Aufnahme aus dem Jahr 2014: Menschen in Sewastopol auf der Krim sehen sich eine Fernsehansprache des russischen Präsidenten Putin an Foto: dpa

Die Beziehung der Nato zu Russland hat eine lange Historie und liegt vor allem seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim auf Eis.

Brüssel - Der Vorschlag landete am 31. März 1954 im damaligen Nato-Hauptquartier in Paris. Darin stand der Wunsch der sowjetischen Führung, doch bitte über einen Nato-Beitritt der Sowjetunion nachzudenken. Natürlich unter einigen Bedingungen. Das Prinzip der Souveränität jedes Landes sollte bewahrt bleiben. Dazu noch die Aufforderung an die USA, sich einem gesamteuropäischen Vertrags zur kollektiven Sicherheit anzuschließen. Der Diktator Stalin war zu dem Zeitpunkt seit einem Jahr tot; trotz des Kalten Krieges versuchte der Kreml, sich etwas zu öffnen.

Kompensation für die Nato-Osterweiterung

Die Bedenken des Westens aber waren groß, die Sowjets könnten aus dem Inneren heraus das Bündnis kompromittieren. Zwei Monate später: die Ablehnung. Die Mitgliedschaft der Sowjetunion, so die Erklärung der Westmächte, sei mit dem demokratischen Charakter und den Verteidigungszielen der Nato nicht zu vereinen. Die Träume Moskaus vom Beitritt zum transatlantischen Bündnis aber blieben. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatten Russland und die Nato-Staaten angefangen, eine Partnerschaft aufzubauen – mit dem Ziel, ihr Misstrauen und die gegenseitige Bedrohung zu überwinden. 1997 mündeten die Bestrebungen in der Ratifikation der Nato-Russland-Grundakte. Es war eine Art Kompensation für die Nato-Osterweiterung und sollte Russlands Vorbehalte gegenüber den Nato-Beitritten von zehn ost- und ostmitteleuropäischen Ländern abschwächen.

Der Nato-Russland-Rat war nie ein beschlussfähiges Organ

In der Akte verzichteten beide Seiten auf die „Androhung oder Anwendung von Gewalt gegeneinander oder gegen irgendeinen anderen Staat, seine Souveränität, territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit“. Um diese Ziele umzusetzen, wurde 2002 in Rom der Nato-Russland-Rat gegründet, um vor allem in Krisenzeiten ein Forum zu haben. Zum beschlussfähigen Organ wurde der Rat allerdings nie.

Die erste Krise kam 2008 – mit dem Fünf-Tage-Krieg zwischen Russland und Georgien. Nicht zuletzt bereitete der Wunsch Georgiens, der Nato beizutreten, Moskau Sorgen. Die nationalen Interessen, so zeigte sich hier, verteidigt Russland zur Not mit nationalen Mitteln, die oft militärischer Natur sind. Der Rat wurde danach – vom Westen – ausgesetzt, zwei Jahre lang fanden keine Treffen mehr statt. Unter Russlands Präsident Dmitri Medwedew gab es 2010 eine Art Tauwetter und die Bereitschaft Russlands, auf die Nato zuzugehen. Doch vier Jahre später folgte die nächste Zäsur, als Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim annektierte. Seitdem liegen die Beziehungen auf Eis. Auch hier spielte die Hinwendung eines postsowjetischen Landes in Richtung Nato eine Rolle. In Georgien wie auch in der Ukraine sorgt der Kreml für eine kontrollierte Destabilisierung. Denn ungelöste Territorialkonflikte reichen aus, damit die Bündnismitglieder die Aufnahme aus formalen Gründen verweigern.

Moskau versteht die Nato als aggressive Institution

Nach zwei Jahren Schweigen finden wieder Treffen zwischen Vertretern der Nato und Russlands statt, enden aber stets in gegenseitigen Beschuldigungen. Moskau äußert die Sorge vor der Nato-Osterweiterung, missbilligt das Handeln der Nato in Ex-Jugoslawien, im Irak, in Libyen. Die Nato erwähnt stets Georgien, die Krim, den Nervengasangriff auf den früheren russischen Spion Skripal.

Nach innen pflegt Moskau das Narrativ, von der Nato eingekreist zu sein. Primär sehen die Russen in dem Bündnis die USA, ihre Fixierung auf die Amerikaner ist historisch bedingt. Die Nato wird als aggressive Institution verstanden, das Feindbild des Westens an die jüngere Generation weitergegeben. Die Annäherung ist der Gegnerschaft gewichen.