Die S-Bahnen in der Region fahren seit Jahren dem Fahrplan hinterher. Vor allem im Berufsverkehr mit vielen Fahrgästen gibt es oft Verspätungen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Am Mittwoch steht das Reizthema S-Bahn beim vierten S-Bahn-Gipfel im Verkehrausschuss der Region wieder auf der Tagesordnung. Nach Ansicht des vieler Kritiker hat sich in Sachen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit in den vergangenen zwölf Monaten zu wenig getan.

Stuttgart - Ein falscher Brandalarm an der Universität Stuttgart hat am Dienstag wieder einmal stundenlange Verspätungen im S-Bahn-Netz ausgelöst. Davon waren nach Angaben des VVS mehr oder weniger alle S-Bahn-Linien betroffen. Erst am Dienstagmittag normalisierte sich die Lage langsam.

Beim vierten S-Bahn-Gipfel des Verbands Region Stuttgart (VRS) muss die Bahn am Mittwoch den regionalen Verkehrsausschuss über die aktuelle Lage bei dem „Rückgrat des Nahverkehrs“ informieren. Nach Ansicht von Kritikern kann von Verbesserungen kaum die Rede sein. Bereits am Vormittag stellt die Bahn die Entwicklung der S-Bahn auf einer eigenen Pressekonferenz dar.

Nach Ansicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und des Internetportals „S-Bahn-Chaos“ gibt es in Sachen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zwölf Monate nach dem dritten S-Bahn-Gipfel kaum Lichtblicke. „Die Pünktlichkeit hat sich zwar etwas gebessert“, sagt der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. „Sie liegt aber immer noch deutlich unter den vertraglich vereinbarten Zielen.“ Laut Lieb sind die vielen Weichen-, Signal- und Oberleitungsstörungen weiterhin ein häufiger Grund für Verspätungen. „Hier muss die Bahn endlich nachbessern.“ Nach Angaben des Internetportals „S-Bahn-Chaos“ hat sich die Pünktlichkeit auf den S-Bahn-Linien im März 2016 gegenüber dem Vormonat wieder verschlechtert. Das sei angesichts der frühen Osterfeiertage und der Ferien ungewöhnlich, weil das Verkehrsaufkommen dann geringer sei.

Im ersten Quartal 2016 belief sich die Zahl der technischen Störungen bei der S-Bahn wegen Stellwerks-, Weichen-, Signal- und Fahrzeugproblemen auf rund 40 Fälle. Die Mängelquote liegt damit über dem Niveau des vierten Quartals 2015, in dem es nach Angaben des Verkehrsministeriums bei der S-Bahn knapp 30 Weichen-, Fahrzeug-, Signal- und Stellwerksausfälle gegeben hat. „Örtliche Schwerpunkte waren hierbei Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Zuffenhausen“, heißt es in der ausführlichen Antwort auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Daniel Renkonen (Grüne).

Störungen seien aber nur zum Teil die Ursache von Verspätungen und Zugausfällen gewesen. „Nicht berücksichtigt wurden etwa Zugausfälle aufgrund von Personalmangel, die im Jahr 2015 bei der DB Regio AG deutlich angestiegen sind“, stellt das Verkehrsministerium fest. Es komme zudem häufig vor, „dass die neuen S-Bahnen insbesondere auf der Linie S 1 trotz einer etwas verbesserten Türsteuerungssoftware lange Haltezeiten aufweisen und die Gesamtfahrzeiten nicht einhalten können.“

VRS sieht deutliche Trendwende

Der Verband Region Stuttgart (VRS) betont in seiner aktuellen Vorlage zum S-Bahn-Gipfel, dass insbesondere bei der Pünktlichkeit eine deutliche Trendwende erreicht worden sei. „Gleichwohl ist festzuhalten, dass die aktuellen Ergebnisse immer noch hinter den vertraglichen Vereinbarungen zurückbleiben“, schränkt er unmittelbar danach allerdings ein. Deshalb müsse es weitere Verbesserungen geben. So könne etwa ein optimiertes Signalsystem auf der unterirdischen Stuttgarter Stammstrecke zwischen den Stationen Schwabstraße und Hauptbahnhof dazu beitragen, die Lage zu verbessern. Eine Studie des http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.studie-ueber-s-bahn-verkehr-neue-technik-koennte-s-bahn-besser-lotsen.f14e210d-280a-429c-b2c3-797fd520bcf4.html%3c/a%3e" target="_blank">Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.studie-ueber-s-bahn-verkehr-neue-technik-koennte-s-bahn-besser-lotsen.f14e210d-280a-429c-b2c3-797fd520bcf4.html%3c/a%3e" target="_blank"> hat im vergangenen Jahr aufgezeigt, dass die Leistungsfähigkeit dieser als Nadelöhr geltenden Tunnelstrecke unter der Innenstadt durch die Verwendung des European Train Control Systems (ETCS) erheblich erhöht werden könnte. Dieser moderne elektronische Lotse optimiert die Zugabstände automatisch per Funk. Statt 500 Meter kann der Abstand zwischen einzelnen S-Bahnen je nach Tempo deutlich weniger betragen, da das ETCS-System den S-Bahn-Verkehr kontinuierlich überwacht. Dadurch, so das Institut, ergäbe sich eine dichtere Zugfolge auf der von sechs S-Bahn-Linien befahrenen Stammstrecke.

Kürzere Blockabstände sollen auch im Tunnel zwischen der Station Schwabstraße im Westen und Vaihingen den S-Bahn-Verkehr spürbar beschleunigen. Dort existiert laut VRS zwischen den Haltestellen Österfeld und Universität ein besonders langer Blockabschnitt, der geteilt werden soll. Somit verkürzen sich zugleich auch die Abstände der Züge. Zur Finanzierung dieser Maßnahme will der Regionalverband die von der Bahn 2015 erhaltene Strafzahlung für ausgefallene Züge in Höhe von knapp 2,5 Millionen Euro verwenden. Dank der optimierten Blockeinteilung könne die Strecke zwischen den Stationen Schwabstraße und Vaihingen dann erheblich leistungsfähiger werden.

Zur Zeit untersuche die Bahntochter Netz AG die Möglichkeit einer zeitnahen Umsetzung, heißt es in der VRS-Vorlage. Es könne aber sein, „dass die Maßnahme erst in Verbindung mit Stuttgart 21 durchgeführt werden kann“.