Nicht nur in Rommelshausen (S 2) müssen Fahrgäste besonders hoch in die S-Bahn steigen Foto: Patricia Sigerist

Der barrierefreie Ausbau des S-Bahn-Systems geht eher schleppend voran. Nun haben Bahn und Verband Region Stuttgart eine Liste erstellt, welche Stationen als nächstes drankommen sollen. Uneins ist man sich über die Situation an Rems und Murr.

Stuttgart - An 32 von 83 S-Bahn-Stationen in der Region liegt der Bahnsteig um rund 20 Zentimeter tiefer als der Schnellzug. Für Gehbehinderte, Ältere oder Menschen mit Kinderwagen ein schwer zu überwindendes Hindernis. Nun hat die Bahntochter DB Station & Service auf eine Forderung der Regionalversammlung festgelegt, welche Bahnhöfe als nächstes einen zumindest teilweise ebenerdigen Zugang zur S-Bahn bekommen sollen. Als erstes ist das Feuerbach, das 2017 und 2018 nicht nur zwei Aufzüge am Hausbahnsteig und am Mittelbahnsteig bekommen wird. Im Rahmen des Baus von Stuttgart 21 werden die Bahnsteige auch noch erhöht. Allein Letzteres kostet rund 2,5 Millionen Euro. „Die Anhebung wird aber das Spaltproblem nicht lösen können“, sagte der ehemalige Chef der Bahntochter und neue Konzernbevollmächtigte für Baden-Württemberg, Sven Hantel jetzt vor dem regionalen Verkehrsausschuss. Wegen der Lage des Bahnhofs in einer Kurve beträgt der Abstand zwischen Bahnsteig und Zug in Feuerbach bis zu 32 Zentimeter.

Als nächstes sollen in dieser Reihenfolge die S-Bahnsteige in Ludwigsburg (S 4/S 5), Rommelshausen (S 2), Esslingen-Mettingen, Esslingen (beide S 1) und Maubach (S 3) an die Reihe kommen. Grund für die Reihenfolge sind in erster Linie die Anzahl der Ein- und Aussteiger, aber auch bauliche Gründe wie die starke Kurvenlage in Rommelshausen. Dabei gibt es aber noch viele Probleme zu lösen. In Ludwigsburg etwa gibt es zwei S-Bahn- und zwei Regionalzugbahnsteige. Die Regionalzüge mit einem 20 Zentimeter niedrigeren Einstieg sollen in Notfällen auch an den S-Bahnsteigen halten können, weshalb schon seit Jahren über Lösungen diskutiert wird. CDU-Regionalrätin Elke Kreiser kritisiert, dass die Bahn keine Angaben darüber macht, wie oft diese Notfälle überhaupt eintreten. Bei 35 000 S-Bahn-Fahrgästen täglich in Ludwigsburg, ließ Kreiser durchblicken, stünden dem Verkehrsmittel auch eigene Bahnsteige zu.

Vorgaben für den Bahnverkehr erschweren den barrierefreien Ausbau auch anderswo. Sven Hantel erklärte der überraschten Runde, dass der Ausbau der Stationen Rommelshausen, Maubach, Stetten-Beinstein (S 2) und weiterer an Rems und Murr gar nicht möglich sei, weil die Strecken Stuttgart–Aalen und Stuttgart–Schwäbisch Hall zu einem europäischen Streckennetz gehörten, auf dem auch Güterzüge mit Überbreite fahren könnten. Diese ragten über den Bahnsteig. „Dort ist eine Erhöhung auf 96 Zentimeter nicht möglich“ sagte Hantel. Die große Mehrheit beschloss die Prioritätenliste dennoch mit den Rems-Murr-Bahnsteigen – in der Hoffnung, dass sich Lösungen etwa in Form von Umfahrungen finden. „Zu sagen, an diesen Stationen geht’s gar nicht, ist nicht akzeptabel“, sagte Eva Mannhardt (Grüne). „Rund um die Diakonie Stetten leben etwa 7000 Behinderte“, sagte Kreiser.

Das nächste Problem ist die Finanzierung. Das Land bezahlt bisher nur den barrierefreien Ausbau bis zum Bahnsteig, sprich: Aufzüge oder Rampen. Dieser soll 2017 abgeschlossen werden. Ein Folgeprogramm für den Weg vom Bahnsteig in den Zug gibt es aber bisher nicht. Für den Verkehrsexperten der Freien Wähler, Bernhard Maier, ist dies der Knackpunkt: „Hier ist das Land am Zug.“ Rainer Ganske (CDU) nahm auch die Bahn in die Pflicht, die jährlich Stationsgebühren von mehreren Millionen Euro kassiere und dafür funktionstüchtige Bahnhöfe liefern solle. „Damit wird unser Aufwand zurückerstattet“, konterte Sven Hantel, „Investitionen bilden sich nicht im Stationspreis ab.“ Hantel sagte auch, dass das Behindertengleichstellungsgesetz die Bahn nicht verpflichte, das Netz zu einem bestimmten Zeitpunkt barrierefrei zu gestalten.