Ein von der Bremer Lürssen-Werft gebautes Küstenschutzboot für Saudi-Arabien wird auf ein Transportschiff verladen. Foto: dpa

In der großen Koalition wächst der Wunsch, bereits genehmigte Waffenlieferungen an Riad einzufrieren – selbst wenn dann Schadenersatz zu zahlen ist. Die Grünen verweisen jedoch auf einen Vertragsbruch mit deutschen Patrouillenbooten vor der Küste des Jemen.

Stuttgart - Nachdem Kanzlerin Angela Merkel unter dem öffentlichen Druck die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien in Frage gestellt hat, wird darüber gestritten, was überhaupt noch geliefert werden darf. Der Koalitionsvertrag und die Exportrichtlinien untersagen eigentlich die generelle Lieferung wegen der saudischen Beteiligung am Jemenkrieg. Dennoch mag sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weiterhin nicht darauf festlegen. „Nur, wenn alle europäischen Länder sich einig sind, dann macht dies Eindruck auf die Regierung in Riad“, betont er. Sein Ministerium will zumindest Ausnahmen speziell in zwei vorgenehmigten Geschäften zulassen, um sie bis zum Ende abzuwickeln.

Konkret hat die Regierung im ersten Quartal noch die Ausfuhr von acht weiteren Patrouillenbooten genehmigt – sie sind Teil eines größeren Auftrags von insgesamt 33 Booten. Einige sind schon ausgeliefert. Für 16 muss die Genehmigung noch erteilt werden. Es gehe um schwach bewaffnete und ungepanzerte Boote, mit denen sich Häfen vor Schmugglern oder Terroristen schützen lassen, so die CDU-Version. Damit ließe sich kein Druck auf die eigene Bevölkerung oder Nachbarstaaten ausüben.

Grenzschutzboote für die Jemen-Seeblockade?

Derzeit werden auf der Lürssen-Werft im vorpommerschen Wolgast drei vom saudischen Grenzschutz georderte Kriegsschiffe fertiggestellt: zwei 40 Meter lange Patrouillenboote und ein Schiff von 60 Metern Länge vom Typ CPV60. Wären sie vom Auslieferungsstopp tangiert, würde Riad wahrscheinlich Schadenersatzforderungen erheben. Dennoch macht der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), Druck, genehmigte Rüstungsexporte einzufrieren. Ähnlich Nils Schmid: „Man muss dann gegebenenfalls Schadensersatz leisten“, sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. „Aber ich finde, als Teil eines Gesamtpakets gehört es dazu.“

Der Grüne Omid Nouripour bringt eine weitere Variante ins Spiel: Bereits gelieferte Patrouillenboote würden sich an der Seeblockade gegen den Jemen beteiligen und damit zum Hunger im Bürgerkriegsland beitragen, tadelt er. Um diese Absicht zu verdecken, würden sie an der Straße von Aden jedoch ihre Sendegeräte abschalten. „Es spricht alles dafür, dass die Saudis eigene Zusagen zum Endverbleib nicht einhalten“, betonte Nouripour im Deutschlandfunk. „Da reden wir nicht über Regress, sondern über Vertragsbruch von der anderen Seite.“

Internationale Verträge verhindern Ausstieg

Noch problematischer wird ein einseitiger genereller Exportstopp bei Verträgen mit europäischen Partnern. Dies betrifft vor allem das Artillerieortungssystem Cobra. Mit dem in deutsch-französisch-britischer Kooperation gefertigten mobilen Radarsystem lassen sich zugleich 40 gegnerische Artilleriefeuerstellungen in bis zu 40 Kilometern Entfernung aufklären. Gut die Hälfte des Baumaterials kommt aus Deutschland. Offen ist, ob dies dazu berechtigt, die Ausfuhr zu blockieren. Beim Gemeinschaftsbau des Eurofighter – von dem Großbritannien nun 48 weitere Maschinen an Riad liefert – hatte man sich 1986 dazu verpflichtet, „dass keine der Partnernationen den Verkauf oder dessen Genehmigung von Produkten oder Systemen des Programms an Dritte unterbindet“, so die Bundesregierung.