNV-Pakt 2025, den der Minister im Februar geschmiedet hatte. Nachdem sich der Verband Region Stuttgart und die Landkreise im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) darüber gestritten hatten, wer eine Vorschrift zur Finanzierung des Busverkehrs erlassen darf, sollte der Minister vermitteln. Heraus kam der ÖPNV-Pakt, bei dem sich die Streithähne zusammen mit dem Land und der Landeshauptstadt auch gleich noch vornahmen, bis 2025 rund 20 Prozent mehr Fahrgäste in Bus und Bahn zu bekommen und trotzdem die von täglich rund 380 000 Menschen genutzte S-Bahn zu entlasten. Die Vorschrift, die die Verteilung von Zuschüssen nach den Vorstellungen der EU transparent regeln soll, wird der Verband nun im Einvernehmen mit den Landkreisen Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr erlassen. Die Regionalversammlung hat das Schriftstück bereits abgesegnet, die Kreistage beschäftigen sich noch damit.

Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, sollen auch die anderen Partner etwas beitragen, für die man aber keine Gesetze ändern muss. So will das Land von Dezember 2018 sogenannte Metropol-Expressbahnen auf die Reise schicken, die außerhalb der Region öfter halten, innerhalb aber nur selten, damit sie schnell in Stuttgart ankommen. Die Landkreise sollen die Linienbusse bis 2017 werktags von 6 bis 20 Uhr überwiegend im Halbstundentakt an die S-Bahnen bringen, danach und am Wochenende im Stundentakt. Die Nacht-S-Bahnen soll mit Ruftaxis bedient werden dürfen, jedoch im VVS-Tarif.