Hinter dem Flughafen wird es schwierig, jede Viertelstunde eine S-Bahn in beide Richtungen fahren zu lassen – dort gibt es nur ein Gleis. Foto: Horst Rudel

Bis zum Dezember 2020 wird der S-Bahn-Takt im Stuttgarter Netz so ausgebaut, dass zwischen 6 und 20.30 Uhr auf allen Linien jede 15 Minuten ein Zug kommt. Allerdings wird es weiter draußen Lücken geben.

Stuttgart - Im Herbst 2016 hat die Mehrheit der Regionalversammlung beschlossen, die S-Bahnen in der Region Stuttgart nicht nur in Stoßzeiten, sondern auch tagsüber alle 15 anstatt alle 30 Minuten auf die Reise zu schicken. Das soll zwischen 6 und 20.30 Uhr gelten und wird in vier Schritten in vier Jahren bis zum Dezember 2020 eingeführt. Im Dezember 2018 kommen etwa eineinhalb Stunden am Vormittag zwischen ungefähr 8.30 und 10 Uhr dazu. Das sind mehr als 40 Züge, die zusätzlich unterwegs sein werden. Kostenpunkt: rund fünf Millionen Euro jährlich allein für den Betrieb.

Die Mammutaufgabe, die sich der für die S-Bahn zuständige Verband Region Stuttgart in der Endstufe 21 Millionen Euro pro Jahr kosten lässt, könnte noch viel teurer werden. Der Verband hat jüngst fünf Abschnitte identifiziert, in denen der Viertelstundentakt voraussichtlich nicht ohne neue Infrastruktur zu machen ist. Zwei davon befinden sich auf der Strecke mit den meisten Fahrgästen, der S 1 zwischen Kirchheim/Teck und Herrenberg. An beiden Enden der mit knapp 72 Kilometern auch längsten Linie der Region gibt es Engpässe. Nach Unterlagen des Verbands könnte in Plochingen zu wenig Platz am Bahnhof sein, ebenso an den vielen Bahnübergängen in Wendlingen. Und auf der weiteren Strecke bis Kirchheim gibt es nur ein Gleis. Der Bahnhof in Ötlingen müsste wohl zum Begegnungsbahnhof umgebaut werden. Außerdem geht es zwischen Böblingen und Herrenberg zwischen den Fern- und Regionalzügen eng zu: So kann die ab Dezember neu um 9.53 Uhr in Plochingen startende S-Bahn nur bis Böblingen fahren, weil der Intercity nach Zürich Vorfahrt hat.

Eine Lücke im Takt schreckt ab

Eine Lücke im 15-Minuten-Takt der S 1, von denen es in der Hauptverkehrszeit zwei weitere gibt. Das ist nicht das, was sich die Volksvertreter vorstellen. Die gehen davon aus, dass die Fahrgäste gar nicht mehr so genau auf die Uhr schauen, wenn jede Viertelstunde eine S-Bahn kommen würde. „Uns drückt der Schuh, wenn es solche Lücken gibt“, sagt etwa CDU-Verkehrsexperte Rainer Ganske, der wie Thomas Leipnitz (SPD) und Wolfgang Hoepfner (Linke) fordert, alles zu tun, um die Lücken zu schließen. „Als verlässlich wahrgenommen wird ein gut merkbarer öffentlicher Nahverkehr“ sagt der SSB-Mitarbeiter Hoepfner. Wenn da ein Zug mittendrin endet, störe das die Wahrnehmung. Im besten Fall könnten Verschiebungen im Fahrplan aller Züge das Problem lösen. Deutlich teurer würde neue Infrastruktur wie ein drittes Gleis zwischen Böblingen und Herrenberg. Solche Fragen sollen in einer Studie beantwortet werden, die der Verband in Auftrag geben will und deren Ergebnisse Anfang 2019 vorliegen sollen.

Ein weiterer Engpass, der untersucht werden soll, ist der eingleisige Abschnitt der S 4 zwischen Marbach und Backnang, wo auch Güterzüge unterwegs sind. Außerdem sind auf dieser Linie in Erdmannhausen, Kirchberg/Murr und Burgstetten-Burgstall die Bahnsteige 140 Meter lang und damit 70 Meter kürzer als andere S-Bahnsteige, weshalb Züge in Marbach ab- oder angekoppelt werden müssen – was Zeit kostet. Und ähnlich wie bei Kirchheim/Teck müsste wohl auch zwischen Backnang und Burgstall ein neuer Abschnitt mit zwei Gleisen her, wo zwei S-Bahnen im Gegenverkehr passieren können. Ein schwieriges Unterfangen, weil sich Täler und Höhen abwechseln.

Herausforderung S 60

Eine besondere Herausforderung ist auch die S 60. Zwischen Böblingen und Sindelfingen mit der Brücke über die A 81 verläuft sie eingleisig, zwischen Sindelfingen und Maichingen-Nord gibt es zwar ein zweites Gleis, das aber für den Güterverkehr besonders aus dem Mercedes-Werk reserviert ist. Sowohl in Sindelfingen als auch in Maichingen würde aller Voraussicht nach ein weiterer Bahnsteig gebraucht, wobei der Umbau des zwischen Daimler und Hanns-Martin-Schleyer-Straße regelrecht eingeklemmten Bahnhofs beim Verband als aufwendig eingeschätzt wird. Auch am Bahnhof Böblingen könnte der 15-Minuten-Takt auf der S 60 erneute Änderungen erforderlich machen.

Dazu kommt der eingleisige Abschnitt zwischen dem Flughafenbahnhof und der S 2-Endstation in Filderstadt-Bernhausen, der zurzeit in einer anderen Studie untersucht wird. Fazit: Der Regionalverband wird auch nach 2020 noch an der Ausdehnung des 15-Minuten-Takts arbeiten.