Perouse: Einst von Waldensern gegründet. Foto: Simon Granville

Herzog Eberhard Ludwig hat vor 325 Jahren mit einem eigenhändig unterschriebenen Konzessionsbrief am 27. September 1699 die Waldenser in Württemberg per Gesetz aufgenommen. Das Gründungsjahr von Perouse.

Es ist ein schicksalhafter Tag für die Vertriebenen gewesen. Am 27. September vor 325 Jahren hat Herzog Eberhard Ludwig das Dokument unterzeichnet, mit dem die Glaubensflüchtlinge aus dem Piemont zu Württembergern wurden. In diesem Jahr wurde von den Waldensern der heutige Rutesheimer Stadtteil Perouse gegründet.

 

In 22 Artikeln wird festgehalten, was die Waldenser in der neuen Heimat zu erwarten haben und was der neue Landesherr von ihnen erwartet. Damit endeten Jahre der Verfolgung, des Kampfes und der gewaltsamen Vertreibung für die Menschen, die felsenfest an ihrem Glauben festhielten.

„Inständiges Ansuchen Ihrer Königlichen Majestät in Groß-Britannien (Wilhelm von Oranien) und Ihro hochmögenden Herrn der General-Staaten der Vereinigten Niederlanden, “, hätten ihn bewogen, nach „gepflogenem Rath und reiffer Überlegung“ den Entschluss zu fassen, eine „gewisse Anzahl besagter Waldenser in Unserem Herzogthum auf und aufzunehmen“, heißt es in dem Vorspann des herzoglichen Dokumentes.

Gleiche Rechte für alle Württemberger

Besonders die calvinistischen Vereinigten Niederlanden haben sich seinerzeit für die Waldenser stark gemacht und dafür ihren Sondergesandten Peter Valkenier nach Stuttgart geschickt. Der Herzog nennt aber auch die eigene christliche Nächstenliebe und „ das Elend dieses armen herumschweifenden und von allen nothdürfftigen Lebens-Mittel fast gänzlich entblößten“ Volkes als Motiv für die Aufnahme.

Damit hatte Eberhard Ludwig neue Untertanen, denen er zusagte, sie weder zu verkaufen, noch einzutauschen, was seinerzeit nicht auszuschließen war. Die Waldenser bekamen die gleichen Rechte wie alle anderen Württemberger, mussten aber auch einen Treue-Eid ablegen und sich den Vorgaben unterwerfen, die in der vom Herzog unterzeichnenden Urkunde in in 22 Artikeln festgehalten waren.

Glaubensfreiheit

Als erstes gewährte der Herzog den Waldensern und ihren Nachkommen die freie Ausübung ihres Glaubens. Allerdings müsse ihre Konfession „als eine von denen im Heiligen Römischen Reich als protestierende genannte Religion zu erkennen“ sein.

Vor diesem Hintergrund war es ihnen auch erlaubt eigene Pfarrer und Seelsorger zu berufen, Lektoren, Kantoren und Schulmeister zu bestellen, geistliche Versammlungen abzuhalten, ja selbst eigene Ärzte zu haben. Um diesen Gruppen einen Unterhalt zu sichern, wurde ihnen in den Orten in denen sie sich niederlassen, ein Stück Land zur Verfügung gestellt.

Doch wohin mit den neuen Untertanen? In dem vom „großen Teutschen Krieg“, wie in dem Dokument der Dreißigjährige Krieg genannt wird, zerstörten wie entvölkerten Herzogtum gab es viele Landstriche, in denen Felder und Äcker unbearbeitet waren. Diese „bäulich leeren Felder“ waren herrenlos an die kirchliche und herzogliche Verwaltung gefallen. Die Waldenser bekamen in den Ämtern Leonberg und Maulbronn Felder, Weingärten, Wiesen und Wälder, die sie in Eigenverantwortung bestellen konnten.

Rechte für die Ewigkeit

Gleichzeitig setzte der Herzog mit den neuen Untertanen auch die Hoffnung auf einen Wirtschaftsaufschwung. Er gestattete ihnen den Betrieb von Manufakturen für Seide, Leinen, Wolle und Baumwolle. Allerdings sollten sie sich von „denjenigen Sorten enthalten“ für die die „Handels-Compagnien zu Calw“ und anderen Orten bereits ihre Privilegien hatten. Auch das Privileg, Jahr- und Wochenmärkte abzuhalten, wurde den Waldensern eingeräumt.

Im 22. Artikel der Urkunde hält der Herzog noch einmal fest, dass die Waldenser „zu ewigen Zeiten jene Privilegien und Freiheiten“ genießen, die auch den „eigebornen“ Untertanen zustehen. Herzog Eberhard Ludwig betont, dass dies nicht nur während seiner Regentschaft gelte, sondern auch „für unsere Erben und Nachfolger.“

Und so hatten die Verfolgten und Vertriebenen endlich mit dem am 27. September 1699 unterschriebenen Dokument endlich eine neue Heimat.