Baden-Württemberg verdient mit am meisten in Deutschland an Rüstungsexporten. Die Linke kritisiert nun, dass das Land sich durch diesen Wirtschaftszweig indirekt an Kriegen wie im Jemen beteilige, denen insbesondere Zivilisten zum Opfer fallen.
Stuttgart - In Baden-Württemberg ansässige Rüstungskonzerne erhielten im vergangenen Jahr die Erlaubnis für den Export von Kriegswaffen und anderen Rüstungsgütern im Wert von insgesamt rund 1,271 Milliarden Euro. Das geht aus einer Aufstellung des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Höher waren demnach nur die für Unternehmen in Bayern erteilten Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 1,893 Milliarden Euro. Weit dahinter folgt Nordrhein-Westfalen mit erlaubten Exporten in Höhe von rund 360 Millionen Euro. (Rheinland-Pfalz auf Platz 9 mit fast 54 Millionen, Sachsen Platz 10 mit knapp 39 Millionen) Deutschlandweit ergingen Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern im Wert von 4,824 Milliarden Euro.
Zu sonstigen Rüstungsgütern zählt auch Funktechnik
Unterschieden wird in den von der Linksfraktion im Bundestag erfragten Zahlen in Kriegswaffen und andere Rüstungsgüter. Als Kriegswaffen gelten etwa Panzer, Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge oder vollautomatische Gewehre. Unter sonstige Rüstungsgüter fallen zum Beispiel Pistolen und Revolver, Radar- und Funktechnik oder für den militärischen Einsatz bestimmte Sprengstoffe.
In Baden-Württemberg ansässige Unternehmen erhielten 2018 die Erlaubnis für den Export von Kriegswaffen im Wert von rund 142 Millionen Euro, das entspricht gut einem Fünftel aller Genehmigungen in dieser Kategorie. Hinzu kommen für Baden-Württemberg genehmigte Ausfuhren anderer Rüstungsgüter in Höhe von 1,128 Milliarden Euro, das macht gut 27 Prozent der Gesamtsumme in diesem Bereich aus.
82 Millionen an Nato-Länder
Eine vertrauliche Liste, die als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft ist, gibt zudem Aufschluss darüber, in welchem Wert tatsächlich im vergangenen Jahr Kriegswaffen exportiert wurden. Für Baden-Württemberg sind dort Ausfuhren im Wert von knapp 67 Millionen Euro an EU-Länder sowie in Höhe von fast 82 Millionen Euro an Nato-Staaten aufgeführt, wobei hier Lieferungen doppelt auftauchen können, da beispielsweise Großbritannien als Empfänger sowohl EU- als auch Nato-Partner ist. Hinzu kommen Kriegswaffenlieferungen an Nato-gleichgestellte Länder im Wert von sechs Millionen Euro sowie an weitere Staaten im Wert von sieben Millionen Euro.
Koalitionsvertrag: Keine neuen Rüstungsgüter an Beteiligte des Jemen-Krieges
Die Bundesregierung steht wegen ihrer Rüstungsexportpolitik immer wieder in der Kritik, besonders wenn es um Lieferungen in Krisen- und Konfliktgebiete geht. Für Saudi-Arabien gilt derzeit ein Rüstungsexportstopp. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag zudem vereinbart, keine neuen Rüstungslieferungen in die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg beteiligten Länder mehr zu genehmigen. Dazu zählen auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die ebenso wie Saudi-Arabien die jemenitischen Regierungstruppen mit Soldaten und Luftangriffen in ihrem Kampf gegen die vom Iran geförderten Huthi-Rebellen unterstützen.
Kritik von den Linken
Aus der Auflistung des Wirtschaftsministeriums geht für Baden-Württemberg jedoch hervor, dass 2018 nur für Großbritannien mehr Kriegswaffenexporte erlaubt wurden als für die Vereinigten Arabischen Emirate, und zwar im Wert von 22 Millionen Euro. „Auch die baden-württembergische Rüstungsindustrie verdient kräftig am blutigen Jemen-Krieg mit, dank der skandalösen Genehmigungspraxis der Bundesregierung“, sagte die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel unserer Zeitung. „Es wird Zeit, dass dieses Geschäft mit dem Tod endlich beendet wird.“