Die Gäste genießen den Spaziergang mit Alpakas, Wein und regionalen Leckereien. Foto: /Avanti

Wein, Obstwiesen und Burgen kennt man aus dem Bottwartal. Ideal kombinieren lässt sich all das mit den Alpakas aus Oberstenfeld bei einer Wanderung.

Es ist weder groß noch sonderlich berühmt, doch das Bottwartal bietet eine ungeahnte Vielfalt und spannende Geschichte. Das ist am Samstagnachmittag bei einer Genusswanderung rund um Gronau wieder einmal deutlich geworden.

Unter dem Motto „Wein-Ver-Führung mit Alpakas“ haben sich der Großbottwarer Weinerlebnisführer Wolfgang Link und seine Frau Ingrid als Tourismusführerin mit Marcus und Daniela Deuring zusammengetan – genauer gesagt, mit deren sechs Alpakas Jeff, Bob, Felix, Mato, Ed und Shamu.

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Für jeden ist etwas dabei

Und damit haben sie für jeden der 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas geboten: für die Genießer, die sich die ausgeschenkten Weine samt der dazu angebotenen regionalen Spezialitäten ebenso schmecken ließen wie die Leckereien beim Abschlussgrillen. Für die Wissbegierigen, die viel Interessantes über Wein, über die Region samt ihrer Geschichte und natürlich über die Alpakas erfuhren. Für die Naturliebhaber, die eine Obstwiese mit alten Apfelsorten bestaunten. Und für die Tierliebhaber, die dem Charme der Andenkamele sofort erlegen sind – „das sind meistens die Frauen“, schmunzelte Ingrid Link. Doch auch einige Männer lassen es sich nicht nehmen, die Vierbeiner zumindest kurzzeitig an der Leine führen – oder sich führen zu lassen.

Denn die Alpakas sind durchaus eigenwillig, wie Marcus Deuring schon beim Sektempfang zu Beginn erklärte. „Sie mögen es nicht, angefasst zu werden, sie tolerieren es höchstens. Und was sie gar nicht mögen, ist, wenn man ihnen die Frisur verwuschelt oder sie an der Leiste oder am Hinterteil berührt.“ Gut, gerade als Frau kann man das ohne Weiteres verstehen.

Bevor die Tiere spucken, gibt es eine Warnung

Doch selbst dann verhalten sich die Tiere durchaus fair. Denn anstatt gleich eine Ladung halb verdautes und übel riechendes Grünzeug auf das Gegenüber zu spucken, warnen sie erst mit einer Art Sprühnebel. „Und dann hört ihr besser sofort auf mit dem, was ihr tut“, warnte Marcus Deuring.

Spuckattacken gab es aber während der gesamten, gut dreistündigen Tour durch die grünen Auen von Gronau – daher stammt auch der Ortsname, erklärte Ingrid Link – nicht. Nur die Anweisung, dass die Alpakas dem Menschen folgen sollten und nicht umgekehrt, klappte nicht so recht. Das war aber vorteilhaft, als es ein kurzes Stück durch den Wald auf einem Trampelpfad steil nach oben ging, vorbei an Sinterterrassen und einem Wasserbecken mit Molchen. Da erwiesen sich die Andenkamele nämlich nicht nur als trittsicher, sondern auch als zugkräftig. Und das, obwohl sie nur etwa 50 bis 80 Kilogramm wiegen. „Als Lastentiere sind sie, anders als Lamas, nicht geeignet“, erklärte Marcus Deuring. „Sie werden in Südamerika wegen ihrer Wolle und ihres Fleisches gehalten.“

Neue Rebsorten und alte Burgen

Das mit der Wolle kann man gut verstehen, so weich, leicht und warm wie die ist. Aber ansonsten griffen viele doch lieber zu den Spießen, an denen Trauben, zweierlei Käse und Basilikum ein leckeres und vor allem fleischloses Ensemble bildeten, und probierten dazu den „unkaputtbaren“ Wein aus Beilstein. „Diese Piwi-Sorten sind auf dem Vormarsch, weil man sie nicht gegen Pilze spritzen muss“, sagte Wolfgang Link.

Für die Geschichtsinteressierten servierte Gattin Ingrid ein Häppchen. Die Burg Lichtenberg, eine der besterhaltenen Stauferburgen Deutschlands, grüßte von ihrem Hügel, während die ehemalige Scheiterburg nur noch als archäologische Fundstätte bekannt ist. Mit Blick auf Beilstein erfuhren die Genusswanderer zudem einiges über den Textilfabrikanten Robert Vollmöller, der Ende des 19. Jahrhunderts unter anderem die Burg Hohenbeilstein kaufte und größtenteils wieder herstellen ließ, der sich aber durch allzu viele Grundstückskäufe in der Langhansstadt dann unbeliebt machte.

Stichwort Beliebtheit: Der tropfenweise mit Sprudel vermischte Verjus, den Wolfgang Link kredenzte, rief bestenfalls Interesse hervor. „Da ist kein Alkohol drin?“, wollte ein Mann über die aus unreifen Trauben erzeugte Essig-Alternative der Sterneküche wissen. „Dann kann ich’s nicht trinken.“

Alpakas und ihre Besonderheiten

Herkunft
Ursprünglich stammen die Tiere aus Südamerika, genauer gesagt, aus den Anden. Obwohl sie nicht so aussehen, sind sie mit den Kamelen verwandt, daher auch der Name Andenkamel. Gezüchtet werden sie hauptsächlich wegen ihrer feinen Wolle, die sehr wertvoll ist. Ein Kilo unverarbeiteter Wolle kostet rund 75 Euro. Das liegt auch daran, dass man die Alpakas nur einmal im Jahr scheren kann.

Wolle
Die Haare der Alpakas bestehen anders als die von Schafen aus Keratin. Die Wolle der Bottwartal-Alpakas aus Oberstenfeld wird im Osten Deutschlands gesponnen und kommt von dort wieder zurück ins Bottwartal, getrennt nach den einzelnen Tieren. Wer möchte, kann sich also einen exklusiven Ed-Pullover in Cremeweiß oder Felix-Handschuhe in Braun stricken. Die weniger weichen Haare werden ebenfalls im Osten Deutschlands zu Seife in verschiedenen Duftnoten verarbeitet.