Fotos von Menschen aus der Ukraine, die durch die Hölle gegangen sind – zu sehen im Stadtpalais. Foto: Lg/Julian Rettig

Die Ausstellung „Seit Beginn des Krieges“ im Stadtpalais in Stuttgart thematisiert die engen Beziehungen, die seit dem 24. Februar zwischen Stuttgart und der Ukraine entstanden sind, und lädt zum Kunstverkauf für die Ukraine-Hilfe.

Seit Beginn des Krieges: Dieser Halbsatz markiert eine neue Zeitrechnung. Jeder Bericht der Menschen in und aus der Ukraine über unvorstellbares Grauen, Leid und Tod nimmt seinen Anfang mit den ersten Einschlägen russischer Raketen am 24. Februar auf ukrainischem Territorium.

 

Seit Beginn des Krieges hat aber auch die Stuttgarter Hilfsorganisation Stelp e. V. 800 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht und mehr als 1100 Menschen aus der Ukraine aus der umkämpften Frontzone evakuiert. „Seit Beginn des Krieges“ ist nun auch der Titel einer Ausstellung, mit der das Stadtpalais – Museum für Stuttgart – einen intensiven Blick auf die vielfältigen und seither entstandenen engen Verbindungen zwischen der Ukraine und Stuttgart wirft. Ein effektives Netzwerk, zu dem Julia Melnyk von „Wolja Stuttgart“ gehört, die Flüchtlinge in Empfang nimmt und ihre Geschichten von Flucht, Verlust und Ankommen aufschreibt. Und wie der Stuttgarter Fotograf Alwin Maigler, der 22 von ihnen fotografiert hat. Das erlaubt, „die Geschichten hinter den Bildern zu erzählen“, wie Ausstellungsleiter Yannick Nordwald eine der Intentionen der Ausstellung beschreibt.

Die Tochter blickt starr in die Kamera

Alwin Maigler hat auch Irina Ivanova, 40, und ihre Tochter Darya, acht Jahre alt, fotografiert. Die Mutter lächelt, die Tochter blickt starr und ernst in die Kamera. Hinter beiden liegt die Hölle. Beim Versuch, von Bucha, dem Schauplatz des Massakers, nach Kiew zu fliehen, wurde ihr 15-jähriger Sohn Ivan erschossen. Sie selbst rettete sich, ebenfalls angeschossen, mit ihrer Tochter in einen Keller. Wie durch ein Wunder erreichten die beiden dann doch irgendwann Kiew, wo sie von Serkan Eren geholt wurden. Die 24-Stunden-Gewalttouren sind sein Alltag geworden, die Stellung in der Ukraine hält sein Stellvertreter Patrick Münz.

„Mein Köper ist jetzt in Sicherheit, meine verletzte Seele ist in meiner Heimat geblieben“, hat Olga, 59 Jahre alt, zu Protokoll gegeben. Svetlana, 26, hält es nicht in Deutschland: „Ich fahre morgen zurück nach Kiew zu meinem Mann“, sagt die Russin, die mit einem Ukrainer verheiratet ist und sich für ihr Heimatland schämt.

Charity-Kunstverkauf am Sonntag

In der Mitte der Ausstellung thront ein Hahn aus Keramik wie ein Symbol der Hoffnung. Denn ein solches Stück blieb nach einem Bombardement als einziges heiles Stück in einem total zerstörten Haus, wie ein Foto beweist. Und ein anderes Foto zeigt, dass Präsident Selenskyj und sein Gast Boris Johnson beim Gang durch Kiew solche Hahnenfiguren dabeihaben. „Ich war ganz glücklich, dass ich im Internet einen fand und er rechtzeitig ankam“, so Maigler.

Eine Möglichkeit, die Hilfe für die Ukraine zu unterstützen, bietet ein Charity-Kunstverkaufs: Studierende und Lehrende der Stuttgarter Kunstakademie spenden eigene Arbeiten, die am Sonntag, 3. Juli, von 14 bis 18 Uhr im Foyer des Stadtpalais verkauft werden. Der Erlös kommt Stelp e.V. zugute.

Seit Beginn des Krieges: Die Ausstellung dauert bis 13. Juli 2022, Eintritt frei.