Der Russische Außenminister Sergej Lawrow verkündet den Austritt aus dem KSE-Vertrag. Foto: EPA

Russland verkündet den Ausstieg aus dem Waffenkontrollabkommen mit der Nato. Seit 1992 regelt der KSE-Vertrag die Begrenzung von Waffen zwischen der Nato und Russland.

Brüssel/Berlin - Die Stimmung zwischen Russland und dem Westen ist auf dem Tiefpunkt. Nun hat Russland mit sofortiger Wirkung seinen endgültigen Ausstieg aus dem gemeinsamen Vertrag zur Begrenzung konventioneller Streitkräfte in Europa bekannt gegeben – mitten im Ukraine-Konflikt. Das Abkommen regelt seit 1992 die Obergrenze für Waffenbestände auf beiden Seiten und sicherte so das militärische Gleichgewicht zwischen Russland und dem Westen.

Russland setzte die Anwendung des Vertrags bereits 2007 mit der Begründung aus, das geltende Abkommen würde den Sicherheitsinteressen des Landes nicht mehr entsprechen. An Beratungen und Verhandlungsrunden zu einer Neukonzipierung des Abkommens nahmen russische Vertreter aber bis zuletzt weiter teil.

Abgeschlossen wurde der Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) 1990 zwischen der Nato und den Mitgliedsstaaten des ehemaligen Warschauer Pakts. Das Abkommen begrenzte vor allem die Anzahl schwerer, nicht-atomarer Waffen auf beiden Seiten, also beispielsweise von Panzern, Artilleriewaffen oder Kampfflugzeugen. Zudem regelte es eine erweiterte Zusammenarbeit und mehr Transparenz zwischen den Streitkräften der Länder. Nach dem Kalten Krieg trug der KSE-Vertrag so dazu bei, das Wettrüsten in Europa zu beenden, das gegenseitige Vertrauen zu stärken und militärische Überraschungsangriffe zu verhindern.

Der Ausstieg hänge nicht mit den politischen Spannungen zwischen Russland und dem Westen in der Ukraine-Krise zusammen, sagte Michail Uljanow, Direktor für Rüstungskontrolle im russischen Außenministerium, am Mittwoch. Russland sei „grundsätzlich“ davon überzeugt, dass „die Kontrolle über Waffen in Europa nützlich sein kann“ und wolle nicht der „Totengräber“ dieses Systems zur Rüstungskontrolle sein. Allerdings gebe es keine Pläne für entsprechende Konsultationen. Auch bei den Nato-Mitgliedern sei keine Bereitschaft zu Gesprächen über ein neues Abkommen zu erkennen, sagte Uljanow. Im Ukraine-Konflikt hat der Westen Russland mit Sanktionen belegt, die Nato hat ihre Militärpräsenz in Osteuropa verstärkt.

Der Westen wirft Moskau vor, mit der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim das Völkerrecht gebrochen zu haben. Russland bestreitet dies. Vorgehalten wird Moskau auch, die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine in ihrem Kampf gegen Regierungstruppen zu unterstützen. Die Nato befürchtet, dass die Separatisten in der Ostukraine ihre schweren Waffen nur zur Vorbereitung einer neuen Offensive zurückziehen könnten.

3000 US-Soldaten sollen ins Baltikum

Moskau wiederum hat der Nato zuletzt eine Aufrüstung an den russischen Grenzen vorgeworfen. Die USA plant, 3000 Soldaten zu Manövern ins Baltikum zu verlegen. Zudem hält die Nato derzeit ein Manöver auf dem Schwarzen Meer ab. Zur Vertrauensbildung trage dieses Verhalten nicht bei, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte Russlands Austritt aus dem KSE-Vertrag. „Wir sind enttäuscht, weil wir überzeugt sind, dass es wichtig ist, über die Kontrolle und Reduzierung von Waffen zu reden“, sagte er bei einem Besuch des militärischen Hauptquartiers der Allianz in Mons in Belgien. „Wir sollten aufpassen, dass wir nicht ohne gesicherte Informationen unsere Politik gegenüber Moskau verschärfen“, sagte ein hochrangiger Nato-Diplomat im politischen Hauptquartier in Brüssel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bleibt den Feiern zum 70. Jahrestag des Weltkriegsendes am 9. Mai in Moskau wegen der Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt fern. „Mit Blick auf das russische Vorgehen auf der Krim und in der Ostukraine erscheint die Teilnahme an einer Militärparade als nicht angemessen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Merkel wird aber einen Tag später mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Grabmal des unbekannten Soldaten in Moskau einen Kranz niederlegen.