Der GHV-Vorsitzende Christian Dempf notiert sich, wo die Geschäftsleute nachbessern müssen. Foto: A. Kratz

Der Bezirksbeirat und das Bezirksamt haben zu einem Rundgang durch Stuttgart-Möhringen geladen. Das Ziel ist es gewesen, Stolperfallen für Menschen mit Behinderung zu identifizieren. Und davon gibt es einige.

Möhringen - Schön sieht es aus, doch für Menschen mit einer Behinderung ist es eine Stolperfalle. Die Rede ist vom Kopfsteinpflaster rund um das Bezirksrathaus an der Maierstraße. Hinzu kommt, dass es keinen richtigen Bordstein gibt, sondern eine Art Rinne, in welche das Regenwasser vom Gehweg fließt. Wer im Rollstuhl oder mit einem Rollator unterwegs ist, für den ist die Senke ein Problem. Denn die Räder ihrer Gefährte verhaken sich dort. Zudem nimmt, wer eine Sehbehinderung hat, diese Senke oft gar nicht wahr.

Die Wege rund um das Bezirksrathaus waren der erste Problempunkt, den die Teilnehmer des Rundgangs unter der Überschrift „Barrierefreies Möhringen“ ansprachen. Der Bezirksbeirat und die Bezirksvorsteherin Evelin Weis hatten dazu eingeladen. Mit dabei waren auch der Behindertenbeauftragte Walter Tattermusch, der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins (GHV), Christian Dempf, und Vertreter der Stadtverwaltung.

Roland Petri vom städtischen Tiefbauamt nahm zum Thema Kopfsteinpflaster gleich Stellung: „Das ist ein historisch gestalteter Bereich“, sagte er. Da müsse man einen Kompromiss finden. Um alles neu zu machen, fehle sowieso das Geld. „Da sind ruckzuck mehrere 10 000 Euro weg“, sagte Petri. Er plädierte dafür, eine Route durch den Ortskern festzulegen, auf der die Stadt die Situation für Menschen mit Behinderung mit vergleichsweise wenig Geld verbessert.

Der Spitalhof ist nicht barrierefrei

Der Weg führte weiter zur Filderbahnstraße. Viele der Geschäfte dort sind nicht barreirefrei zu erreichen. Hinzu kommt, dass die Kanten der Treppenstufen zu den einzelnen Läden häufig nicht markiert sind. „So etwas lässt sich mit wenig Aufwand machen und hilft sehbehinderten Menschen“, sagte Tattermusch. Dempf versprach, diesen Hinweis an die GHV-Mitglieder weiterzugeben.

Für Menschen im Rollstuhl oder mit einem Rollator ist es außerdem schwierig, wenn sich das Trottoir zu stark neigt. Das ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn Höhenunterschiede zwischen dem Bürgersteig und einer Ausfahrt ausgeglichen werden müssen. Petri erklärte, dass es diesbezüglich neue gesetzliche Vorgaben gebe. Die Stadt wende diese an, wo immer Straßenabschnitte erneuert werden – so zum Beispiel auch, wenn 2018 die Filderbahnstraße umgestaltet wird.

Der Spitalhof ist für viele ein Ärgernis. Zwar kommen die Möhringer barrierefrei in das Gebäude. Die Stadtteilbibliothek ist für Menschen mit Behinderung also noch erreichbar. Wer ein Buch aus dem oberen Stockwerk braucht, muss allerdings auf die Mitarbeiter zugehen. „Die bedienen sie dann gern“, sagte Weis. Das Heimatmuseum ist für Menschen mit Einschränkungen allerdings schier unerreichbar. Es gab bereits einen Antrag aus dem Bezirksbeirat – und eine Absage der Stadt. Einen Aufzug anzubauen, sei wegen der Statik und des Denkmalschutzes nicht möglich.

Ein spezieller Knopf am Ampeldrücker

An der stark befahrenen Kreuzung Vaihinger Straße/Filderbahnstraße stoppt die Gruppe abermals. Mit dem gelben Schalter am Ampelpfosten können die Fußgänger Grün anfordern. Doch die Ampelphase sei zu kurz, monierten die Teilnehmer des Rundgangs. Manch einer hatte es gerade mal bis zur Mitte der Fahrbahn geschafft, als die Ampel wieder Rot zeigte.

Petri erklärte, dass die Ampeln so gestaltet sind, dass die Fußgänger dennoch sicher die andere Straßenseite erreichen. In den Ampelprogrammen seien entsprechende Puffer. Das bedeutet, dass die Autofahrer nicht sofort Grün bekommen, wenn die Fußgängerampel auf Rot springt. Zudem zeigte Petri einen Knopf an der Unterseite des gelben Ampeldrückers. Der sei für Menschen mit Behinderung. Wenn er gedrückt werde, gebe es ein akustisches Signal, wenn die Fußgängerampel auf Grün schalte, und die Grünphase sei dann länger. Die mobilitätseingeschränkten Menschen, die bei dem Rundgang dabei waren, kannten diesen Knopf aber noch nicht.

Der Behindertenbeauftragte zieht ein positives Fazit

Zum Abschluss kamen die Teilnehmer im Gemeindepsychiatrischen Zentrum (GPZ) an der Leinenweberstraße zusammen. Dort zogen alle Beteiligten eine positive Bilanz. „Wenn man nicht selbst betroffen ist, fallen einem viele Stolperfallen gar nicht auf“, sagte Petri. Er rief die Anwesenden zur Mithilfe auf. „Wenn Sie eine Stolperfalle finden, machen Sie ein Foto und teilen Sie es dem Bezirksamt mit. Wir kümmern uns dann“, sagte der Mann vom Tiefbauamt.

Tattermusch ergänzte, dass Möhringen erst der dritte Stadtbezirk sei, der zu so einem Rundgang eingeladen habe. „Ich hoffe, dass viele Stadtbezirke diesem positiven Beispiel folgen.“ Der Behindertenbeauftragte dankte den städtischen Mitarbeitern, die sich Zeit genommen hatten, und den engagierten Bürgern, die ihre Sachkenntnis eingebracht hatten. „Das war eine gute Sache“, so sein Fazit.